Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) sieht die aktuellen Reformpläne des Justizministers zur Entlastung von mitbetreuenden Elternteilen beim Kindesunterhalt kritisch. „Wir warten seit Jahren auf eine geschlechtergerechte Reform des Unterhaltsrechts, und nun stehen einseitig vor allem die angeblich notwendigen Entlastungen von Vätern im Vordergrund.“, so djb-Präsidentin Prof. Dr. Maria Wersig.

Statistisch betrachtet sind es ganz überwiegend Männer, die von den Reformplänen profitieren würden, weil sie im Vergleich zu Frauen einen deutlich geringeren Anteil an der Betreuungsarbeit ihrer Kinder leisten. Darüber hinaus blendet die angedachte Entlastung aus, dass schon jetzt die Unterhaltsbeträge, die Väter für ihre Kinder zahlen, die tatsächlichen Bedürfnisse der Kinder nicht decken. So stellt auch der Bundesgerichtshof in seiner Rechtsprechung klar, dass betreuende Mütter die Deckungslücke aus eigenen Mitteln schließen müssen, weil leistungsfähige Väter mit dem nach der Düsseldorfer Tabelle zu bemessenden Betrag zu wenig Unterhalt leisten. Einen finanziellen Beitrag leisten die hauptsächlich betreuenden Mütter also bereits jetzt. Eine weitere Entlastung von mitbetreuenden Vätern würde insofern zu größerer Ungleichverteilung der Lasten führen – und ganz maßgeblich auch negative Auswirkungen auf den Lebensstandard der betroffenen Kinder bewirken. Ein Reformprojekt im Unterhaltsrecht, das modernen Familienformen gerecht wird, muss alle Formen der Unterhaltsbeiträge (Barunterhalt, Naturalunterhalt, Care) berücksichtigen.

Abgesehen davon hätten die Reformpläne die größten Auswirkungen bei wirtschaftlich leistungsfähigen Eltern, bei Geringverdienenden hingegen kaum. Damit betreffen sie einen verhältnismäßig kleinen Teil von Trennungsfamilien. Es ist nicht nachvollziehbar, warum sich der Justizminister nicht mit aller Kraft den Nöten von schätzungsweise Dreiviertel der Trennungskinder widmet, die nicht einmal den Mindestunterhalt bekommen und deren alleinerziehende Elternteile neben der Betreuung auch die finanziellen Lasten tragen. Alljährlich stellt die Politik fest, dass alleinerziehende Mütter zu den Ärmsten im Lande gehören. Diesen Missstand zu beseitigen, sollte leitend sein für die Vorhaben der Ampel im Familien- und Sozialrecht.

Der Ansatz, kindbezogene Care-Arbeit adäquat zu würdigen, geht in die richtige Richtung. „Wie bei der Diskussion um Umgangsmodelle setzt die vermeintliche Gleichstellung erst nach der Trennung allerdings zu spät an. Bereits in Zeiten intakter Partnerschaften müssen Anreize gesetzt werden, dass beide Elternteile die Betreuung ihrer Kinder übernehmen. Einen Fehlanreiz setzt hier nach wie vor beispielsweise das Ehegattensplitting“, so Dr. Anna Lena Göttsche, Vorsitzende der Kommission Zivil-, Familien- und Erbrecht, Recht anderer Lebensgemeinschaften des djb.

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