Es gibt einfache Künste. Es gibt schwere Künste. Zu den allerschwersten Künsten aber gehört die, Geheimnisse zu bewahren. Um diese Kunst geht es auch im vierten der insgesamt fünf aktuellen digitalen Sonderangebote dieses Newsletters, die wie immer eine Woche lang zum Sonderpreis im E-Book-Shop www.edition-digital.de (Freitag, 05.05.23 – Freitag, 12. 05. 23) zu haben sind. In „Der Khan mit den Eselsohren“ erzählt Kurt David, der oft über Polen und über die Mongolei geschrieben hat, von einem jungen Mann, der bei der Androhung des Todes ein großes Geheimnis bewahren soll und es dann aber doch nicht kann, weil er darüber ganz krank wird, sowie von seiner klugen Mutter, die ihm einen gewitzten Vorschlag macht, das Geheimnis zu verraten und doch wieder nicht zu verraten – jedenfalls keinem Menschen.

Auch die anderen folgenden drei Sonderangebote stammen von Kurt David und spielen zumeist in der Mongolei. So handelt „Goldwurm und Amurtiger“ von einem Mann, der Gold riechen kann, und von seinem Sohn, der Geschäfte ohne Arbeit liebt, und von einem Tier, das es eigentlich gar nicht dort geben sollte, wo es auf einmal auftaucht.

In „Die goldene Maske“ lernen wir eine junge Frau kennen, die zum einen offenbar gänzlich ohne Furcht ist und die zum anderen noch eine weitere wunderbare Eigenschaft hat: Sie rang jeder Traurigkeit und jedem Leid noch ein Zipfelchen von Spaß ab. Davon hatten auch andere Freude, und darum war Tuja, so der Name der jungen Frau, so beliebt.

Das weiße Pony“ präsentiert Märchen und Geschichten von nah und fern: Sechs Märchen und Geschichten aus der Mongolei, fünf Geschichten aus der Nachbarschaft und ein Theaterstück über die Nöte eines Zwölfjährigen, geschrieben für Kinder ab neun Jahren, ihre Eltern und Großeltern.

Und damit sind wir wieder beim aktuellen Beitrag der Rubrik Fridays for Future angelangt. Jede Woche wird an dieser Stelle jeweils ein Buch vorgestellt, das im weitesten Sinne mit den Themen Klima, Umwelt und Frieden zu tun hat – also mit den ganz großen Themen der Erde und dieser Zeit. Wieder einmal geht es – in diese Newsletter-Woche fallen übrigens auch der Tag der Befreiung am 8. Mai und der Tag des Sieges am 9. Mai – um die Zeit des Zweiten Weltkrieges und darum, was diese bewusst herbeigeführte Katastrophe mit der Menschheit und mit den einzelnen Menschen gemacht hat. Wieviel Angst, Leid und Tod mussten sie erleben und überleben, und wieviel Menschlichkeit kann in und nach einem Krieg eigentlich noch übrigbleiben? Nie wieder Krieg! Dieser Gedanke der Friedensbewegung war und ist richtig und wichtig.

