Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und der ADAC e.V. haben daher gemeinsam das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) beauftragt, erstmals den Umfang des kommunalen Verkehrsnetzes (Straße und ÖPNV) in ganz Deutschland sowie dessen baulichen Zustand vollumfänglich zu erheben. Daraus wurden dann im Rahmen der Studie die notwendigen Bedarfe für Nachhol- und Ersatzinvestitionen ermittelt sowie der zusätzliche Investitionsbedarf in kommunalen Verkehrsnetzen bis 2030 für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor abgeschätzt.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
- Der Investitionsbedarf für Erhalt und Erweiterung von Schienennetzen und Straßen in Städten, Landkreisen und Gemeinden bis 2030 beträgt insgesamt rund 372 Milliarden Euro.
- Die Straßen weisen insgesamt eine Länge von knapp 714.000 km aus.
- Die Länge der Straßenbrücken in Kommunen beträgt rund 3.600 km und die der kommunalen Straßentunnel knapp 1.400 km.
- Die Länge der U-Bahn-Gleise beträgt rund 900 km und die der Straßenbahnen 6.320 km, davon verlaufen 451 km Gleise unterirdisch.
- Ein Drittel der Kommunen bewertet den Zustand ihrer bestehenden Streckennetze für alle Verkehrsträger mindestens mit „gut“.
- Ein Drittel der Straßen weist größere Mängel auf.
- Fast jede zweite Straßenbrücke in den Kommunen ist in keinem guten Zustand, ebenso wie die ÖPNV-Netze.
- Die ÖPNV-Brücken und -Tunnel sind im Vergleich besser erhalten: Etwa zwei Drittel davon sind neuwertig oder in einem guten Zustand.
- Mit rund 283 Milliarden Euro entfällt der deutlich größte Teil auf den Nachhol- und Ersatzbedarf bei der Straßenverkehrsinfrastruktur der Kommunen.
- Bei der ÖPNV-Infrastruktur lässt sich der Nachhol- und Ersatzbedarf bis zum Jahr 2030 auf 64 Mrd. Euro beziffern.
- Der größte Teil der voraussichtlich erforderlichen Investitionen im ÖPNV entfällt auf U-Bahn- sowie Stadt-/Straßenbahnstrecken in Tunnellage.
BAUINDUSTRIE-Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller: „Wir reden über wesentliche Grundbedürfnisse, über die Mobilität von Bürgerinnen und Bürgern, Verbindung von Stadt und Land. Eine gesunde Verkehrsinfrastruktur ist essenziel für unsere Gesellschaft und Wirtschaft. Wir brauchen deshalb einen Verkehrsplan für Deutschland, der nicht in Legislaturperioden und regionalen Zuständigkeiten denkt, sondern den flächendeckenden Verkehr ermöglicht. Die Bauindustrie und ihre mittelständischen Unternehmen sind lokal und regional vor Ort, haben das Know-how und die Kapazitäten, um die politischen und gesellschaftlichen Ziele umzusetzen. Wir bauen Brücken und Straßen, Wasserstraßen, die Verkehrs-, Klima und Mobilitätswende – wenn man uns bauen lässt. Deshalb brauchen wir Planungs- UND Projektbeschleunigung, die nicht bei Genehmigungs- und Planungsverfahren aufhören. Wir brauchen Partnerschaftsmodelle, flexibles Vergaberecht – also weg von der ausschließlichen Klein-Kein- Vergabe, hin zu einer Vielfalt an Vergabemodellen, wenn wir zügiger und produktiver werden wollen.“
VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff: „Die vorliegenden Studienergebnisse zeigen ein alarmierendes Bild des Zustands der kommunalen Verkehrsinfrastruktur. Die städtischen ÖPNV-Netze sind vom Umfang her wesentlich kleiner als die kommunalen Straßennetze. Von daher sind die Ergebnisse von Straße und ÖPNV in ihrer Brisanz durchaus vergleichbar. Wir haben als VDV immer betont, dass der angestrebte Fahrgastzuwachs und die Verlagerung auf den ÖPNV vor allem dann nachhaltig funktioniert, wenn das Angebot für die Menschen attraktiv genug ist. Dazu gehört neben dem nötigen Ausbau des Angebots vor allem eine gute und leistungsfähige Infrastruktur. Für Investitionen in die ÖPNV-Netze gibt es ein gut funktionierendes Bundesprogramm, das sog. Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG), bei dem wir gerade einen massiven Hochlauf an angemeldeten Projekten sehen. Die jährlichen GVFG-Fördermittel werden daher ab 2025 nicht mehr ausreichen, so dass wir hier eine Erhöhung von 2 auf zunächst 3 Milliarden Euro jährlich für geboten halten.“
Leiter ADAC-Ressort Verkehr, Stefan Gerwens: „Jeder unserer Wege beginnt und endet auf kommunalen Verkehrsnetzen, egal ob wir als Fußgänger, Radfahrer, mit Bus und Bahn oder im Auto unterwegs sind. Auch die Ver- und Entsorgung per Lkw oder die Erreichbarkeit für Rettungskräfte hängt davon ab, dass kommunale Verkehrswege und Brücken intakt sind. Ein guter Zustand von Straßen ist außerdem für die Verkehrssicherheit entscheidend, denn Schlaglöcher stellen für jeden Zweiradfahrer ein erhebliches Sturzrisiko dar und sind nicht nur eine Frage des Komforts. Die Studie zeigt, erhebliche Investitionen in den Erhalt von Straßen und insbesondere Brücken sind dringend geboten, denn der Nachhol- und Ersatzbedarf ist hier enorm. Es geht nicht allein darum, Mobilität dauerhaft zu gewährleisten, sondern sie auch nachhaltig weiterzuentwickeln, also insbesondere für Fußgänger und Radfahrer attraktiver und sicherer zu machen. Die Kommunen sollten mit Unterstützung der Länder die Modernisierung der kommunalen Verkehrsnetze bei Straße und Schiene aktiv angehen, also den Zustand verbessern und in Anpassungen investieren.“
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