Die Retrospektive der Internationalen Filmfestspiele Berlin feiert 2024 unangepasste Protagonist*innen, eigenwillige Filmsprachen und unkonventionelle Produktionen der deutschen Filmgeschichte jenseits des Kanons. Die ca. 20 Filme aus dem Zeitraum zwischen 1960 und 2000 kommen aus den Beständen der Deutschen Kinemathek, wobei ein Großteil in der neuesten restaurierten Fassung gezeigt wird.

Dr. Rainer Rother, Leiter der Retrospektive und Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek: „Die Deutsche Kinemathek feiert 2023 ihr 60-jähriges Jubiläum. Dies war der Anlass, unsere Archive und Sammlungen mit neuen Fragen zu erkunden. Die Retrospektive ermöglicht 2024 einen konzentrierten Blick auf Filme unabhängiger und außergewöhnlicher Produktionen aus unseren Beständen, darunter Werke von Hellmuth Costard, Roland Klick, Elfi Mikesch und Frank Vogel. Wir möchten damit gleichzeitig ein Spotlight auf unsere kontinuierliche, international geschätzte Arbeit zum Erhalt des Filmerbes werfen.“

Mit dem weltweiten Aufkommen der jungen Filmbewegungen in den 1960er-Jahren probieren sich auch in Deutschland neue Akteur*innen auf verschiedenste Weise aus. Über den Wunsch nach einer persönlichen Zukunft abseits gesellschaftlicher Konformität, wie ihn Herbert Vesely in Das Brot der frühen Jahre (BRD 1962) als Leitmotiv ausstellt, wird in den Filmen der Retrospektive ebenso nachgedacht wie über das Verhältnis von Gesellschaft und Individuum. Dabei beziehen sich die Werke stets auf die außerfilmische Wirklichkeit und zeigen ein vielfältiges Deutschland in Ost und West zwischen 1960 und der Jahrtausendwende. Sie reflektieren die zeitgenössische gesamtdeutsche Gesellschaft aus alternativen Perspektiven. Die Filme abseits der Mainstream-Produktionen bieten andere Bilder des Landes und der Menschen an, erzählen eine andere, erweiterte Geschichte. Ihre Erzählungen sind verortet im Hier und Jetzt und visualisieren in zum Teil experimentellen Bildern gesellschaftliche Gegenentwürfe.

Die unkonventionelle, eigenständige Filmsprache der Retrospektive-Auswahl ist bezeichnend: mal distanziert-beobachtend oder opulent-ausgestellt, mal spielerisch-selbstironisch oder subjektiv-reflektierend. Oft gilt das, was die Regisseurin Pia Frankenberg als Martha in ihrem Spielfilmdebüt Nicht nichts ohne Dich (BRD 1985) formuliert: „Das Wichtigste in meinen Filmen ist die Atmosphäre.“ Die Filmauswahl der Retrospektive „Das andere Kino“ lädt dazu ein, die Vielstimmigkeit dieser breit gefächerten, kongenial filmisch umgesetzten Erfahrungswelten neu zu entdecken.

„Mit ‚Das andere Kino‘ bietet die Berlinale eine einzigartige Reise durch das deutsche Kino und die deutsche Geschichte. Die meisten der gezeigten Filme werden für unser Publikum neu sein und zusammen mit den uns bekannten Meisterwerken ein bewegendes Porträt eines Landes ergeben”, sagt Carlo Chatrian, der Künstlerische Leiter der Berlinale.

Die vollständige Filmauswahl des Programms wird im Dezember 2023 bekannt gegeben. Zur Retrospektive sind zudem Begleitveranstaltungen während der Berlinale geplant.

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