Am 06.07.2023 hat ein Airbus A321 den geplanten Flug nach Istanbul kurz nach dem Start abgebrochen und ist nach Hamburg zurückgekehrt. Grund war eine Rauchmeldung aus dem Frachtraum. Eine technische Inspektion konnte keine klare Ursache finden. Vermutet wurde, dass Wasserdampf erhitzter Speisen aus den Öfen ausgetreten wäre. Es wurde daher festgelegt, den Flug mit inaktiven Öfen fortzusetzen. Die Analyse ist vermutlich falsch, weil Wasserdampf aus Speisen nicht in so großer Menge auftritt und daher nicht in der Lage ist, Rauchmelder im Frachtraum auszulösen. Wahrscheinlicher ist ein kurzzeitiger Ölaustritt im Triebwerk. Das Öl kann über die Zapfluft aus dem Triebwerk in die Kabine gelangen. Rauch in der Kabine oder dem Frachtraum kann durch die Belüftung des Druckrumpfes in etwa 15 Minuten wieder herausgetragen werden, wenn Rauch nicht laufend neu freigesetzt wird. Das wiederkehrende Problem der Kabinenluftkontamination sollte endlich grundlegend gelöst werden, statt einen Vorfall nach dem anderen schönzureden.

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Turkish Airlines, Airbus A321-231, 12 Jahre alt, Kennung: TC-JRR im Design der Star Alliance.

Flug: TK-1668 von Hamburg (HAM) nach Istanbul (ISL), Entfernung: 1960 km.

164 Personen an Bord davon 156 Passagiere (diese erfordern mindestens 4 Flugbegleiter:innen).

Start am 06.07.2023, um 05:43 UTC (07:43 lokal) auf der Bahn 23 (Richtung Südwesten).

Steigflug abgebrochen um 05:45 UTC (nach etwa 2 Minuten) in 4000 ft (1200 m) wegen einer Rauchwarnung aus dem Frachtraum.

Landung auf der Bahn 23 um 06:02 UTC (nach etwa 19 Minuten).

Das Flugzeug wurde auf einer Rollbahn abgestellt und eine große Nottreppe an das Flugzeug herangerollt.

Ein Großaufgebot von Einsatzkräften und Fahrzeugen war am Flugzeug.

Das Flugzeug wurde über die Treppe evakuiert. Die Passagiere wurden mit zwei Bussen zum Terminal gebracht.

Menschen wurden nicht verletzt.

Die Feuerwehr prüfte den Frachtraum.

Ein Sprecher von Turkish Airlines bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass der Airbus A321 aufgrund eines "technischen Problems" umdrehte und wieder in Hamburg landen musste. Aus einem Ofen, in dem Speisen aufgewärmt werden, sei Rauch ausgetreten.

Den Angaben der Flughafensprecherin zufolge musste nicht gelöscht werden.

Das gemeldete Feuer im Frachtraum stellte sich nach der Überprüfung als Wasserdampf heraus. Dieser wurde von dem Warmhaltesystem für das Essen ausgelöst. Temperaturmessungen ergaben eine Temperatur von rund 60 °C [?] im Inneren des Flugzeuges. (Merkur.de)

Der Hamburger Flughafen wurde vorübergehend für den Flugverkehr gesperrt. (MoPo.de, nonstopnews.de)

Anders hier: Einfluss auf die geplanten Starts und Landungen hatte der Einsatz nicht. "Der Flugverkehr in Hamburg war und ist nicht beeinträchtigt", sagte die Sprecherin von Hamburg Airport.

Und weiter: "Es habe sich dabei eindeutig um eine Sicherheitslandung und nicht um eine Notlandung gehandelt. Davon spricht man, wenn keine akute Notlage vorliegt."

Nach der technischen Inspektion wurde nach Angaben des Airline-Sprechers beschlossen, den Flug mit inaktiven Öfen fortzusetzen.

Noch am Mittag [um 10:46 UTC] konnte das Flugzeug erneut Richtung Istanbul abheben. Die Landung erfolgte in Istanbul um 13:41 UTC nach 2:55 Stunden.

Quelle: Zeit.de / DPA

Hamburg Airport verweist auf Turkish Airlines für weitere Informationen.
Eine kurze Darstellung gibt es auf Aviation Herald.

