Als Ahmad Wali Ekrami im Frühjahr 2022 aus Afghanistan nach Deutschland kommt, ist Eile geboten: Den damals 11-Jährigen plagt eine schwere Entzündung am linken Bein. In Afghanistan ist die medizinische Versorgung düster. Deshalb organisieren Betreuer einer Menschenrechtsorganisation eine Behandlung in einer Klinik im Ruhrgebiet. Doch plötzlich muss die Klinik die Behandlung absagen. Bethel springt ein und rettet das Bein des Jungen. Die Behandlung dauerte ein Jahr. 

Als die Absage der Klinik kommt, bricht für den Jungen und seine Gastfamilie eine Welt zusammen. Vielleicht nie wieder laufen? Mit den Freunden Fußball spielen? Absolut unvorstellbar. Die Betreuer der Menschenrechtsorganisation wenden sich deshalb an das Evangelische Klinikum Bethel (EvKB) in Bielefeld. „Wir engagieren uns seit Jahren für humanitäre Hilfsprojekte. Hierfür gibt es einen eigenen Fonds, der die Behandlungskosten trägt“, sagt Tanja Kirchner, Klinische Ethikerin am EvKB.

Prof. Dr. Winfried Barthlen, Chefarzt der Klinik für Kinderchirurgie: „Die Diagnose des Jungen ist bitter. Eine schwere Knochenentzündung im linken Unterschenkel, besiedelt mit einem multiresistenten Keim. Die Wunde ist offen, eitert, der Junge hat starke Schmerzen. Für uns ist sofort klar: Wenn wir jetzt nicht behandeln, dann verliert der Junge sein Bein.“ Kindertraumatologe Oberarzt Mohamad Al  Nahar führt die Operation durch. Mit den Röntgenbildern steht Al Nahar vor einer großen Herausforderung. „Die Entzündung ist stark vorangeschritten. Ein schmaler Grat, der höchstes Fingerspitzengefühl erfordert.“ Die Operation dauert zweieinhalb Stunden. Der Arzt entfernt krankhaftes Gewebe und regt die Durchblutung an den Wachstumszonen des Knochens an. Schnell ist klar, dass der Eingriff geglückt ist. Die nächsten Wochen sind entscheidend für den Jungen. „Die Therapie zeigte bei Ahmad direkt Wirkung. Es hat aber trotzdem ein Jahr gebraucht, bis seine Behandlung abgeschlossen werden konnte. Und alle haben mitgefiebert: Das Team aus dem OP, die Pflegenden und Ärzte, die Kolleginnen und Kollegen aus der Physiotherapie und Radiologie – eben alle, die an der Behandlung beteiligt waren“, sagt Barthlen. Einen besonderen Dank richtet Barthlen an das Sanitätshaus Rosenhäger, das zwei Beinschienen, sogenannte Orthesen, spendete.

Jetzt hat die Abschlussuntersuchung des Jungen durch Oberarzt Al Nahar in der Klink stattgefunden. Ahmad Wali Ekrami kommt zum letzten Mal in die Klinik. Ein Verband ziert eine kleine Wunde am Unterschenkel. Die entscheidende Aussage von Oberarzt Mohamad Al Nahar folgt prompt: „Das Bein ist vollständig verheilt.“ Der heute 12-Jährige hat ein Lächeln im Gesicht. Zur Verabschiedung gibt es zur Erinnerung ein Gruppenfoto auf der Station. Hinter der einen oder anderen Schutzmaske fließt eine Freudenträne. Denn hinter diesem Jungen steht eine ganze Klinik.

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