Mit scharfer Kritik reagiert der Deutsche Hausärzteverband auf das Vorhaben der Bundesregierung, dass Krankenhäuser zukünftig leichte Fälle in den Notaufnahmen nicht an niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, sondern ausschließlich an Notdienstpraxen weiterleiten dürfen. „Während Bund und Länder noch über die Eckpunkte einer Krankenhausreform verhandeln, schafft die Bundesregierung klammheimlich Fakten. Was hier in einer Nacht-und-Nebel Aktion mittels eines Änderungsantrags zum Pflegegesetz beschlossen werden soll, wird dazu führen, dass noch mehr Fälle als bisher im und am Krankenhaus versorgt werden – selbst, wenn es sich gar nicht um einen Notfall handelt. Die Bundesregierung führt damit ihre eigenen Pläne für eine gemeinsame Notdienstreform mit den Ländern ad absurdum“, sagte Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes.

Hintergrund ist ein Änderungsantrag der Regierungsfraktionen, welcher kurzfristig in den Entwurf eines Gesetzes zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz – PUEG) eingebracht wurde: Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat bereits im Juli 2021 den Auftrag erhalten, eine Richtlinie zu erarbeiten, die festlegt, nach welchen Kriterien Hilfesuchende im Krankenhaus in die verschiedenen Versorgungsebenen gesteuert werden sollen. Neben der unmittelbaren Behandlung schwerer Fälle in der Notaufnahme des Krankenhauses war ursprünglich vorgesehen, dass Patientinnen und Patienten an eine Notdienstpraxis in oder an dem jeweiligen Krankenhaus oder in die reguläre vertragsärztliche Versorgung, weitergeleitet werden können. Nun soll der Bundestag am morgigen Freitag in 2./3. Lesung beschließen, dass eine Weiterleitung von der Notaufnahme in die vertragsärztliche Versorgung nicht mehr erlaubt ist.

„Was die Politik hier im Vorbeigehen beschließt, wird schwerwiegende Auswirkungen auf die hausärztliche Versorgung haben. Wenn zukünftig jeder Fall, der im Krankenhaus aufschlägt, ob dringlich oder nicht, in den Notdienstpraxen behandelt werden muss, dann müssen diese massiv Personal aufbauen. Wo sollen die Kolleginnen und Kollegen, die ohnehin schon Mangelware sind, herkommen? Eine Hausärztin oder ein Hausarzt, die oder der in einer Notdienstpraxis arbeitet, kann nicht gleichzeitig Patientinnen und Patienten in der Praxis versorgen! Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung hat bereits ausgerechnet, dass das nur funktionieren kann, wenn massenhaft Praxen dicht machen. Hier wird ein Ausbluten der ambulanten Strukturen billigend in Kauf genommen, um unsinnige Doppelstrukturen aufzubauen“, so Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, erste stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes.

Deutliche Kritik übte Buhlinger-Göpfarth auch an dem gesetzgeberischen Verfahren: „Die Politik sollte sich langsam wirklich einmal überlegen, ob das die Art und Weise ist, wie wichtige gesetzgeberische Entscheidungen zu Stande kommen sollten. Zwei Tage vor der entscheidenden Sitzung im Bundestag über einen Änderungsantrag zu einem ganz anderen Gesetz so etwas durchdrücken zu wollen, ist verantwortungslos. Es wurden de facto weder Fachleute noch die betroffenen Akteurinnen und Akteure in irgendeiner Weise eingebunden. Die Auswirkungen auf die Versorgung sind offensichtlich überhaupt nicht durchdacht. Wer so Politik macht, darf sich nicht wundern, wenn am Ende nichts Sinnvolles rauskommt“, so Buhlinger-Göpfarth weiter.

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Bereits mehr als 30.000 Hausärztinnen und Hausärzte haben sich dafür entschieden, Mitglied in ihrem Hausärzteverband zu werden. Damit ist der Deutsche Hausärzteverband mit seinen 18 Landesverbänden die größte berufspolitische Vertretung für Hausärztinnen und Hausärzte in Deutschland. Er vertritt die berufspolitischen Interessen der Hausärztinnen und Hausärzte gegenüber Politik und Krankenkassen, in Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen. Das Büro des Bundesvorsitzenden in Berlin nimmt die Interessen auf bundespolitischer Ebene wahr.

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