Erstmals 1980 erschien im damaligen VEB Hinstorff Verlag Rostock „Der Brunnen – Roman einer Kindheit“ von Erich-Günther Sasse: Als Jean, der Franzose, zurück nach Nizza gegangen ist, am Ende des großen Krieges, sind keine Männer mehr auf dem Hof, dort in Wallkau, jenem Dorf auf dem platten Lande zwischen großem Fluss und eiszeitlichem Hügelland. Die Erde ist fruchtbar, und nicht zählbare Generationen haben sich das Brot von ihr geholt. Nun müssen drei Frauen alles allein machen. Der Bauer ist tot, und auch von zwei Söhnen sind nur die Namen geblieben für den Enkel: Karl-Ludwig. Lange wird es dauern, bis die alte Grafe versteht, dass eine Zeit, gemessen nach Jahrhunderten, unwiderruflich zu Ende ist. Erst sträubt sie sich und kämpft, und ihr Stolz will nicht brechen und ihre Hoffnung nicht vergehen auf die Beständigkeit des Vergangenen: Karl-Ludwig soll der Erbe sein und alles so werden, wie es vielleicht nie war. Selten nur kann die alte Grafe den Rücken gerade machen und über die weiten Felder sehen bis zum Horizont. Und Erna, die Tochter, wird das Land ihrer Sehnsucht nicht erreichen. Und Frieda, Schwester und Magd, wird das Glück der eigenen Familie auch auf ihre alten Tage nicht mehr verspüren. Dreimal wird gefeiert: Karl-Ludwigs Taufe, da ist sogar sein Vater noch am Leben, die Hochzeit Franzens, der ein Versager ist, und später, schon nicht mehr ein dörfliches Fest, die bescheidene Hochzeit Karl-Ludwigs. Der kann nicht der Erbe sein und ist es doch. Das weiß die alte Grafe, als sie stirbt.

Erich-Günther Sasse schlägt mit diesem Buch, angefüllt mit Lebensläufen und Schicksalen, Träumen und Tatsachen, Komischem und Ernstem, unbekannte Seiten einer Chronik auf, in der Weltveränderndes vermerkt ist. Nicht aber bekannte geschichtliche Tatsachen sind sein Thema, sondern vielmehr die schlichte und wahrhaftige Schilderung von deren Wirkung auf Veränderte und Betroffene, von denen er wohl selbst einer ist.

Der erstmals 1980 im Hinstorff Verlag erschienene Roman wurde von der Stasi stark kritisiert. So schrieb ein „IM-Experte“ in seinem vernichtenden Gutachten unter anderem, dass dieses Buch „in seinem wesentlichen Inhalt nach offenkundig von einer feindlichen Position aus verfaßt und geeignet“ sei, „antikommunistische Haltungen auszulösen bzw. zu verstärken. Seine Förderung und Herausgabe ist objektiv unverantwortlich im Sinne sozialistischer Kulturpolitik und ihrer Prinzipien“. Der Schriftsteller und Dozent am Leipziger Literaturinstitut „Johannes R- Becher“ Joachim Nowotny lobte es dagegen geradezu überschwänglich und empfahl es seinen Literaturinstitut-Hörern dringend zur Lektüre. Das kritische Buch erlebte in der DDR drei Auflagen. Dem E-Book wurde der Auszug aus der erwähnten Stasiakte und eine Rezension von Joachim Nowotny in „Sinn und Form“ der Akademie der Künste der DDR angefügt. Möge der mündige Leser sich ein eigenes Urteil bilden und entscheiden, wer recht hatte. Aber erst lesen, erst selber lesen bitte.

Das mongolische Märchen „Der Khan mit den Eselsohren“ von Kurt David erschien erstmals 1981 in Der Kinderbuchverlag Berlin.

Jeden Tag rief der Khan, den noch niemand gesehen hatte, einen anderen Dorfbewohner zu sich, um sich die Haare kämmen zu lassen. Und keiner kam zurück. Eines Tages fiel die Wahl auf den einzigen Sohn einer alten Mutter. Diese Frau war sehr klug und gab ihrem Sohn besonders schmackhafte Reiskugeln mit, die er während des Kämmens essen sollte. Und tatsächlich kam er wohlbehalten nach Hause. Aber es fiel ihm immer schwerer, das Geheimnis des Khans zu bewahren, bis er es nicht mehr aushielt und krank wurde:

Er guckte ihm in die Augen und in den Mund, er beklopfte Brust und Bauch und Rücken, packte ihn am Hals, als wollte er die unbekannte Krankheit erwürgen. Nichts. Die letzte Möglichkeit, eine Ursache für das Verhalten des Jünglings zu finden, sah er in einem Schafsknochen. Den warf er ins lodernde Feuer und ließ ihn nicht mehr aus den Augen. Der Knochen knackte in den Flammen und bekam Risse, worauf ihn der Mann wieder aus dem Feuer nahm und die Risse studierte. Dann verkündete er mit mächtiger Stimme: „Da hilft keine Brühe vom doppelt gesäugten Lamm und kein Kraut der Steppe. Euer Sohn hat eine kranke Seele und leidet am Gemüt!“

„Und warum?“, fragte die Mutter besorgt.

