Die chronische Unterfinanzierung schränkt die Handlungsfähigkeit der NRW-Kommunen zunehmend ein. Die Ergebnisse der aktuellen Haushaltsumfrage unter den 361 Mitgliedskommunen des Städte- und Gemeindebundes NRW (StGB NRW) zeigen einen klaren Trend: Immer mehr Kommunen haben mit einem defizitären Haushalt zu kämpfen und sehen sich gezwungen, auf Notreserven zurückzugreifen.

"Von einer Erholung bei den Kommunalfinanzen kann nicht annähernd die Rede sein", stellte Hauptgeschäftsführer Christof Sommer klar. "Auch Gemeinden ohne hohen Schuldenstand geraten zunehmend in Schieflage. Nur noch 22 Prozent der von uns befragten Kommunen konnten einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorweisen, also ihre Ausgaben durch laufende Erträge decken. Im Vorjahr waren es noch doppelt so viele", betonte Sommer.

"Wir müssen uns klarmachen, was das bedeutet: Fast vier von fünf Gemeinden sehen sich gezwungen, auf finanzielle Reserven zurückzugreifen, um reguläre Ausgaben abdecken zu können", so Sommer. "Damit wird die Ausnahme zum Normalfall. Das kann so nicht richtig sein", kritisierte der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbandes.

"Dieser Befund ist ein Alarmzeichen, wir brauchen eine grundlegende Reform der Kommunalfinanzen. Die kommunalen Haushalte sind systematisch unterfinanziert, denn sie bekommen vom Land nicht die Mittel, die sie zur Erledigung ihrer Aufgaben eigentlich brauchen", sagte Sommer. Für dringend nötige Investitionen in Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz, Verkehrswende oder Ganztag fehlten den Kommunen die Handlungsspielräume.

"Wir können so nicht weitermachen. Die Rücklagen der Städte und Gemeinden sind bald aufgebraucht, wenn das Land nicht gegensteuert", sagte der Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbandes." 43 Prozent der Kommunen gehen davon aus, dass sie in den kommenden Jahren ihre Ausgleichsrücklage vollständig verbrauchen werden. In 80 Fällen wird dies aller Voraussicht nach bis Ende des laufenden Jahres der Fall sein.

"Die Landesregierung muss die Kommunen wieder so ausstatten, dass sie ihren gesetzlich festgeschriebenen Aufgaben in vollem Umfang gerecht werden können", sagte Sommer. "Buchungstricks, kleinteilige Förderprogramme und Umschichtungen von kommunalen Mitteln werden uns dabei nicht helfen. Das Land muss anerkennen, dass es die finanzielle Grundausstattung der Kommunen nachhaltig stabilisieren muss. Diesen Kontext muss auch das derzeit diskutierte Programm für eine Lösung der Altschuldenfrage zwingend berücksichtigen"

Zur schlechten finanziellen Ausgangssituation hinzu kommen die außergewöhnlichen Herausforderungen der Gegenwart. Die Haushalte müssen massiv gestiegene Preise für Energie, Bauvorhaben, energetische Sanierungen oder Infrastrukturprojekte darstellen, hinzu kommt der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst. Extrem hohe Kosten übersteigen die Verbesserungen auf der Einnahmenseite bei weitem.

Durch die Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten haben die Kommunen außerdem große zusätzliche Lasten zu stemmen. Zusätzlich müssten die Kämmerer bald damit beginnen, die Finanzschäden abzustottern, die bislang wegen Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg aus den Haushalten ausgelagert wurden.

Weitere Ergebnisse der Haushaltsumfrage im Überblick

Abbau des Eigenkapitals 157 der 361 befragten Kommunen – rund 43 Prozent – rechnen mit einem vollständigen Verzehr ihrer Ausgleichsrücklage. Die Ausgleichsrücklage ist ein Teil vom Eigenkapital, der haushaltsrechtlich zu einem sog. "fiktiven" Haushaltsausgleich eingesetzt werden kann und auf den zurückgegriffen wird, wenn der so genannte strukturelle Haushaltsausgleich ohne zusätzliche Verwendung von Eigenkapital nicht gelingt. Acht Mitgliedskommunen mussten das Eigenkapital bereits vollständig aufzehren und sind damit überschuldet. Eine weitere erwartet dies bis 2026. Auch diese Zahlen belegen die anhaltende Brisanz der finanziellen Situation.

Haushaltssicherung und Nothaushalt Wenn eine Kommune ihren Haushalt nicht einmal fiktiv ausgleichen kann und die allgemeine Rücklage spürbar verringern muss, ist ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) vorzulegen. 27 StGB NRW-Mitgliedskommunen (rund 7,5 Prozent) erwarten diese Situation für 2023. Damit ist gegenüber dem Vorjahresstand von 41 Kommunen (rund elf Prozent der Mitglieder) zwar ein erneuter Rückgang zu verzeichnen, jedoch darf dieser Umstand keinesfalls als Beleg für gesundende Kommunalhaushalte verstanden werden. Denn über das NKF-COVID-19-Ukraine-Isolierungsgesetz (NKF-CUIG) wurden Finanzschäden in erheblichem Umfang ausgelagert.

Isolierte Schäden Aufgrund des NKF-COVID-19-Ukraine-Isolierungsgesetzes (NKF-CUIG) haben die Kommunen Finanzschäden in erheblichem Umfang haushalterisch isoliert. Insgesamt geht es um ein Volumen von rund 2,4 Milliarden Euro, die die kommenden Haushalte dauerhaft über bis zu 50 Jahre belasten werden.

Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Haushaltsumfrage unter den 361 Mitgliedskommunen des StGB NRW ist online in unserem Schwerpunkt zum Thema Kommunalfinanzenhttps://www.kommunen.nrw/themen-projekte/schwerpunkt-hh-umfrage-2023.html zu finden. Zum Download bereitgestellt finden Sie Grafiken und Tabellen mit detaillierten Zahlen.

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