Hintergrund und Kommentar

Passen die Angaben logisch zusammen? Eher nicht. Warum nicht? Einfach nur schlechter Journalismus? Die Angaben passen deshalb nicht zusammen, weil diejenigen, die die Medien unterrichten (verständlicherweise) ihre (harmlose) Version der Geschichte verbreiten wollen. Weiterhin werden die technischen Zusammenhänge nicht vollständig verstanden und daher wahrscheinlich falsche Erklärungen verbreitet. Erklärungen werden als notwendig angesehen, weil die Öffentlichkeit Erklärungen verlangt. Sich nicht zu erklären ist also auch keine Lösung.

So würden die Sachverhalte besser zusammenpassen:
Alle Passagierflugzeuge (bis auf die B787) haben das Problem, dass die Luft für die Kabine aus den Verdichtern der Triebwerke oder von der APU (Gasturbine im Heck) entnommen wird. Hier kann es zu einem Eintrag von Öl in die Luft für die Kabine kommen. So etwas passiert regelmäßig. Genaue Zahlenangaben sind dazu nicht möglich, weil keine Sensoren an Bord sind und Verunreinigungen daher nur in schwereren Fällen bemerkt werden. Es wird geschätzt, dass ein Flug von 2000 Flügen eine deutlich wahrnehmbare Kabinenluftkontamination zeigt. Kabinenluftkontamination war gerade auch Thema der 2023 International Aircraft Cabin Air Conference. Die Ergebnisse der entsprechenden Konferenzen der Jahre 2017, 2019 und 2021 sind hier abgelegt, mit u. a. dieser technischen Darstellung der Problematik (PDF).

Öl in der Menge eines Esslöffels kann ausreichen, um in wenigen Minuten eine Kabine mit Rauch zu füllen. Fehler können sich langsam entwickeln und sich dann durch stärkere Belastungen (wie beim Start) manifestieren. Die Luft wird aus der Kabine über Schlitze zwischen Wand und Boden in den Frachtraum geführt. So kann auch Rauch aus der Kabine in den Frachtraum gelangen. Dort befinden sich Rauchmelder, die die Rauchwarnung im Cockpit zur Anzeige bringen. Die Sensoren im Frachtraum zeigen Rauch an, der aber – wie in diesem Fall – den Ursprung nicht im Frachtraum haben muss.

Geruch oder Rauch in der Kabine wird oft "Fume Event" genannt. Besser ist die Bezeichnung "Cabin Air Contamination Event" (CACE), die sich langsam durchsetzt.

Für Geruch oder Rauch in der Kabine gibt es natürlich viele Ursachen. Eine Kontamination im Zusammenhang mit der Elektrik des Flugzeugs ist die am häufigsten dokumentierte Ursache (37 %). Die Kombination aus Zapfluft vom Triebwerksverdichter, Triebwerksöl und Hydraulikflüssigkeit stellte die am zweithäufigsten dokumentierte Ursache dar (26 %) (aus: Sources of Onboard Fumes and Smoke Reported by U.S. Airlines). Es ist nicht das erste Mal, dass ein großes Passagierflugzeug eine Sicherheitslandung macht, weil die Rauchmelder im Frachtraum angeschlagen haben und am Boden kein Brandherd gefunden wird, jedoch am Ende eine fehlerhafte Dichtung im Triebwerk als Ursache gefunden wird. Siehe z. B. hier (Seite 5): 22.08.2019, Hawaiian Airlines, A321neo, N218HA, Oakland nach Honolulu, Flug HA47.

Die Piloten haben nach der Rauchmeldung aus dem Frachtraum und gemäß Checkliste richtig reagiert und den Flug abgebrochen: Solange die Ursache des Rauchs nicht bekannt ist, muss von einem Feuer ausgegangen werden. Das bedeutet: LAND ASAP (land as soon as possible). In der Kabine sind keine Rauchmelder verbaut, weil Rauch dort von der Crew beobachtet werden kann. Unbekannt ist, ob die Kabinenbesatzung den Piloten ebenfalls Rauch gemeldet hat. Wenn die Rauchmelder im Frachtraum auslösen, weil Rauch aus der Kabine kommt, dann sollte auch die Kabinenbesatzung Grund haben, dies im Cockpit zu melden. Reagieren Piloten eher auf objektive Sensoren als auf eine Beurteilung aus der Kabine? Haben evtl. beide Informationen vorgelegen, wobei man sich aber nur auf die objektiven Rauchmelder beruft?

