„Mir wurde auf meinem Weg immer wieder gesagt, ich solle erst weitere Sprachkurse machen und dann im nächsten Jahr mit einer Ausbildung oder mit dem Meisterkurs starten. Aber ich wollte nicht warten, ich wollte arbeiten, etwas machen, lernen und mich weiterbilden“, erinnert sich der 35-Jährige an seine ersten Gespräche mit Handwerksbetrieben. Dieser unbedingte Wille, etwas zu leisten, beeindruckte Hussein Kerri von der Handwerkskammer, der Khoudouri als Integrationsberater des Projekts „IHAFA“ auf seinem Weg begleitet hat. „Ich habe gesehen, dass er die Ausbildung wirklich wollte und das zählt für mich in dem Moment mehr als ein Sprachniveau auf dem Papier. Deshalb habe ich ihn in seinem Wunsch unterstützt und einen Betrieb gefunden, der ihn nach einem Praktikum auch für die Ausbildung übernommen hat.“
Als Geselle arbeitete der junge Syrer für seinen Ausbildungsbetrieb, aber merkte auch hier bald, dass er noch mehr wollte. „Ich war schon sehr glücklich, meinen ersten Abschluss geschafft zu haben. Gleichzeitig war ich immer noch neugierig auf neue Techniken und mich haben auch die vielen Möglichkeiten gereizt, die ein Meistertitel bietet. Damit stehen einfach noch mehr Türen offen. Sei es eine eigene Selbstständigkeit, angestellt bleiben oder auch die Ausbildung von Nachwuchshandwerkern.“
Die Meisterschule gestaltete sich als ganz neue Herausforderung. „Den Vorbereitungskurs in Vollzeit habe ich am bfe absolviert und habe da auch viel Unterstützung durch Kurskollegen und Dozenten erfahren. Trotzdem war die Theorie und hier vor allem der kaufmännische Teil mit den vielen für mich fremden Worten echt hart.“ Khoudouri hat sich aber auch hier durchgebissen. Fast zwölf Stunden habe er insgesamt jeden Tag gelernt – entweder mit Kollegen oder zu Hause mit Hilfe von Büchern oder YouTube-Videos. Der Einsatz wurde belohnt – mit sichtlichem Stolz konnte er auf der diesjährigen Meisterfeier seinen Meisterbrief entgegennehmen.
„Mir gefällt die Arbeit als Meister einfach so gut. Ich arbeite in einem Betrieb, der sich neben normalen Elektroinstallationen auch auf PV-Anlagen und Smart-Home-Lösungen spezialisiert hat. Hier bin ich für die Baustellenplanung und auch für Kundengespräche zuständig.“ Das bedeutet ein großes „Mehr“ an Verantwortung, was Khoudouri aber nicht abgeschreckt hat. „In Syrien war ich schon mit 17 selbstständig und hatte zusammen mit meinem Bruder Rafaat von meinem Vater ein Gardinen- und Stoffhandelsgeschäft übernommen. Hier habe ich schnell gelernt, Verantwortung zu übernehmen und auch kalkulierte Risiken einzugehen“, so Khoudouri.
Als der Krieg ausbrach, flüchtete er mit seinem Bruder, seinem Schwager und seiner Frau nach Deutschland. „Keiner von uns wollte flüchten und seine Heimat verlassen, aber wir hatten keine Wahl. Als wir dann in Deutschland angekommen waren, war für mich aber auch klar, dass ich nach vorne schauen und das Beste aus dieser schrecklichen Situation machen möchte“. Deshalb sei er sehr dankbar, dass er in Deutschland so viel Unterstützung gefunden habe, um sich seinen eigenen Lebensunterhalt aufzubauen. „Ich weiß, dass dieses Sozialsystem nicht selbstverständlich ist und ich bin froh, dass ich die Chance bekommen habe, aus mir – einem Geflüchteten – einen Fachmann zu machen. Ohne die Hilfe von privaten Personen oder Beratern wie Hussein Kerri wäre ich heute kein Meister.“
Das IHAFA-Projekt
Der starke Zustrom von Schutzsuchenden im Jahr 2015, veranlasste das niedersächsische Handwerk, ein Projekt anzubieten, das Geflüchtete und Betriebe zusammenbringt. „IHAFA“ wird mit Mitteln des Landes Niedersachsen finanziert und heißt: Integrationsprojekt handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber. Seit Beginn des Projekts hat Integrationsberater Hussein Kerri über 1100 Geflüchtete beraten und unterstützt. Von ihnen haben seitdem 150 eine Ausbildung im Handwerk abgeschlossen und sieben ihren Meistertitel in einem Handwerk erlangt.
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