Während sich beim Thema Strom aus Erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren einiges getan hat, stockt beim klimafreundlichen Heizen die Wende. Doch gerade die Wärmeversorgung mit Erneuerbaren ist ein großer Hebel für den Klimaschutz. Mehr als die Hälfte der Energie in Deutschland wird für die Wärmeerzeugung genutzt. Um die Klimaneutralität laut Pariser Klimaschutzbeschlüssen von 2015, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, zu erreichen, muss die Wärmewende endlich Fahrt aufnehmen.

Daher begrüßt der BUND Thüringen die Forderung, ein „Sonderprogramm Fernwärme mit CO2-neutralen Primärenergiequellen“ für die neuen Bundesländer aufzulegen. Weil hier in den Städten das Fernwärmenetz weiter ausgebaut ist (bis zu 30%) als in den alten Bundesländern (ca. 15%).

Grundsätzlich gibt es mehrere CO2-neutrale Primärenergiequellen, um die vorhandenen Fernwärmenetze zu betreiben. Großes Potential sieht der BUND in der Tiefengeothermie. Die Stadtwerke Erfurt beispielsweise wollen sich auf den Weg machen, Geothermie für ihr Wärmenetz nutzbar zu machen. „Wir befürworten das Forschungsprojekt der Stadtwerke ausdrücklich, weil die Wärme im inneren der Erde schier unerschöpflich und dauerhaft vorhanden ist und mit moderner Technik als Grundlastwärmequelle an die Erdoberfläche gehoben werden kann. Und von dort aus über die Fernwärmeleitungen in die Heizungen der Wohnungen.“ führt Robert Bednarsky, Vorsitzender des BUND Thüringen, aus.

Der BUND fordert gleichzeitig, dass bei neuen Großtechnologien der Wärmewende eine Umweltverträglichkeitsprüfung vor der Genehmigung zum Bau und Betrieb durchgeführt wird. Somit soll vermieden werden, dass es zu Grundwassergefährdung kommt oder zu geologische Setzungen, schlimmstenfalls Erdbeben.

Zudem gilt es, alle anderen CO2-neutralen Potenziale für die Wärmewende zu nutzen. Leider spielt vor allem das Thema Energiesuffizienz und -Effizienz aus Sicht des BUND Thüringen bisher nur eine untergeordnete Rolle und muss viel stärker in den Fokus rücken. Dabei stellt jede nicht genutzte und damit nicht erzeugte Energie durch Sparen ein Mehrgewinn dar, sowohl für die Wärmekunden als auch für die Gesellschaft als Ganzes. Auch durch energetische Sanierungen von Gebäuden wird der Wärmebedarf reduziert. Folgenschwer wäre es, an fossilen Vergangenheitsträumen festzuhalten.

„Teure und ineffiziente Scheinlösungen, wie der Einsatz von Wasserstoff in der Wärmewende oder E-Fuels in der Verkehrswende, lehnen wir ab. Hier müsste sehr viel ‚grüner Strom‘ aufgewendet werden, um Gase oder Kraftstoffe zu erzeugen, die dann verbrannt werden, obwohl der Strom aus Erneuerbaren direkt in der Wärmeerzeugung oder elektrischen Antrieben von Kleinfahrzeugen genutzt werden könnte.“ ergänzt Bednarsky.

Neben der Technologie braucht es aber auch verlässliche rechtliche Voraussetzungen, um die Wärmewende zum Erfolg zu führen. Für Forschungsrisiken, wie sie bei der petrothermalen Geothermie existieren, braucht es zudem Fördermittel. „Wir fordern den Freistaat Thüringen dazu auf, den beschrittenen Weg, hin zu mehr Geothermie für die Wärmewende, weiterzugehen, Projekte aktiv zu unterstützen und Beispiele wie in Erfurt auf andere Städte zu übertragen.“ endet Bednarsky.

Hintergrund und Daten zur Tiefengeothermie

Hydrothermale Tiefengeothermie (ist die direkte Nutzung von warmen bis heißen Tiefen-wasser) kann insbesondere z.B. in den geologischen Sedimentgesteinen in Süddeutschland, entlang des Oberrheingrabens zwischen Basel und Frankfurt a.M. und im gesamten westdeutschen und norddeutschen Raum zwischen den Niederlanden und Polen zum Einsatz kommen. Hydrothermale Systeme basieren auf dem neusten Stand der Technik und kommen in München, Paris und vielen anderen Standorten weltweit bereits erfolgreich wettbewerbsfähig zum Einsatz.

Als weitere Technologie kommt das Potenzial der petrothermalen Geothermie hinzu. Petrothermale Systeme sind an hydraulisch leitfähige Kluftstrukturen im kristallinen Untergrund gebunden. Sie nutzen die in großen Tiefen vorhandene Wärme (z.B. 200 °C in 5 km Tiefe und mehr). Diesen kristallinen Untergrund, auch Granit-Grundgebirge genannt, finden wir insbesondere in Mitteldeutschland und somit auch in Thüringen. Nicht zu verwechseln ist die wassergeführte petrothermale Tiefengeothermie mit dem Fracking, dass dieselben Bohrtechniken nutzen, aber ein Chemie-Cocktail ins Gestein presst, um Gas aus der Tiefe zu gewinnen. Die Fracking-Techniken birgt Risiken hinsichtlich des Auftretens von Erdbeben, potenziellen Schädigungen des Grundwassers und aufgrund der Radioaktivität von geförderten Wässern und Ablagerungen. Ob diese Risiken auch bei der wassergeführten, petrothermalen Tiefengeothermie vorliegen können, sollte im Rahmen von Forschungs- und Pilotprojekten eruiert werden. Ziel solcher Projekte muss sein, die Erfahrungen bei der Tiefenexploration zu erhöhen, die ökologischen Risiken auszuschließen sowie die Kosten für die Wärmekunden zu ermitteln.

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