In drei Jahrzehnten haben sich mehr als 300 junge Deutsche mit Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) in Tschechien für Aussöhnung, Frieden und Verständigung eingesetzt. In vielfältigen Projekten engagieren sich die jungen Freiwilligen landesweit, unter anderem an Gedenkorten wie in Theresienstadt, in Museen, NGOs und sozialen Einrichtungen. Sie unterstützen in ihrem Freiwilligenjahr Überlebende der Shoah, ehemalige Zwangsarbeiter, Menschen mit Behinderung und sozial Benachteiligte. Die jungen Freiwilligen und die tschechischen Partner, die sie empfangen, tragen aktiv zur Versöhnung und Verständigung zwischen den Menschen in Tschechien und Deutschland bei.

Mehr als 30 Jahre ASF in Tschechien: Einsatz für Aussöhnung, Frieden und Verständigung über die Grenzen hinweg

Die Zusammenarbeit mit ASF begann bereits in den 1960er Jahren, die Holocaust-Überlebenden Irma und Jiři Lauscher begleiteten die ersten ASF-Gruppen aus der DDR in Theresienstadt und berichteten von ihrer Verfolgung. Auch wenn die frühe Zusammenarbeit durch die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 unterbrochen wurde: Es waren solche tschechischen Partner, die früh Türen öffneten, so dass sich über die Jahrzehnte eine vertrauensvolle Partnerschaft im deutsch-tschechischen Dialog entwickeln konnte. Heute führt ihre Tochter Michaela Vidláková, die als Kind das Lager überlebte, diese Erinnerungsarbeit fort. Seit 1993 können ASF-Freiwillige für einen einjährigen Dienst nach Tschechien kommen. Sie begannen mit ihrem Dienst in der Jüdischen Gemeinde Prag, danach folgten viele weitere Projekte im ganzen Land: Junge Deutsche setzten sich in jüdischen und christlichen Sozialeinrichtungen für NS-Verfolgte, Menschen mit Behinderungen oder Roma ein. Sie arbeiten außerdem in Projekten der Erinnerungsarbeit, etwa in den Gedenkstätten Theresienstadt und Lidice, im Collegium Bohemicum oder in der gemeinnützigen Gesellschaft Živá paměť. Zudem pflegen Freiwillige in zweiwöchigen Projekten jüdische Friedhöfe im Land.

Seit 2004 gibt es ein eigenes ASF-Landesbüro in Prag und den tschechischen Verein Servitus, der die ASF-Arbeit im Land trägt. Diese ökumenische Organisation für Freiwillige wurde im Mai 2003 von Vertretern der evangelischen Kirchen, der Jüdischen Gemeinden, Caritas und Diakonie gegründet.

Aktuell absolvieren 12 junge Deutsche ihren einjährigen Freiwilligendienst bei Partnern in Tschechien. Emma Töppler, die aktuelle Freiwillige in der Gedenkstätte Theresienstadt berichtet über ihren Dienst: „Ich führe Besucher*innen durch die Gedenkstätte in Theresienstadt. Mit diesem Freiwilligendienst versuche ich einen aktiven Beitrag zur Förderung des Friedens zu leisten. Das tue ich in einem Land und an einem Ort, an dem Deutsche unvorstellbar Unmenschliches getan haben. Trotz dieser Geschichte werde ich hier heute willkommen geheißen. So habe ich mich persönlich sehr weiterentwickelt. Aber auch mein Blick auf Geschichte und Politik hat sich während dieser Zeit geschärft und mich darin bestärkt, mich auch nach diesem Jahr aktiv für Versöhnung und Frieden zu engagieren.“

Botschafter Andreas Künne empfängt regelmäßig Freiwillige des ASF in Tschechien: „Mich beeindruckt vor allem ihr Engagement für die gegenseitige Verständigung, ihr Einsatz für die Zivilgesellschaft, ihre Offenheit, sich auf Land und Leute einzulassen, und ihre Bereitschaft, sich als Deutsche mit der Geschichte ihres Landes intensiv auseinandersetzen. Mit ihrem Einsatz hier in Tschechien tragen sie nicht nur zur Versöhnung unserer beiden Länder bei, sondern erfüllen auch eine wichtige Aufgabe beim Überwinden von Vorurteilen und Unwissen über den jeweiligen Nachbarn.“

Dazu sagt Jutta Weduwen, ASF-Geschäftsführerin: „Bei meinen Tschechien-Besuchen habe ich hoch engagierte Freiwillige erlebt, die sich dank unserer Partnerorganisationen im Land für Erinnerung und Solidarität einsetzen können – als Zeichen der Umkehr, nachdem Tschechien von NS-Deutschland ausgehend so viel Gewalt erlitten hat. Die Freiwilligen lernen in ihrem Jahr mehr über die Geschichte und Sprache des Landes, vor allem aber lernen sie seine Menschen kennen.“

Anlässlich des Jubiläums kommen aktuelle und ehemalige Freiwillige sowie tschechische Projektpartner in Prag zusammen. Auf dem Programm steht ein Empfang des deutschen Botschafters sowie Besuche von Partnerorganisationen wie Památník Terezín und die Ausstellung „Unsere Deutschen“ im Collegium Bohemicum in Ústí nad Labem.

Festakt in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland

Der Festakt zum 30-jährigen Jubiläum von AFS Tschechien findet am Freitag, den 16.06.2023, von 14.00-17:00 Uhr im Kuppelsaal der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Prag statt. Neben Grußworten von Botschafter Andreas Künne, dem Vorstandsmitglied von Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, Joachim Rasch und des Vorstandsvorsitzenden von Servitus Gerhard Frey-Reininghaus, steht eine Podiumsdiskussion mit der Shoah Überlebenden Michaela Vidláková, mit der Geschäftsführerin von ASF Jutta Weduwen und Partnerorganisationen von ASF Tschechien auf dem Programm, die Einblicke in die Bandbreite des vielfältigen Engagements der Freiwilligenarbeit sowie Ausblicke auf zukünftige Initiativen geben wird. Am Festakt werden neben den aktuellen Freiwilligen auch viele ehemalige Freiwillige der vergangenen Jahrzehnte, Mitarbeitende der verschiedenen Partnerorganisationen sowie Unterstützer*innen und Wegbegleiter*innen von ASF Tschechien teilnehmen.

Über den Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V.

Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) engagiert sich seit mehr als 60 Jahren für Verständigung und Frieden. Jedes Jahr entsendet ASF 160 Freiwillige zu Partnerorganisationen in 11 Ländern in Europa, Israel und den USA. Sie engagieren sich in Ländern und für Menschen, die unter dem Nationalsozialismus gelitten haben. Sie leisten ihren Dienst in der Begleitung von Überlebenden der NS-Verfolgung und Menschen mit Behinderungen oder in Gedenkstätten und Archiven. Freiwillige aus Tschechien können am internationalen Freiwilligen-Programm in Deutschland teilnehmen. Mehr Informationen auf www.asf-ev.de.

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