Zahlreiche Investoren können von der Crowdfunding-Plattform Seedmatch nach einem Urteil Landgerichts Dresden ggf. Schadenersatz verlangen. Grund ist eine Nachrangklausel in den Investmentverträgen, die das Gericht als unwirksam bewertet hat. Durch die unwirksame Klausel wird der ganze Vertrag nichtig. Das Urteil kann weitreichende Auswirkungen haben.

Für die Umsetzung ihrer Geschäftsideen sind besonders Start-ups häufig auf Investoren angewiesen. Statt des einen großen Geldgebers können über Crowdfunding auch viele kleinere Investoren gefunden werden, die vergleichsweise geringe Summen in das Unternehmen investieren. Seedmatch heißt eine der Plattformen, die innovative Unternehmen und Investoren zusammenführt.

Auch wenn es beim Crowdinvesting meistens nicht um die ganz großen Summen geht, stehen die Investoren doch im Risiko ihr Geld zu verlieren. Das Risiko wird noch verschärft, wenn im Investmentvertrag ein sog. Nachrangklausel verankert ist. Durch den vereinbarten Nachrang treten die Investoren hinter die Forderungen aller anderen Gläubiger zurück. „Dadurch steigt das finanzielle Risiko der Investoren bis hin zum Totalverlust-Risiko. Kommt es zur Insolvenz, gehen sie im Insolvenzverfahren wahrscheinlich leer aus, weil ihre Forderungen nachrangig behandelt werden. Der BGH hat allerdings entschieden, dass solche Nachrangklauseln unwirksam sind, wenn sie intransparent sind und den Verbraucher unangemessen benachteiligen“, erklärt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB-Rechtsanwälte.

Solche Nachrangklauseln hat offenbar auch Seedmatch verwendet. In dem Fall vor dem LG Dresden hatte der Investor über Seedmatch in das Start-up Protonet investiert. Dem Unternehmen gelang es zwar rund 3 Millionen Euro von rund 18.000 Kleinanlegern einzusammeln, der Erfolg blieb trotzdem aus. 2017 folgte die Insolvenz und der Investor erlitt den Totalverlust seines eingesetzten Geldes. Er klagte zunächst gegen Protonet auf Schadenersatz, weil die in dem Investmentvertag vereinbarte Nachrangklausel für Privatanleger unverständlich und daher unwirksam sei. Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg gab ihm Recht.

Protonet informierte auch Seedmatch über das Verfahren. Für den Kläger ein Hinweis darauf, dass auch die Plattformbetreiber in der Haftung stehen. Vor dem LG Dresden klagte er daher gegen OneCrowd Loans, die Seedmatch betreibt. Wie schon das OLG in Hamburg sah auch das LG Dresden die Nachrangklausel kritisch, da sie für Privatinvestoren intransparent und unverständlich sei und den Investor benachteilige. Die Klausel sei daher unwirksam und somit der ganze Vertrag nichtig. Der Plattformbetreiber OneCrowd Loans müsse daher 5.000 Euro Schadenersatz an den Kläger zahlen, entschied das LG Dresden.

„Im Ergebnis dürfte die unwirksame Nachrangklausel dazu führen, dass Schadenersatzansprüche gegen die Plattformbetreiber von Seedmatch als auch gegen die verantwortlichen Personen des Unternehmens bestehen, in das investiert wurde“, so Rechtsanwalt Cocron. Grund dafür ist, dass sie ohne eine wirksame Nachrangklausel das Einlagengeschäft ohne die dafür erforderliche Lizenz der BaFin betrieben haben.

Da Protonet kein Einzelfall sein dürfte und sich die unwirksame Nachrangklausel vermutlich regelmäßig in Seedmatch-Verträgen befindet, dürfet das Urteil für Investoren, die Unternehmen und die Plattformbetreiber von weitreichender Bedeutung sein. Über die Plattform sollen nach Unternehmensangaben schon rund 73,5 Millionen Euro eingesammelt worden sein.

„Private Anleger, die über Seedmatch ihr Geld investiert haben, haben daher gute Chancen, Schadenersatzansprüche durchzusetzen“, so Rechtsanwalt Cocron.

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