Nach einer Saison, die vor allem für Rugby Deutschlands ambitionierte 7er-Rugbymänner nicht die Ergebnisse eingebracht hat, die man sich erhofft hatte, wollen nun die deutschen Frauen wie auch das Wolfpack vom 7. bis 9. Juli bei den Hamburg 7s, dem entscheidenden Turnier der Rugby Europe Sevens Championships, einen erfolgreichen Saisonabschluss hinlegen und beim ersten EM-Turnier auf deutschem Boden seit 14 Jahren den deutschen Fans zeigen, wie gut man im europäischen Vergleich sein kann. Im Interview ordnet dafür Manuel Wilhelm, Vorstand Leistungssport und Vorsitzender in Rugby Deutschland, die bisherige Saison ein und gibt einen Ausblick auf das Turnier in Hamburg.

Herr Wilhelm, die Ergebnisse in dieser Saison sind nicht so ausgefallen, wie sich viele in Rugby Deutschland das erhofft haben. Wie ist das aus Ihrer Sicht einzuordnen?
Ich denke, das muss man in diesem Fall zweiteilen: Ja, die Männer haben ihre ambitionierten Ziele nicht erreichen können. Die Frauen hingegen haben deutlich besser performt und einen größeren Schritt nach vorn gemacht, als wir es uns erhofft hätten. Sie haben sich in der Gruppe hinter den absoluten Topteams etabliert, können dort regelmäßig Spiele gewinnen. Das ist eine tolle Entwicklung. So haben sie sich auch die historische Chance erarbeitet, sich womöglich zum ersten Mal für die Challenger Series zu qualifizieren, wo sie dann um den Aufstieg in die World Rugby Sevens Series spielen könnten.

Für die Männer geht es genau darum in Hamburg auch noch.
Das stimmt! Leider wird es für uns in Hamburg wohl nicht mehr um den Titelgewinn gehen, aber sehr wohl darum, uns erneut für die Challenger Series zu qualifizieren. Heißt: Wir müssen sicherstellen, dass Teams wie Belgien oder Italien hinter uns landen. Aber natürlich wollen wir darüber hinaus mit dem Wolfpack in Hamburg unter Beweis stellen, dass wir nach wie vor auf Augenhöhe mit Europas Topteams spielen können.

Die Mannschaft steckt in einem Umbruch. Braucht sie womöglich auch noch etwas Zeit, um wieder um Titel mitspielen zu können?
Das ist sicher so. Aber man darf auch nicht vergessen, wo wir herkommen, und wo wir jetzt stehen. Die Jungs, die so etwas wie die Pioniere unseres 7er-Programms sind, haben ihrerzeit jedes Turnier in der gleichen Konstellation und ohne großen Druck von außen gespielt. Da sind sie zu europäischen Topspielern gereift und haben als solche natürlich großen Anteil an der tollen Entwicklung unseres Programms. Aber auf dem Weg dahin haben sie über Jahre gegen den Abstieg aus Europas höchster Spielklasse gespielt. Da waren wir nicht mal nahe dran, Teams wie Frankreich oder Großbritannien schlagen zu können. Das Team heute, das einen massiven Umbruch absolviert, liefert schon viel bessere Ergebnisse ab. Daher stehen sie aber auch viel mehr unter dem Brennglas und haben größeren Erwartungsdruck, den sich das Team in den letzten Jahren aufgrund der rasanten Entwicklung aber auch erarbeitet hat. Wir haben heute eine viel breitere Basis mit Jungs, die schon richtig gut, aber eben noch nicht europäische Spitze sind. Wir haben viele starke Talente, denen man aber die Zeit geben muss, eben dorthin zu gelangen, und die uns in Zukunft noch viel Spaß machen werden.

Da wäre doch das Heimturnier ein toller Rahmen, den nächsten Schritt zu machen. Wie wichtig sind diese Hamburg 7s für Rugby Deutschland?
Das ist ein enorm wichtiges Turnier für uns. Das ist eine Top-Plattform, um Deutschland und unseren Fans die Früchte unserer Arbeit zu zeigen und den Menschen einmal live vor Augen zu führen, welch tolle Sportart wir betreiben und wie gut wir darin eigentlich sind. Dieses Turnier wird nun bestenfalls fünfmal in Hamburg stattfinden. Wie sind generell die Planungen für solche und ähnliche Events in der Hansestadt oder in Deutschland? Unser aller Wunsch ist es, über die nächsten Jahre kontinuierlich ein erfolgreiches Turnier in Hamburg zu etablieren. Ein Traum wäre eine Größenordnung wie die Turniere in Hongkong oder Dubai, aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Aber Ziel ist es, substanziell etwas aufzubauen, um dem Rugbysport in Deutschland regelmäßig so ein attraktives Schaufenster zu bieten.

Und Hamburg ist dabei bevorzugter Standort?
Hamburg bringt praktisch alles mit, was es benötigt: Es ist eine tolle Stadt, international bekannt, hervorragend angebunden. Es gibt für die Fans auch abseits des Sports viel zu erleben und zu entdecken. Es gibt in Deutschland nur wenige Städte, die ein ähnliches Potenzial haben. Hamburg ist also ein perfekter Standort.

Blicken Sie bitte noch kurz auf die Hamburg 7s voraus. Was ist sportlich und vom Event selbst zu erwarten?
Es wäre wichtig, für uns und für unsere Fans, gute Ergebnisse abzuliefern und einen guten Saisonabschluss zu schaffen. Aber es geht, wie gesagt, auch noch darum, die Teilnahme an der Challenger Series zu sichern. Dafür braucht es sowohl von den Männern als auch von den Frauen ein gutes Turnier in Hamburg. Und auch, wenn wir diesmal keine allzu lange Vorlaufzeit für die Organisation eines Turniers in dieser Größenordnung hatten: Ich bin sicher, dass wir ein tolles Turnier mit hoffentlich vielen begeisterten Fans und einer tollen Stimmung erleben werden. Ich freue mich darauf!

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