Die Baugenehmigungen im Wohnungsbau gehen dramatisch zurück. Die aktuelle Statistik zeigt für Januar bis Mai 2023 im Vorjahresvergleich, dass die Anzahl der genehmigten Wohnungen um 38,8 Prozent eingebrochen sind. Die Auftragsvergaben aus vorhandenen Genehmigungen werden immer häufiger zurückgestellt.

Die Bau- und Wohnungswirtschaft macht sich massive Sorgen um den künftigen Wohnungsmarkt. Der Mangel an Wohnraum hat sich verschärft. Preise für Wohneigentum und Mieten werden in erheblichem Maße steigen.

Die Verbände der Wohnungswirtschaft und der Bauwirtschaft haben 5 Offensiven formuliert, mit denen die Landesregierung den Wohnungsbau und damit auch die Menschen auf Wohnungssuche unterstützen kann:

  • Entlastungs-Offensive: 5 Jahre keine neuen Vorgaben, sondern einfrieren und abschmelzen
  • Investitions-Offensive: Finanzielle Anreize und Steuererleichterungen für Investoren und Bauträger
  • Umbau-Offensive: Ausbau und Umnutzung im Gebäudebestand erleichtern
  • Kommunikations-Offensive: privatrechtliche Anforderungen von Bauverträgen reduzieren
  • Umsetzungs-Offensive: im Bündnis für bezahlbares Wohnen identifizierte und seit Jahren bekannten Maßnahmen zur Baukostendämpfung sofort umsetzen

Die Maßnahmen liegen in der Hand des Landes Niedersachsen und können noch in diesem Jahr begonnen werden. Die Bau- und Wohnungswirtschaft steht für die partnerschaftliche Umsetzung im gemeinsamen Interesse an mehr Wohnungen für die Menschen in Niedersachsen bereit.

Statements der Branchen

Frank Siebrecht, Vizepräsident Bauindustrieverband Niedersachsen-Bremen:
„Wir erleben einen nicht gekannten Einbruch im Wohnungsbau. Seit dem Höchststand der Genehmigungen im Dezember 2021 geht es steil bergab. Und was nicht genehmigt ist, wird auch nicht gebaut. Besonders besorgniserregend ist, dass auch aus vorhandenen Genehmigungen immer weniger Aufträge resultieren. Viele Ursachen liegen außerhalb Niedersachsens, wie die gestiegenen Zinsen der Baufinanzierung, die Inflation bei Baumaterialien sowie die Unsicherheit bei Förderprogrammen und Gesetzgebung. Aber mit den vorgeschlagenen fünf Offensiven kann das Land selbst wirksame Maßnahmen ergreifen, um dem akuten Wohnungsmangel etwas entgegenzusetzen.“

Dirk Streicher, Vorstandsvorsitzender BFW Landesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Niedersachsen/Bremen:
„Wenn der Wohnungsbau trotz steigenden Bedarfs weiter einbricht, werden die Mieten noch stärker steigen und viele Arbeitsplätze verloren gehen. Vom Baggerfahrer bis zum Maler, die gesamte Wertschöpfungskette im Wohnungsbau ist betroffen. Die Wohnungswirtschaft ist einer der größten Arbeitgeber und schafft Werte und Heimat. Darum brauchen wir ein sofortiges Handeln für den Wohnungsbau!"

Dr. Susanne Schmitt, Verbandsdirektorin Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Niedersachsen Bremen:
„Beim Wohnungsbau geht es steil bergab. Das ist ein Alarmsignal für alle. Land und Kommunen müssen jetzt den Weg ebnen für einen sozial gerechten Wohnungsmarkt. Wir wünschen uns mehr Mut zu weniger Vorschriften, Anreize statt Hindernisse und neue Ideen statt alter Leier. Das Ziel der sozialorientierten Wohnungswirtschaft ist und bleibt es, die Bezahlbarkeit der Wohnungen für Haushalte mit kleineren und mittleren Einkommen zu gewährleisten und zugleich den Klimaschutz im Wohnungsbau voranzubringen. Dabei hilft uns der gute Dialog mit der Landesregierung und der Schulterschluss mit anderen Verbänden der Bau- und Immobilienwirtschaft. Wir wollen schneller, kostengünstiger und einfacher bauen. Nur so schaffen wir mehr preisgünstige und energieeffiziente Wohnungen in guten Lagen.“