Ob eine Luftnotlage vorliegt oder nicht, entscheidet sich nicht nach einer Beurteilung der Umstände nachträglich, sondern nach der unmittelbaren Einschätzung durch die Piloten und die entsprechende Darstellung im Funk. Eine Luftnotlage wird mit der Sprechgruppe "Mayday Mayday Mayday" eingeleitet. Der Transponder wird dazu auf 7700 eingestellt. Wird hingegen die Sprechgruppe "Pan-Pan Pan-Pan Pan-Pan" gewählt, dann geben die Piloten eine Dinglichkeitsmeldung durch. Das wird hier der Fall gewesen sein, weil das Flugzeug nicht in unmittelbarer Gefahr war, sondern sich eine unmittelbare Gefahr erst abzeichnet. Dafür spricht auch der Transponder, der über den gesamten Flug auf 7624 eingestellt war. In beiden Fällen wird die Flugsicherung den Luftraum für das betroffene Flugzeug frei machen, um die sofortige Landung vor allen anderen Flugzeugen zu ermöglichen.

Wenn der Öleintrag nur kurz ist (statt bis auf Weiteres kontinuierlich), dann kann durch die Kabinenbelüftung der Rauch in 15 Minuten bis 20 Minuten fast vollständig (in dieser Zeit bis auf 1 %) aus der Kabine ausgewaschen werden. Nach der Rauchwarnung und der Entscheidung zum Flugabbruch blieben hier noch 17 Minuten Flugzeit bis zur Landung. Das wäre also ausreichend, um mit einer Kabine ohne Rauch zu landen.

Die Untersuchung der Frachträume nach der Landung bleibt ohne Befund. Die Untersuchung der Öfen nach der Landung bleibt ebenfalls ohne Befund. Nicht nur, dass nicht gelöscht werden muss, es werden noch nicht einmal verbrannte Reste gefunden, die den Rauch verursacht haben könnten. Daher wird die Erklärung abgegeben, dass der Rauchmelder durch Wasserdampf aus dem Warmhaltesystem der Speisen ausgelöst wurde. Unwahrscheinlich, weil der Rauchmelder (beim gängigen ionisierenden Bauprinzip) nur auf die Partikel im Rauch reagiert. Weiterhin wird die Wassermenge in den Speisen nicht ausreichen, um in der gesamten Kabine einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Was es gibt, ist die Kondensation von feuchter, warmer Kabinenluft (kurz nach dem Einsteigen bei entsprechenden Wetterbedingungen, die hier nicht vorlagen) an der kalten Luft aus der Klimaanlage. Auch diese Dampfbildung – obwohl recht eindrucksvoll – reicht nicht aus, um Rauchmelder im Frachtraum auszulösen (s. o.). Daher wird die Feuchtigkeit aus Speisen in keiner Weise reichen, um Rauchmelder auszulösen.

Wenn ein Ofen die Ursache gewesen sein sollte, dann müsste sich das auch mit den Aussagen der Kabinenbesatzung decken. Das bleibt hier unklar. Ob es sich um Öl oder Wasserdampf handelt, kann durch Beobachtung leicht unterschieden werden. Dazu müssen Crew und Passagiere befragt werden. Rauch aus Triebwerksöl wird u. a. mit "dreckige Socken" oder "nasser Hund" beschrieben und kann bei höherer Konzentration irritierend für Augen und Atmung sein (von gesundheitlichen akuten und chronischen Schäden einmal abgesehen).

