Der Weg zum Bäcker, zum Kindergarten oder zu Freunden – kurze Strecken mit dem Fahrrad zurückzulegen, schont die Umwelt, ist günstig und gesund. Mit einem Fahrradkindersitz können dabei auch die Sprösslinge mitfahren. Was es bei Kauf und Nutzung eines Kindersitzes fürs Fahrrad zu beachten gibt, erklärt TÜV SÜD-Experte Martin Schmied.

Fahrradkindersitze sind unter Eltern sehr beliebt, da sie die wohl günstigste Möglichkeit sind, den Nachwuchs mit dem Fahrrad zu transportieren. Sie sind für tägliche, kurze Strecken innerorts geeignet und besonders praktisch, wenn man nur mit einem Kind unterwegs ist. Verstellbare Gurte und Fußstützen sorgen dafür, dass der Sitz an die Größe des Kindes angepasst werden kann und mitwächst.

Ab wann darf mein Kind mitfahren?

„Grundsätzlich gilt: Ein Kind darf erst dann in einem Fahrradkindersitz transportiert werden, wenn es mindestens für die Dauer der Fahrradfahrt selbständig sitzen kann. Das kommt ganz auf die Entwicklung an, ist in der Regel aber zwischen dem zehnten und zwölften Monat der Fall. Hier müssen Eltern individuell entscheiden“, weiß Martin Schmied. Viele Hersteller geben außerdem eine Gewichtsuntergrenze von 9 Kilogramm an, die ebenfalls eingehalten werden sollte. Die Obergrenze hängt vom Sitztyp ab: Frontsitze sind in der Regel bis 15 Kilogramm zulässig, Rücksitze bis zu einem Gewicht von 15 bis 22 Kilogramm. Auch für die Stehhöhe des Kindes gelten Obergrenzen – bei Frontsitzen darf diese maximal 93 Zentimeter, bei Rücksitzen 110 Zentimeter betragen

Gesetzliche Vorschriften

Wenn ein Kind auf dem Fahrrad transportiert wird, steht Sicherheit an erster Stelle. Deshalb gibt es einige Vorschriften zu beachten. Das gilt laut Straßenverkehrsordnung:

  • Wer ein Kind auf einem Fahrrad oder einem Fahrrad mit Hilfsmotor mit einer durch die Bauart bestimmten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h transportiert, muss mindestens 16 Jahre alt sein.
  • Kinder unter sieben Jahren dürfen nur dann mit dem Fahrrad im Straßenverkehr transportiert werden, wenn sie sich in einem speziellen Kindersitz befinden.
  • Dabei muss dafür gesorgt sein, dass die Füße des Kindes nicht in die Speichen geraten können.

Der Kindersitz darf zwischen Lenker und Fahrer sowie hinter dem Fahrer in Fahrtrichtung angebracht werden. Da das Verletzungsrisiko im Falle eines Unfalls bei einer Anbringung hinter dem Fahrer am geringsten ist, rät der Experte zu dieser Variante. Außerdem ist das Kind so besser vor Wind geschützt, das Blickfeld des Fahrers ist nicht eingeschränkt und er ist weniger abgelenkt.

„Eine Helmpflicht gibt es in Deutschland nicht – auch nicht für Kinder. Trotzdem sollte kein Kind ohne Helm im Straßenverkehr unterwegs sein, da das Verletzungsrisiko deutlich höher ist. Kopfverletzungen gehören zu den häufigsten schweren Unfallfolgen beim Fahrradfahren – ein Helm kann im Ernstfall also den Unterschied machen, auch wenn das Kind nur im Kindersitz mitfährt“, so Martin Schmied.

Die wichtigsten Sicherheitsaspekte im Überblick

Die Anforderungen an einen Kindersitz sind in der Norm DIN EN 14344 festgelegt. Sie regelt unter anderem die Festigkeit und Dauerbelastbarkeit des Sitzes sowie das zulässige Höchstgewicht und gibt Auskunft über die nötigen Sicherheitsmaßnahmen. Beim Kauf sollten Eltern auf einen Dreipunktgurt achten, der zwar für Erwachsene einfach zu bedienen, für Kinder aber nicht eigenständig zu öffnen ist.

Von Vorteil ist auch ein Höcker im Schrittbereich, der verhindert, dass der Nachwuchs bei einer starken Bremsung oder einem Aufprall nach vorne fällt. Die Sitzfläche sollte mindestens horizontal, besser leicht nach hinten geneigt sein. Der Sitz muss so konzipiert sein, dass die Beine des Kindes keinesfalls in die Speichen des Fahrrads geraten können, was durch einen seitlichen Fußschutz mit passenden Fußstützen und Fußriemen gewährleistet wird. Zum zusätzlichen Schutz sollten Eltern außerdem eine weiträumige Speichenabdeckung anbringen. Ist der Kindersitz auf dem Gepäckträger montiert, besteht die Gefahr, dass sich der kleine Passagier die Finger an freiliegenden Federn am Sattel einklemmt. Auch hierfür gibt es spezielle Abdeckungen, die die Verletzungsgefahr ausschließen.

Eine verstellbare Rückenlehne sowie gepolsterte Sitzflächen machen die Fahrradfahrt bequemer. Polster sollten allerdings vor Nässe geschützt werden. Dafür sind im Handel passende Abdeckhüllen erhältlich. Um im Straßenverkehr besser gesehen zu werden, sind außerdem Reflektoren an der Rückseite des Sitzes sinnvoll.

Das GS-Zeichen für Geprüfte Sicherheit und das Oktagon von TÜV SÜD bieten eine gute Orientierung bei der Auswahl des Fahrradkindersitzes. Die Prüfzeichen belegen, dass der Sitz auf Herz und Nieren geprüft wurde und sowohl die Anforderungen der Straßenverkehrsordnung als auch der DIN EN Norm erfüllt.

Neu oder gebraucht?

Kinderausstattung, die nur wenige Jahre genutzt werden kann, kaufen Eltern gerne secondhand. Bei Produkten für die Sicherheit rät der TÜV SÜD-Experte jedoch zur Vorsicht: „Bei einem gebrauchten Kindersitz ist meist nicht bekannt, ob er schon einen Unfall hinter sich hat. Dies kann die Sicherheit beeinträchtigen, weshalb ein Fahrradkindersitz hinsichtlich Vorschädigungen immer sehr genau unter die Lupe genommen werden muss.“

Anforderungen an Fahrrad und Fahrer

Nicht allein der Kindersitz entscheidet über die Sicherheit bei der Radtour. Auch das Fahrrad selbst muss einige Anforderungen erfüllen. Breite Reifen, gute Bremsen und ein kippsicherer Ständer gehören zur Mindestausstattung. Hinterbau- oder breite Mittelbauständer unter der Tretkurbel verbessern die Stabilität. Der Fahrer sollte das Fahren mit Kindersitz zunächst ohne Passagier üben, denn durch das erhöhte Gewicht und den veränderten Schwerpunkt können vor allem das Anfahren, Bremsen und Abstellen zu Beginn etwas Übung erfordern.

Vor dem Kauf testen

„Beim Kauf eines Kindersitzes empfiehlt es sich, das Fahrrad gleich mitzubringen. Der Fachhändler kann beraten, ob das Fahrrad für die zusätzliche Last geeignet ist, welcher Sitz zum Fahrrad passt und ihn gleich fachgerecht montieren“, rät Martin Schmied. „Ein Damenfahrrad mit einem Sitz zu bestücken, geht durch den tiefen Einstieg übrigens relativ problemlos. Bei einem Herrenfahrrad kann der Aufstieg für den Fahrer schon etwas schwieriger sein.“

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