Viel Geld für wenig Leistung – diese Erfahrung müssen Teilnehmer von Online-Coachings leider immer wieder machen. Enttäuscht von dem Online-Coaching sitzen sie zu allem Übel auch noch häufig in teuren Verträgen fest. Das OLG Celle hat mit Urteil vom 1. März 2023 für viele Teilnehmer den Weg für den Ausstieg aus den kostspieligen Verträgen geebnet. Nach dem Urteil sind Verträge über Online-Coaching nichtig, wenn der Coach oder der Anbieter nicht über eine Zulassung für Fernlehrgänge gemäß § 12 FernUSG (Fernunterrichtsschutzgesetz) verfügt.

„So eine Zulassung liegt in den meisten Fällen nicht vor. Folge ist, dass die geschlossenen Verträge unwirksam sind und die Teilnehmer keine Zahlungen mehr leisten müssen. Besonders bemerkenswert ist, dass das auch gilt, wenn der Vertrag über das Online-Coaching als Unternehmer abgeschlossen wurde. Nach dem Urteil des OLG Celle haben somit sowohl Verbraucher als auch Unternehmer die Möglichkeit, aus dem Vertrag auszusteigen“, sagt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte.

Dass die Coaching-Verträge ohne die erforderliche Zulassung auch nichtig sind, wenn sie als Unternehmer abgeschlossen wurden, erweist sich in der Praxis als wichtig. Denn die Anbieter der Online-Coachings haben oft genau darauf geachtet, dass der Vertrag nicht als Verbraucher, sondern als Gewerbetreibender abgeschlossen wurde. Hintergrund ist, dass nur Verbraucher ein Widerrufsrecht haben.

Für Unternehmer war es bisher oft schwierig, aus einem Coaching-Vertrag auszusteigen. Nun jedoch hat das OLG Celle mit dem Fernunterrichtsschutzgesetz eine neue Lösung präsentiert. Die bisherige Rechtsprechung sah diese Regelungen nur für Verbraucherverträge vor. Das OLG Celle hat jedoch klargestellt, dass auch Unternehmer durch das FernUSG geschützt sind. "Infolgedessen sind viele Coaching-Verträge nun kündbar oder widerrufbar, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind und es sich nicht um reine Videokurse handelt", erklärt Rechtsanwalt Cocron.

In dem zu Grunde liegenden Fall vor dem OLG Celle hatte die beklagte Frau einen Vertrag über Online-Coaching mit einer Laufzeit von 12 Monaten geschlossen. Kosten: 2.200 Euro pro Monat. Kurz nach Vertragsschluss erklärte sie die Anfechtung sowie Widerruf und Kündigung des Vertrags. Der Anbieter akzeptierte den Widerruf nicht und verwies darauf, dass die Frau den Vertrag als Unternehmerin abgeschlossen und somit kein Widerrufsrecht habe. Er klagte daher auf die vollständig Zahlung der Coaching-Gebühren.

Dagegen wehrte sich die Frau mit Erfolg. In erster Instanz entschied das Landgericht Stade, dass der Anbieter wegen Wuchers keinen Anspruch auf die Zahlung habe. Denn es bestehe gemäß § 138 Abs. 1 BGB ein „besonders grobes auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung.“

Im Berufungsverfahren bestätigte das OLG Celle das Urteil. Dabei legte es nicht den Schwerpunkt darauf, dass der Vertrag wegen Wuchers sittenwidrig sei, sondern verwies auf das Fernunterrichtsschutzgesetz. Laut OLG sei der Vertrag schon nichtig, da der Kläger zweifellos nicht über die erforderliche Zulassung für Fernlehrgänge verfügte. Da das Gesetz auch Unternehmer absichere, sei es unwesentlich, ob die Frau den Vertrag als Verbraucherin oder Unternehmerin abgeschlossen habe. Der Vertrag sei nichtig. Die Frau müsse keine weiteren Zahlungen mehr leisten und könne bereits gezahlte Gebühren zurückfordern, entschied das OLG Celle.

„Da Coaches nur in Ausnahmefällen über eine Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz verfügen dürften, zeigt das Urteil eine Möglichkeit auf, aus Online-Coaching-Verträgen auszusteigen. Es kommen aber auch noch andere Wege in  Betracht, aus dem Vertrag auszusteigen, z.B. wegen Sittenwidrigkeit. Es muss im Einzelfall entschieden werden, welcher Weg der Beste ist“, so Rechtsanwalt Cocron.

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