Nach so einem Vorfall kann der Flug mit der gleichen Maschine natürlich nur fortgesetzt werden, wenn die Ursache gefunden und abgestellt wurde. Die angewandte Logik hier: Ein Ofen wurde als Ursache identifiziert und die Öfen wurden abgeschaltet. Daher kann der Flug im zweiten Anlauf angeblich gefahrlos durchgeführt werden. Ja, so wird in der Praxis vorgegangen. Dazu ein anderes Beispiel: Wenn ein Computer im Flug ein unerklärliches temporäres Fehlerverhalten zeigt, dann wird der Computer gewechselt und das Flugzeug weiter betrieben. Wartungsspezialisten können sich dann später in Ruhe darum kümmern, den eigentlichen Grund des Fehlers zu suchen. Grauzone. In diesem Fall hier von Turkish Airlines müsste sich die Wartung eingestehen, dass die Ursache des Fehlers nicht gefunden wurde. Daher war die unmittelbare Freigabe der A321 falsch. Ein Triebwerkslauf wäre zumindest sinnvoll gewesen. Belegt ist (durch einen aktuellen Vortrag), dass Flugzeuge nach Kabinenluftkontamination zu schnell wieder in die Luft gebracht werden. Das kann dann eine erneute Kontamination beim folgenden Flug nach sich ziehen. Die Airline nimmt dann eine mögliche gesundheitliche Schädigung von Passagieren und Crew hin.

Das Flugzeug nach diesem Vorfall freizugeben zum Flug, basierend auf einer eher windigen Analyse und "Reparatur" hat wohl mehr wirtschaftliche Gründe als technische. Weiterhin wäre es Aufgabe der Airline gewesen, die Passagiere korrekt darüber aufzuklären, welchen Stoffen sie ausgesetzt waren oder hätten ausgesetzt sein können: Wasserdampf, Rauch durch verbranntes Essen oder pyrolisiertes Triebwerksöl mit gesundheitsschädlichen Additiven. Eines ist durch die Meldungen deutlich zu erkennen: Die Tendenz, den Vorfall als eine etwas ärgerliche Bagatelle abzutun. Back to Business. Aber egal, was es war: Sollte es nicht so sein, dass ein Flugzeug so funktioniert, wie es vorgesehen ist? Ein Flugzeug sollte zuverlässig von A nach B fliegen. Wenn das nicht der Fall ist, dann muss man sich darüber Gedanken machen und dafür sorgen, dass dergleichen nicht wieder vorkommt. Muss das Essen in Zukunft anders aufgewärmt werden? Müssen die Öfen vor jedem Start sicher abgeschaltet werden? Oder sollte man dann doch endlich einmal der Frage lösungsorientiert nachgehen, wie die Kontamination von Kabinenluft zu vermeiden ist, statt einen Vorfall nach dem anderen schönzureden oder nur Forschung zu fördern, die zeigen soll, dass hier kein Problem vorliegt. Siehe hier und hier archiviert.

Für die Airlines ist ein nicht korrekt funktionierendes Flugzeug ärgerlich und ein Kostenfaktor. Die Triebwerkshersteller bauen Triebwerke, die Luft vom Verdichter für die Kabinenbelüftung bereitstellen, weil es vom Flugzeughersteller so gefordert wird. Der Flugzeughersteller fordert es so, weil es die preiswerteste Variante ist, die technische Aufgabe der Kabinenbelüftung zu lösen. Die Airline will möglichst wenig für das Flugzeug und den Betrieb bezahlten. Die Passagiere möchten möglichst preiswert fliegen. Diese Argumentationskette ist bekannt. Es ist immer das gleiche, egal ob Kabinenluftkontamination, Umweltbelastung durch Flugzeuge oder die Anzahl der Anstellwinkelsensoren.

Wenn der Markt es nicht selbst regelt, müssen Vorschriften her. Die gibt es aber für die Kabinenluft bereits. Sie werden aber nicht konsequent angewandt, weil es Geld kosten würde sie anzuwenden. Da sind sich dann wieder alle einig: Vorschriften sollten nicht so genau ausgelegt werden, wenn es Geld kostet.

Die Umstände lassen vermuten, dass es sich hier im konkreten Fall eher um Unwissenheit als um Vorsatz handelt. Daraus lässt sich die Forderung ableiten, dass die Aufklärung über das Problem der "Cabin Air Contamination Events" (CACE) in den Organisationen der Luftfahrt verbessert werden muss. Dies wurde gerade wieder auf der Aircraft Cabin Air Conference gefordert, basierend u. a. auf dieser Studie, die hier archiviert wurde.

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