In Deutschland gibt es rund 140.000 Querschnittpatienten und jährlich kommen etwa 2.400 neue dazu. Sie werden in besonderen Zentren behandelt. Eines davon befindet sich am Ev. Stift St. Martin in Koblenz. Es ist das zweitälteste Zentrum für Querschnittlähmung in Deutschland. Seit 1955 werden hier Menschen mit Rückenmarksschädigung und Querschnittlähmung von einem multiprofessionellen Team ganzheitlich betreut. Bis heute hat es sich enorm vergrößert. Nach der aktuellen Erweiterung um 10 Betten stehen dem zertifizierten Zentrum unter der Leitung von Dr. med. Andreas Hildesheim nun 50 Betten zur Verfügung.

„Die Querschnittlähmung ist eine der schwerwiegendsten Beeinträchtigungen für einen Menschen. Für den Betroffenen und für die Angehörigen ändert sich das Leben oft schlagartig und entscheidend“, so der Facharzt für Neurologie sowie physikalische und rehabilitative Medizin. „Querschnittlähmung bedeutet weit mehr als die sichtbare Lähmung der Beine oder auch Arme. Sie kann nicht mal eben mit einem Rollstuhl ausgeglichen werden. Fast immer liegt auch eine Gefühllosigkeit verbunden mit dem Verlust des Lageempfindens im gelähmten Bereich vor. Der Patient weiß gar nicht, wo seine Beine sind, und es kommt vor, dass er sich beim Fahren unbemerkt das Sprunggelenk bricht.“ Zusätzlich sei auch immer das autonome (unwillkürliche) Nervensystem geschädigt, das für die Steuerung der inneren Organe, unter anderem auch für die Blasen- und Darmtätigkeit, verantwortlich ist. In der Folge leiden die Betroffenen an einem unkontrollierten und unbemerkten Urin- und Stuhlabgang.

In das Zentrum kommen Menschen mit einer akuten Querschnittlähmung durch Unfälle im Verkehr, Beruf, Haushalt und Sport sowie durch Erkrankungen des Rückenmarks. Nach einem Unfall kann der Aufenthalt bis zu einem Jahr dauern. Ebenso werden alle Spätfolgen der Querschnittlähmung, ob operativ oder konservativ, behandelt. Fast alle apparativen Untersuchungen können im Ev. Stift durchgeführt werden und durch die angebotene Sprechstunde wird eine lebenslange Nachsorge gewährleistet.

Dr. med. Andreas Hildesheim sieht den Erfolg und die überregionale Bekanntheit des Zentrums in der guten Zusammenarbeit des multiprofessionellen Teams begründet. „Das Team ist seit Jahren eingespielt. Alle sind hochmotiviert und lieben ihren Beruf.“ Die medizinische Behandlung und die Rehabilitation laufen parallel und gehen Hand in Hand. Beispielsweise arbeiten die Therapeuten von Rehafit im Wechsel von Einzel- und Gruppentherapien. Dafür stehen modern eingerichtete Physio- und Ergotherapieräume, eine medizinische Trainingstherapie mit Kraftgeräten und Ergometern, eine große Sporthalle, ein Schwimmbad, eine Kegelbahn, eine Dart- und Bogenschießanlage, ein Tischtennisraum, eine Lehrküche und ein großer Außentrainingsbereich zur Verfügung.

Über die Erweiterung der Bettenzahl freut sich Dr. med. Andreas Hildesheim ganz besonders, denn die Warteliste ist lang und der Bedarf sehr hoch. „Wir haben Anmeldungen aus einem riesigen Einzugsgebiet. Das geht bis Bremen. Jetzt können wir unsere Aufgabe, diesen Menschen wieder ein lebenswertes und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, noch besser gerecht werden.“

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