„Weil er in seinem tiefsten Innern ein Geheimnis trägt, das ihn schmerzt, quält – und hier machte er eine Pause und blickte nun auch auf den Jüngling, – töten wird, wenn er es nicht bald ausspricht!“

Der Jüngling bestritt natürlich, ein Geheimnis zu hüten, aber als der Mann gegangen war, gestand er der Mutter: „Es ist schon wahr, mich quält ein Geheimnis, aber ich habe keine Wahl: Verrate ich es, tötet mich der Khan.“

Die Mutter lächelte und war klug genug, um ihn ein zweites Mal retten zu können. „Nichts leichter als das“, sagte sie zu ihrem Sohn, „besteig dein Pferd, reite hinüber in die Berge, dorthin, wo kein Mensch wohnt, geht oder jagt. Dort sprichst du das Geheimnis in die Schlucht der Felsen oder in das Vogelloch eines Baumes oder in den Spiegel eines der reinen Bergseen. Von Stund an wirst du gesund werden!“

Der Jüngling ritt sofort los, ritt einen Tag und eine Nacht und sicherheitshalber noch ein paar Tage und Nächte und gelangte in der Einöde, die bisher kein Mensch betreten hatte, zu einem Felsengebirge.

Eine Schlucht tat sich vor ihm auf, die so groß war, dass hundert und mehr Schafe darin Platz gefunden hätten. Lediglich der Sturm machte ihm arg zu schaffen, als er in die Schlucht hineinritt und sein Pferd scheute, vorn hochsprang, so dass er Mühe hatte, oben im Sattel zu bleiben.

Schnell schrie er in den Donner, so laut er es nur vermochte: „Der Khan hat Eselsohren!“ Und schon als das Echo aus der Felsschlucht zurückscholl und dann vom Sturm gepackt wurde, fühlte der Jüngling bereits Besserung seines Leidens.

Wieder glücklich, ritt er über Tage und Nächte, immer gesünder werdend, nach Hause zu seiner Mutter.

Dort wartete jedoch ein Bote des Khans auf ihn, der ihn wortlos mitnahm zu seinem Herrscher.

Erstmals 1982 erschien in Der Kinderbuchverlag Berlin „Goldwurm und Amurtiger“ von Kurt David.

Vor langer Zeit wohnte in den Bergen des Altaigebirges ein Mann mit seinem Sohn, der keiner nützlichen Arbeit nachging. Die Leute nannten ihn Goldwurm, weil er sich auf ihre Kosten sein Leben vergoldete. Als beide sahen, dass sich die Dorfbewohner mit Holz für den kalten Winter eindeckten, begannen Sie, die wenigen, kärglichen Bäume des Gebirges zu fällen. Sie wollten sie im Winter den frierenden Menschen teuer verkaufen. Doch da begegnete Ihnen ein Amurtiger:

„Mir auch“, antwortete Goldwurm, „aber wenn sich nichts Besseres bietet, dann …“, mitten im Satz verstummte er, weil er plötzlich einen mächtigen Amurtiger die dunkle Schlucht herabkommen sah. Goldwurm, klein von Gestalt und dürr, riss die kurzen Arme hoch, sprang blitzschnell in einen engen Felsspalt hinein, hoffte so, der Tiger könne ihm nicht folgen. Das Tier jedoch lief an Goldwurms Sohn vorbei, als gäbe es den nicht, und trabte gemächlich zum Rand des Spalts, wo es sich duckte und die rechte Vorderpfote hinabsteckte, um mit der Tatze die magere Brust von Goldwurm zu berühren. „Er wird mich töten, Sohn, hörst du, töten wird er mich! Nimm die Axt und erschlag die Bestie!“

Gehorsam packte der Sohn die schwere Axt und holte gewaltig zum Schlage aus.

