Erwartete Zinspause dank Inflationsrückgang
Von 5,3 Prozent auf 4,3 Prozent im Euro-Raum und von 6,4 Prozent auf 4,3 Prozent in Deutschland – die Inflation sank im September im Vergleich zum Vormonat stärker als von vielen Experten erwartet. Auch die Kerninflation, die Energie- und Lebensmittelkosten nicht mit einbezieht, ist deutlich rückläufig. „Vor allem in Deutschland ist der Rückgang zu einem erheblichen Teil auf Basiseffekte wie etwa dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets im Vorjahresmonat zurückzuführen“, sagt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG. Er geht, wie zahlreiche andere Marktexperten ebenso, davon aus, dass die Inflation in der Euro-Zone auch in den kommenden Monaten weiter sinken wird. Eine Zinspause wird vor dem Hintergrund dieser Entwicklung bei der EZB-Sitzung am 26. Oktober 2023 immer wahrscheinlicher. Die Zentralbanker hatten den Leitzins seit Mitte 2022 insgesamt zehn Mal hintereinander angehoben. „Ich rechne aktuell damit, dass die EZB aufgrund der rückläufigen Inflation, der sich eintrübenden Konjunkturaussichten und der weltpolitischen Lage eine erste Zinspause einlegt“, so Michael Neumann. „Die EZB wird zunächst einmal weitere Daten und Entwicklungen abwarten wollen. Wenn die Inflation anhaltend sinkt und sich die wirtschaftliche Abkühlung fortsetzt, könnten wir aktuell den Höchststand der Leitzinsen gesehen haben.“ Mit einer raschen Zinssenkung rechnet der Zinsexperte von Dr. Klein jedoch nicht: „Ich gehe davon aus, dass wir uns für längere Zeit auf dem derzeitigen oder einem ähnlichen Zinsniveau bewegen werden. Eine substanzielle Zinssenkung im Jahr 2024 sehe ich derzeit nicht. Vielleicht gibt es ein oder zwei kleinere Schritte nach unten im späteren Verlauf des kommenden Jahres – um dem Markt ein symbolisches Signal zu senden.“
Bauzinsen auf neuem Jahreshoch
Die Baufinanzierungszinsen kletterten in der ersten Oktoberhälfte aufwärts und erreichten ein Niveau wie zuletzt 2011. Den Grund für diese Entwicklung sieht Neumann vor allem darin, dass sich am Markt die Erwartung durchgesetzt hat, die Notenbank werde das aktuelle Zinsniveau über einen längeren Zeitraum auf einem hohen Level halten. In der zweiten Monatshälfte sanken die Baufinanzierungszinsen leicht, was Neumann zufolge auch auf die aktuellen Entwicklungen im Nahost-Konflikt zurückzuführen ist. „Weltpolitische Krisen lassen Anleger in der Regel zurückhaltender und sicherheitsorientierter am Markt agieren. Die Eskalation im Gazastreifen hat dazu geführt, dass die Nachfrage nach Bundesanleihen als erste Reaktion gestiegen ist. Die Folge sind fallende Renditen für die Bundesanleihen und folglich auch für die Baufinanzierungszinsen.“ Der repräsentative Bestzins von Dr. Klein für eine 10-jährige Baufinanzierung beträgt aktuell 3,88 Prozent (Stand: 24.10.2023).
Potenzial für leichte Rücksetzer
Der EZB-Leitzins beeinflusst die Baufinanzierungszinsen zwar nur indirekt – ihre Entwicklung in den kommenden Wochen hängt Neumann zufolge dennoch vor allem von dem Ausblick ab, den die Notenbanken geben werden: „Das Szenario, dass eine kleine weitere Zinsanhebung folgen könnte, ist meines Erachtens aktuell am Markt eingepreist. Deuten die Notenbanken jedoch eine neutrale Haltung an, könnten die Zinsen tendenziell ein kleines Stück fallen. Ich rechne aktuell eher mit Potenzial für kleinere Rücksetzer.“ Zum Jahresende erwartet Neumann ein Zinsniveau um die 4 Prozent für ein Baufinanzierungsdarlehen mit einer 10-jährigen Zinsbindung.
Wohnungsbaugipfel: zu wenig Impulse für Neubau
Materialkosten auf Rekordniveau, gestiegene Zinsen sowie die Inflation machen der Baubranche aktuell schwer zu schaffen. Ein Umstand, der Kreise zieht: So lassen sich zahlreiche Bauvorhaben nicht realisieren, es fehlt an dringend benötigtem Wohnraum und schon manche Familie musste ihren Traum vom Eigenheim begraben oder zumindest verschieben. Für positive Signale und letztlich einen absehbaren Ausweg aus der Krise sollte der Wohnungsbaugipfel Ende September sorgen. Ein 14-Punkte-Maßnahmenpaket wurde beschlossen. Michael Neumann geht es nicht weit genug: „Das Hilfsprogramm der Bundesregierung ist nicht mehr als ein Anfang und meines Erachtens absolut nicht ausreichend. Positive Absichten für die energetische Modernisierung im Bestand sind gut und wichtig, aber sie müssen bezahlbar sein – und zwar für viele und nicht nur für Topverdiener. Auch die Anhebung der Obergrenzen beim KfW-Programm 300 ‚Wohneigentum für Familien‘ ist ein Schritt in die richtige Richtung – ich halte jedoch den Umfang des Fördertopfes nach wie vor für viel zu niedrig“, so Neumann. Vor allem mit Blick auf die Notsituation im Neubau ist der Experte von Dr. Klein kritisch: „Hier reichen die beabsichtigten Maßnahmen aus meiner Sicht bei Weitem nicht aus. Nach dem Motto ‚Alt für Jung‘ sollte es jungen Familien ermöglicht werden, Bestandsimmobilien zu kaufen und diese zu modernisieren. Doch weder die Zielgruppe noch die geförderten Maßnahmen und die mögliche Förderhöhe sind bislang festgelegt. Um dem Markt einen spürbaren und nachhaltigen Impuls zu geben, braucht es schnelle und direkt wirksame Lösungen. Die sehe ich aktuell nicht und wünsche mir hier effektivere politische Maßnahmen.“
Tendenz Baufinanzierungszinsen
Kurzfristig: seitwärts
Mittelfristig: seitwärts mit leichten Rücksetzern
Die Dr. Klein Privatkunden AG ist einer der größten Finanzdienstleister Deutschlands und bereits seit 1954 am Markt etabliert. Mit mehr als 700 Beraterinnen und Beratern in deutschlandweit rund 250 Büros hat das Unternehmen die meisten Standorte der Branche. Die Spezialisten von Dr. Klein beraten in den Bereichen Baufinanzierung, Versicherung und Ratenkredit.
Dr. Klein arbeitet mit über 600 Kredit- und Versicherungsinstituten zusammen und berät umfassend, anbieterneutral und kostenfrei. So erhalten die Kunden maßgeschneiderte Finanzierungen und günstige Konditionen. Dafür wird das Unternehmen immer wieder ausgezeichnet, zuletzt zum neunten Mal in Folge mit dem „Deutschen Fairness-Preis“. Dr. Klein ist eine 100%ige Tochter des an der Frankfurter Börse im SDAX gelisteten technologiebasierten Finanzdienstleisters Hypoport SE.
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