Vom ZEW Mannheim befragte Finanzmarktexperten/-innen schätzen die Anlageklassen Kryptowährungen und Immobilien sehr negativ ein. Bezüglich der Immobilienmärkte im Euroraum wird die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) als entscheidender Negativfaktor angesehen, jedoch tragen wirtschaftliche Entwicklungen, politische Rahmenbedingungen und Marktbewertungen ebenso zu einer skeptischen Haltung der Befragten bei. Das sind die Ergebnisse der Sonderfrage zum ZEW-Finanzmarkttest im Juni 2023 zur Einschätzung von verschiedenen Anlageklassen.

„Im Vergleich zur Umfrage vom März 2023 bleiben die Expertinnen und Experten bezüglich Kryptowährungen und Immobilien pessimistisch gestimmt. Die Anlageklassen Gold, Aktien sowie Staats- und Unternehmensanleihen werden im Vergleich als deutlich attraktivere Anlageklassen angesehen“, kommentiert Thibault Cézanne, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte“ das Ergebnis.

Immobilienmärkte besonders betroffen

Die Expertinnen und Experten beurteilen in der Befragung zudem, wie und aufgrund welcher Faktoren sich ihre Einschätzungen seit März 2023 bezüglich der Anlageklassen Aktien, Immobilien, oder Staats- und Unternehmensanleihen im Euroraum verändert haben. Der Hauptgrund für die schlechten Aussichten im Immobiliensektor ist die Geldpolitik der EZB, denn 67 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sie sich negativ auswirkt (27 Prozent sind der Meinung, dass sie keine Auswirkungen hat und nur 6 Prozent glauben, dass sie sich positiv auswirkt). Wirtschaftliche Entwicklung, die Marktbewertung und der politischen Rahmen werden speziell für die Immobilienmärkte als weitere negative Faktoren betrachtet.

In Bezug auf Staats- und Unternehmensanleihen sind die Befragten der Ansicht, dass die wirtschaftliche Entwicklung und die Inflation leicht positiven Einfluss haben. Bei den Aktien spielen schließlich zwei Faktoren eine gegenläufige Rolle. „Interessanterweise wird die Inflation, die für alle Anlageklassen des Euroraums als negativer Faktor angesehen wurde, nun als positiver Faktor betrachtet. Auch die wirtschaftliche Entwicklung wird nun als negativer Faktor für Aktien, aber als positiver Faktor für Staatsanleihen angesehen. Der jüngste Eintritt der deutschen Wirtschaft in die Rezession könnte also dazu geführt haben, dass sich die Bedenken der Finanzmarktexperten/-innen von der Inflation auf das Wirtschaftswachstum verlagert haben, was ihren Meinungsumschwung zugunsten von Staatsanleihen und zum Nachteil von Aktien erklärt“, sagt Thibault Cézanne abschließend.

ÜBER DIE BEFRAGUNG

Der ZEW-Finanzmarkttest ist eine seit Dezember 1991 durchgeführte Umfrage, in der monatlich die Erwartungen über die Entwicklung wichtiger internationaler Volkswirtschaften erhoben werden. Derzeit sind dies Deutschland, das Eurogebiet, die Vereinigten Staaten von Amerika sowie China. Insgesamt besteht das Panel aus etwa 350 Finanzanalysten aus Banken, Versicherungen und großen Industrieunternehmen. Angesprochen werden die Experten/-innen der Finanz-, Research- und volkswirtschaftlichen Abteilungen sowie der Anlage- und Wertpapierabteilungen dieser Unternehmen. Die meisten Teilnehmer/innen kommen aus Deutschland.
 
Die Finanzexpertinnen und -experten werden nach ihren Erwartungen gefragt, die sie auf einen Horizont von 6 Monaten hinsichtlich der Entwicklung der Konjunktur, der Inflationsrate, der kurz- und langfristigen Zinsen, der Aktienkurse und der Wechselkurse haben. Zusätzlich werden sie um eine Einschätzung der Ertragslage in 13 deutschen Branchen gebeten. Neben einem festen Umfrageteil werden laufend zu aktuellen Themen Sonderumfragen durchgeführt. Aus den Erwartungen der Finanzmarktexperten/-innen zur Entwicklung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland werden die ZEW-Konjunkturerwartungen berechnet, die sich als Frühindikator für die Konjunkturentwicklung („ZEW-Index“) etabliert haben. Das ZEW kommuniziert die Ergebnisse des Finanzmarkttests darüber hinaus ausführlich im monatlich erscheinenden ZEW-Finanzmarktreport.

Über ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.

Forschungsfelder des ZEW
Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte; Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen; Digitale Ökonomie; Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Marktdesign; Umwelt- und Klimaökonomik; Ungleichheit und Verteilungspolitik; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft.

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Thibault Cézanne
Researcher im ZEW-Forschungsbereich „Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte“
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E-Mail: thibault.cezanne@zew.de
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