Wie Goldwurm aber sah, dass sich der Amurtiger zunächst damit begnügte, an ihm herumzuschnüffeln, und auch den Druck mit der Tatze auf seine Brust nicht verstärkte, rief er zu seinem Sohn hinauf: „Ich habe es mir eben überlegt: Mit der Axt zerhackst du das kostbare Fell. Verkaufst du das aber als Ganzes in der Stadt, zahlen sie dir einen hohen Preis dafür.“

„Mehr als für das Holz?“

„Ebenso viel.“

Sofort warf der Sohn die Axt weg und holte einen dicken Knüppel, der einer Keule glich.

Gehorsam hob der Sohn den Knüppel hoch und holte gewaltig zum Schlage aus.

Erstmals 1966 erschien im Verlag Neues Leben Berlin als Heft 254 der Reihe „Das Neue Abenteuer“ „Die goldene Maske“ von Kurt David.

Tuja, Tochter eines mongolischen Hirten, muss drei Tage in der Woche dem Fürsten dienen. Der Fürst hat ihrem Vater vier von sechs Schafen weggenommen. Alles als Strafe dafür, dass der Wolf zwei Schafe aus der Herde des Fürsten gerissen und Tujas Vater das nicht verhindern konnte. Tuja hört viel am Fürstenhof. Der Lama Bajar berichtet ihr von den Weißen, die nach der Revolution in Russland in ihr Land gekommen sind, um auch hier die Roten zu bekämpfen. Es brodelt im Land und am Hof des Fürsten:

Als die Morgengräue aufzog, wurde die Tür aufgerissen, und eine Männerstimme schrie: „Naran“, damit war die Alte gemeint, „sind alle deine Leute in der Jurte?“

„Wo sollen sie denn sonst sein?“

„Wir dachten nur …“

„Was dachtet ihr?“ Aber der Mann, ein Soldat der Fürstenwache, war schon eilig davongegangen und hatte die Tür offen gelassen.

„Vielleicht ist die Palastjurte doch zerschmettert worden?“, sagte Tuja, und sie lächelte selbst über diesen Gedanken.

„Still“, zischte die Alte, „solche Reden und deine Gebete kannst du plappern, wenn dir der Sturm die Worte gleich wieder am Munde zerschlägt, aber nicht, wenn es still ist und die Luft Ohren hat.“

Sie schauten durch die offene Tür in den großen, weiten Hof. Soldaten des Fürsten rannten wie aufgescheucht darüber hinweg, liefen zu den Pferden, sprangen in die Sättel, knallten mit den Peitschen, schwangen Säbel und ritten, sich in die Mähnen werfend, aus dem Hof.

Die alte Naran schlich nach draußen. Sie lief zu diesem und jenem Grüppchen von Männern, das beieinander stand und redete, und blieb immer so lange, bis sie fortgestoßen wurde.

Der Fürst betrat den Platz, begleitet von zweien seiner Söhne. Er blieb stehen, wartete, auch die Söhne warteten. Der Fürst blickte in die Sonne und hielt eine Peitsche auf dem Rücken versteckt.

Vom Tor her kam einer der Uniformierten. Es war der Oberste der Wache. Er lief genau zu jener Stelle, wo der Fürst stand und in die Sonne blickte. Auch als der Mann dem Fürsten etwas sagte, blickte der Fürst weiter in die Sonne. Aber dann hörte der Soldat auf zu reden, und da schlug der Fürst zu, mit der Peitsche, quer über das Gesicht. Als der Wächter aller fürstlichen Wächter in den Staub des Platzes stürzte und sich nicht mehr bewegte, drehte sich der Fürst um und ging mit seinen zwei Söhnen zurück.

