Bilanzsumme sinkt um 3,2% auf 151,3 Mrd. €
Die Bilanzsumme der Mitgliedsinstitute des SGVHT ist zum 30. Juni 2023 um 5,0 Mrd. € bzw. 3,2% auf 151,3 Mrd. € gesunken. Ein guter Teil dieses Rückganges entfiel auf das Interbankengeschäft, das von den Sparkassen im Berichtszeitraum deutlich zurückgefahren wurde. Das Kundengeschäft verlief auf der Passiv- und der Aktivseite uneinheitlich. Während die Bestände im Einlagengeschäft um 2,8 Mrd. € bzw. 2,3% auf 118,4 Mrd. € sanken, legten sie bei den Krediten insgesamt um 0,5 Mrd. € bzw. 0,6% auf 93,3 Mrd. € zu. Im Firmenkundenkreditgeschäft schlug sogar ein Wachstum von 0,6 Mrd. € bzw. 1,2% zu Buche. „Zwar lag dieses Plus dort niedriger als im Vorjahreszeitraum mit 3,3%. Angesichts des derzeit fehlenden realwirtschaftlichen Rückenwindes ist aber auch dieses Wachstum alles andere als selbstverständlich, zumal das Firmenkundenkreditgeschäft bei unseren Sparkassen auch im ersten Halbjahr 2023 wieder über alle Laufzeitenbänder hinweg dynamisch verlaufen ist“, betonte Reuß.
Kreditbestände im Privatkundengeschäft weitgehend stabil
Während im Kreditgeschäft mit öffentlichen Kunden ebenfalls ein leichtes Plus verbucht werden konnte (+ 0,8%), blieb es bei den Privatkunden praktisch stabil. Dort gingen die Kreditbestände um 0,1 Mrd. € bzw. 0,3% auf 38,8 Mrd. € zurück. Bei den Immobilienfinanzierungen konnte mit -0,1% weitgehend das Niveau des Vorjahreszeitraums gehalten werden. „In der Baufinanzierung haben sich zwei Entwicklungen praktisch neutralisiert: Zum einen sind die Darlehenszusagen deutlich zurückgegangen. Das gilt aber auch für die Tilgungen und Sondertilgungen, die sich grundsätzlich bestandsmindernd auswirken. In der Summe präsentieren sich damit die Kreditbestände unserer Sparkassen trotz des eingebrochenen Neukreditgeschäfts weiterhin stabil“, hob Reuß hervor.
Strukturkrise im Wohnungsbau spiegelt sich im Neukreditgeschäft
Der Einbruch bei den Neufinanzierungen hatte sich bereits im letzten Quartal 2022 deutlich abgezeichnet und dann in den Folgemonaten noch verstärkt. Die Darlehenszusagen der Sparkassen in Hessen und Thüringen sind im ersten Halbjahr 2023 über alle Kundensegmente hinweg um etwa 40% auf 5,5 Mrd. € gesunken. Bei den Firmenkrediten schlug ein Minus von knapp 30% zu Buche. Der Schwerpunkt des Rückgangs lag aber bei den Privatkrediten und hier insbesondere bei den Immobilienfinanzierungen, bei denen im Berichtszeitraum über 57% weniger Zusagen erfolgten. „Diese Entwicklung ist eng mit der aktuellen Strukturkrise des Wohnungsbausektors verbunden. Wegen der exorbitanten Immobilienpreise und hohen Baukosten, der gestiegenen Zinsen und des zu geringen Angebots an bezahlbarem Bauland ist die Nachfrage nach Wohneigentum praktisch zum Erliegen gekommen. Zwar haben sich die Immobilienpreise inzwischen vielerorts wieder etwas nach unten bewegt. Viele Menschen halten sich aber weiterhin mit dem Kauf oder Bau von Häusern oder Wohnungen zurück, weil sie auf weiter sinkende Preise hoffen oder sich Wohneigentum schlichtweg nicht mehr leisten können“, erklärte Reuß.
Kundenverbindlichkeiten rückläufig
Auf der Passivseite der Bilanz ist der Einlagenbestand der Sparkassen im ersten Halbjahr 2023 um 2,8 Mrd. € bzw. 2,3% zurückgegangen. Mit insgesamt 118,4 Mrd. € liegt er aber weiterhin auf einem überdurchschnittlich hohen Niveau. Neben dem deutlich angezogenen Wertpapiergeschäft nannte Reuß für den Rückgang noch weitere Gründe: „Viele Menschen möchten nach der erzwungenen Verzichtphase der Corona-Pandemie endlich wieder ausgehen, feiern oder Urlaub machen. Sie geben für diese Zwecke viel Geld aus. Das hat sich im ersten Halbjahr bei den Sparguthaben ausgewirkt. Einen ähnlichen Effekt hatten die hohen Nachzahlungen für Energielieferungen und die Folgen der allgemeinen Teuerung.“
Präferenz für längerfristige Einlageformen
Dagegen spielen Verlagerungen zur Konkurrenz bislang nur eine untergeordnete Rolle. „In der Regel bewegen sich die Zinssätze im Neugeschäft für Spareinlagen und Tagesgeld noch auf einem niedrigen Niveau – und zwar über alle Bankengruppen hinweg. Das ist gerade im kurzfristigen Bereich betriebswirtschaftlich auch geboten. Nach den langen Jahren der Dauerniedrigzinsphase müssen Banken und Sparkassen eine Normalisierung der Zinskurve anstreben. Und Normalisierung bedeutet eben, dass für kurzfristig angelegtes Geld niedrige Zinsen und für langfristig angelegtes Geld höhere Zinsen gezahlt werden. Bei Laufzeiten von über einem Jahr gibt es auch bei den Sparkassen inzwischen wieder attraktive Zinsangebote, die von unseren Kundinnen und Kunden auch gut angenommen werden“, hob Reuß hervor. Das spiegelte sich auch in den Halbjahreszahlen wider. Während Spareinlagen und Täglich Fällige Gelder jeweils um gut 7% zurückgingen, konnten Termingelder und Eigenemissionen um 107,5% bzw. 65,8% zulegen.