Cornelia Höltkemeier, Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft:
„Langwierige Genehmigungsverfahren und hohe Regelungsdichte für Bauvorhaben führen bei vielen Baumaßnahmen zu unnötigen Kostensteigerungen. Widersprüchliche Vorgaben in Bereichen, wie z.B. Schallschutz, Lärmschutz oder Brandschutz, die derzeit zu kostenintensiven aufwendigen Sonderlösungen führen, müssen vermieden werden. Im Bündnis für bezahlbaren Wohnraum wurden viele Ansätze identifiziert, die umgesetzt werden können. Gerade beim Um- und Ausbau sind Erleichterungen möglich und erforderlich.“

Matthias Wächter, Hauptgeschäftsführer Baugewerbeverband Niedersachsen:
„Die Baugenehmigungen sind ein Indikator für zukünftige Aufträge. Wir sehen einen massiven Einbruch bei den privaten Bauinvestitionen, der sich im Wohnungsbau auftut und herbe Markteinschnitte immer wahrscheinlicher macht. Um eine Trendwende im Wohnungsbau einzuleiten, brauchen private Bauherren und gewerbliche Investoren in der Wohnungsbaubranche eine deutliche Zinsstützung und im Mietwohnungsbau eine entsprechende, attraktive staatliche Förderung.“

Jörn P. Makko, Hauptgeschäftsführer Bauindustrieverband Niedersachsen-Bremen:
„In Niedersachsen fehlt in vielen Städten bezahlbarer Wohnraum für Familien, Paare, Singles, Seniorinnen und Senioren. Die Wohnfrage darf keine Frage mit sozialem Sprengstoff werden. Bezahlbarer Wohnraum ist ein wesentlicher Standort- und Wirtschaftsfaktor – für alle Branchen. Die Bauwirtschaft steht bereit.“

5 Offensiven für mehr Wohnungen in Niedersachsen!
Das kann die Landesregierung sofort tun:

  • Wir brauchen eine Entlastungs-Offensive.
    Für 5 Jahre werden keine neuen Vorgaben erlassen, sondern im besten Falle sogar re-duziert – einfrieren und abschmelzen! Keine Immobilie muss nach einem Umbau mehr können als zuvor (z.B. Stellplatzschlüssel und weitere Anforderungen an Bauen im Be-stand).
  • Wir brauchen eine Investitions-Offensive.
    Finanzielle Anreize und Steuererleichterungen für Investoren und Bauträger sind erfor-derlich. Die Grunderwerbssteuer für Ersterwerb von Wohneigentum wird auf den Min-destsatz abgesenkt. Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer (Wohngebäude) wer-den im Rahmen der steuerrechtlichen Ertragskompetenz für die Förderung des Woh-nungsbaus eingesetzt. Mit weiteren Programmen, z.B. durch Beteiligung an nicht rentier-lichen Sanierungskosten, muss Wohnungsbau unterstützt werden.
  • Wir brauchen eine Umbau-Offensive.
    Ausbau und Umnutzung im Gebäudebestand muss erleichtert werden. Im Dialog mit Kommunen muss identifiziert werden, in welchem Maße Baugebiete (Ge-werbegebiete, Kerngebiete, Mischgebiete in urbane Gebiete) umgeplant werden könn-ten, um Potentiale für den Wohnungsbau zu heben. Eine Umbaubauordnung kann Nut-zungsänderungen leichter ermöglichen. Bauordnungsrechtlicher Bestandsschutz ist zu kodifizieren mit dem Ziel, dass aktuelle bauaufsichtliche Maßnahmen, insbesondere zur Kubatur, Schallschutz und Barrierefreiheit nicht für Umbauten und Ausbauten gelten. Sozialer Wohnungsbau lässt sich auch im Bestand ohne soziale Segregation verwirkli-chen, und das bei geringeren Kosten und längerer Bindung.
  • Wir brauchen eine Kommunikations-Offensive.
    Welche Einschränkungen privatrechtlicher Anforderungen können die Vertragsparteien selbst reduzieren? Antwort z. B. in Gesprächskreisen auf Fachebene (mit Gerichtsbar-keit) und Landeskongress zum Meinungsaustausch.
  • Wir brauchen eine Umsetzungs-Offensive.
    Wir erwarten, dass endlich alle im Bündnis für bezahlbares Wohnen identifizierten und seit Jahren bekannten Maßnahmen zur Baukostendämpfung sofort umgesetzt werden

Alle Maßnahmen lassen sich innerhalb des Jahres 2023 umsetzen.

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