Inzwischen war die alte Naran auch wieder bei der Jurte angelangt. Erst als sie gebückt durch die Tür geschlüpft war, flüsterte sie: „Draußen vor dem Tor liegen die zwei Wächter, grau und kalt wie die Steine.“

Tuja sprang erregt auf. „Sie sind wirklich tot?“

„Tot wie der Diener, der still neben seiner Jurte liegt“, antwortete Naran.

„Der Diener? Der mit den gelben Zähnen?“

„Ja, jener, der dich und deinen Vater zum Fürsten geführt hat!“

Und Tuja, die nicht die Götter fürchtete und nicht die bösen Geister, faltete die Hände vor der Brust und sagte: „Om mani padme hum, ich danke dir, dass du mein nächtliches Gebet erhört und dem Sturm eine solche Kraft verliehen hast …“

„Ha, der Sturm war es nicht. Tuja!“, unterbrach die Alte und lächelte, als wäre es sie selber gewesen.

„Nicht der Sturm?“, fragte ein anderes Mädchen verwundert.

Erstmals 1989 erschien in Der Kinderbuchverlag Berlin „Das weiße Pony“ von Kurt David mit Märchen und Geschichten aus der Mongolei (Die Schwalbe und die Wespe, Das weiße Pony, Der Khan mit den Eselsohren, Gambu, der Pferdefänger, Wie Ultschimund seine drei Schafe dreimal verkaufte, Der Jäger und sein Adler), Geschichten aus der Nachbarschaft (Meine Nachbarn, Mildernde Umstände, Regenwalther, Der Mann am Fenster, Eine merkwürdige Bescherung) und dem Theaterstück „Kleiner Mann, was tun?“.

Der Auszug aus „Wie Ultschimund seine drei Schafe dreimal verkaufte“ gibt einen Vorgeschmack auf das Kinderbuch.

„Also“, wiederholte ich, „dein Ultschimund hatte eine Frau, vierzehn Kinder, ein Kamel und eine armselige Filzjurte. War es so?“

„Du hast die drei Schafe vergessen!“

Ach ja, die drei Schafe. Wer hungrig, durstig und müde ist, wie ich es war, denkt eher an drei tote Hammel als an die Schafe solch einer Geschichte.

„Diese drei Schafe sind aber sehr wichtig“, ermahnte mich Damba. „Ultschimund hat nämlich diese drei Schafe dreimal an drei verschiedene Händler verkauft.“

„Dann war dein Ultschimund ja ein Betrüger?“

„Gerade das war er nicht“, erwiderte Damba und bat mich, den Vorgang erst zu beurteilen, wenn ich ihn bis zu Ende gehört hatte. Und so erzählte er, Ultschimund hätte seinerzeit die Filzjurte an der Karawanenstraße aufgestellt, neben einer Karawanserei, in der Kaufleute, Händler und andere Reisende tranken, aßen und schliefen, bevor sie am Morgen zu den Bergen aufbrachen und die Pässe überquerten, um nach Norden zu gelangen. Einmal in der Frühe nun wäre ein Händler erschienen und wünschte, Ultschimunds drei Schafe zu kaufen. Mittags kam der zweite mit dem gleichen Ansinnen, abends der dritte. Jeder zahlte sofort, aber nur soviel für drei Schafe, wie eins allein wert gewesen wäre, und jeder versicherte, in vier Tagen bei der Rückkehr wieder vorbeizukommen und dann die drei Schafe mitzunehmen.

Ultschimund hingegen vermochte in der ersten Nacht nicht gut zu schlafen. Zwar war er überzeugt, richtig gehandelt zu haben, aber wie sollte er mit den Händlern fertig werden, wenn sie nach vier Tagen zurückkamen, die Schafe forderten? Da hätte er neun besitzen müssen. Seine Angst trieb ihn anderntags zum Besitzer der Karawanserei. Der war nicht nur reich, sondern auch für seine Schlauheit bekannt. Ihm vertraute er an, seine drei Schafe lediglich deshalb dreimal verkauft zu haben, um ihren tatsächlichen Wert bezahlt zu bekommen. „Ist das etwa Betrug?“, fragte er den Mann.