Kundenwertpapiergeschäft zieht an
Auch im Kundenwertpapiergeschäft der Sparkassen hat sich die Zinswende spürbar ausgewirkt. Die Wertpapierkäufe stiegen insgesamt um 16,4%. Nutznießer dieser Entwicklung waren insbesondere die festverzinslichen Wertpapiere. Während die Käufe bei Aktien und Fonds um gut 40% bzw. gut 30% zurückgingen, verdreifachten sie sich in diesem Segment fast. Die Wertpapierverkäufe gingen um 9,1% zurück. In der Summe hat sich bei den Sparkassen der Nettoabsatz als Saldo von Käufen und Verkäufen um 69,5% auf 2,7 Mrd. € erhöht. Der Umsatz mit Kunden verbesserte sich um 6,2% auf 8,7 Mrd. €.
Die Sparkassen in Hessen und Thüringen haben auch im ersten Halbjahr 2023 ihre Eigenmittel wieder aufgestockt, nämlich um 0,8% auf 14,5 Mrd. €. Davon entfielen 13,7 Mrd. € auf das Kernkapital. Zum 30. Juni 2023 lag die Gesamtkapitalquote bei 18,4% und die Kernkapitalquote bei 17,4%.
Ertragsprognose 2023: Zinsüberschuss pusht Betriebsergebnis Für das laufende Jahr rechnet der Verband damit, dass das Betriebsergebnis vor Bewertung der Mitgliedssparkassen mit knapp 1,5 Mrd. € um fast 28% höher als im Vorjahr liegen wird. Verantwortlich für dieses deutliche Plus ist in erster Linie der Zinsüberschuss, für den das Prognosesystem ein Wachstum von über 22% signalisiert. „Auch wenn drei Viertel dieses Zuwachses auf das Zinsergebnis aus Derivaten entfallen, zeigt das doch ganz klar, welche Bedeutung die Rückkehr in eine normale Zinswelt gerade für Kreditinstitute wie die Sparkassen hat, bei denen die Fristentransformation traditionell im Mittelpunkt ihres Geschäftsmodells steht“, unterstrich Reuß. Auch der Provisionsüberschuss wird sich auf Jahressicht verbessern. Beim Verwaltungsaufwand wird sich dagegen die Inflation in diesem Jahr deutlich als Kostentreiber bemerkbar machen.
Normalisierter Wertberichtigungsbedarf bei den Wertpapieren
Im Gegensatz zu 2022 stehen die Zeichen im laufenden Jahr gut, dass die Sparkassen ihr Ergebnis auch nach Bewertung ins Ziel bringen werden. Laut Prognosesystem wird es sich von -141 Mio. € auf +1,4 Mrd. € verbessern. Verantwortlich für dieses deutliche Plus ist in erster Linie das Bewertungsergebnis im Wertpapiergeschäft. Im vergangenen Jahr hatten die Sparkassen die im Zuge der schnell und abrupt vollzogenen Zinswende an den Anleihemärkten entstandenen Kursverluste bei ihren Eigenanlagen trotz ihres temporären Charakters ganz überwiegend als Buchwertkorrekturen abgebildet. Dadurch hatten sich die Abschreibungen im Wertpapierbereich insgesamt auf knapp 1,3 Mrd. € erhöht.
„Im laufenden Jahr ist die Kursentwicklung bei den Anleihen trotz der weiteren Zinsschritte der EZB wie erwartet bislang ruhiger abgelaufen. Das führt entsprechend zu einer Normalisierung des Wertberichtigungsbedarfs. Für 2023 gehen wir laut Prognosesystem von Zuschreibungen von rund 160 Mio. € aus. Zuschreibungen in dieser Größenordnung statt Abschreibungen von 1,3 Mrd. € – das ist schon ein gewaltiger Unterschied, der sich entsprechend positiv im Betriebsergebnis nach Bewertung niederschlägt“, führte Reuß aus.
Weiter keine besonderen Auffälligkeiten bei Kreditrisikovorsorge
Die Risikovorsorge im Kreditgeschäft wird sich bei den Sparkassen in Hessen und Thüringen auch 2023 voraussichtlich wieder in Grenzen halten. Zwar ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen seit August 2022 bundesweit kontinuierlich gestiegen. „Unsere Institute haben deshalb auch im Stile vorsichtiger Kaufleute die entsprechende Vorsorge erhöht, nämlich von 13 Mio. € auf rund 180 Mio. €. Wir nehmen das Thema ernst, auch wenn es bei den Kreditausfällen bei unseren Sparkassen weiterhin keine besonderen Auffälligkeiten gibt“, schloss Reuß.
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