„Kein Betrug“, lautete die Antwort.

„Und was mach ich, wenn sie zurückkehren, mich verklagen, bei Euch, der Ihr gleichzeitig der Richter dieser Gegend seid?“

Der Richter blies sich gewaltig auf, stemmte die Hände in die Hüften. Groß und dick stand der reiche, schlaue Mann in seinem langen, gelben Seidengewand vor dem armen Ultschimund. „Ich muss nachdenken, um herauszufinden, wie ich dir helfen kann.“

Heute schließen wir mal mit einem weiten Ausblick. Denn der Schreiber dieser Newsletter war in der zurückliegenden Woche nicht hier, sondern in Sachsen unterwegs – geografisch genauer formuliert in der Messemetropole Leipzig, die zum Glück für ein paar Tage auch wieder eine Buchmessestadt war, die mit am Ende 274.000 begeisterten Besucherinnen und Besuchern mehr als doppelt so viele Bücherfreundinnen und Bücherfreunde anzog, als die Messeverantwortlichen strategisch vorsichtig vorhergesagt hatten – da war von nur rund 130.000 Besucherinnen und Besuchern die Rede gewesen. Umso schöner, dass es so viele waren und dass die allermeisten von ihnen das gute Gefühl teilten, endlich mal wieder über die Messe schlendern, nein dazu waren es meistens doch zu viele Leute, also sich eher über die Messe schieben lassen zu können, Bücher ansehen, in die Hand nehmen sowie mit Ausstellern und lebenden Autoren ins Gespräch kommen zu können. Leipzig lebt. Und Leipzig war ohne jede Einschränkung wieder (s)eine Messe wert.

Und für alle diejenigen Newsletter-Abonnenten, die jetzt Lust auf Leipzig 2024 bekommen haben, sei an dieser Stelle schon mal der Termin der nächsten Buchmesse festgehalten. Sie findet, so wahr es dem Gott der Literatur und des Lesens, der Bildung und Unterhaltung gefällt, vom 21. bis 24. März 2024 statt – also traditionell wieder etwas eher als in diesem Jahr.

Bleibt jetzt nur noch, viel Vorfreude zu wünschen und natürlich auch viel Vergnügen beim Lesen, und bleiben auch Sie weiter vor allem schön gesund und munter und bis demnächst.

Und bis zu einem der nächsten Newsletter aus dem Hause EDITION digital wollen wir mal ausrechnen, wie lange man denn mit einem 49-Euro-Ticket zum Beispiel vom Schwerin Hauptbahnhof bis zum S-Bahnhof Leipzig braucht. Eine solche Reise dauert bestimmt länger als mit einer schnelleren Eisenbahn, aber dafür hat man viel Zeit zum Lesen. Und manches Buch liest man dann vielleicht sogar in einem Zuge durch.

Über die EDITION digital Pekrul & Sohn GbR

EDITION digital war vor 28 Jahren ursprünglich als Verlag für elektronische Publikationen gegründet worden. Inzwischen gibt der Verlag Krimis, historische Romane, Fantasy, Zeitzeugenberichte und Sachbücher (NVA-, DDR-Geschichte) sowie Kinderbücher gedruckt und als E-Book heraus. Ein weiterer Schwerpunkt sind Grafiken und Beschreibungen von historischen Handwerks- und Berufszeichen sowie Belletristik und Sachbücher über Mecklenburg-Vorpommern. Bücher ehemaliger DDR-Autoren werden als E-Book neu aufgelegt. Insgesamt umfasst das Verlagsangebot, das unter www.edition-digital.de nachzulesen ist, mehr als 1.300 Titel. E-Books sind barrierefrei und Bücher werden klimaneutral gedruckt.

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