Im Anschluss an die Begrüssung der Kongressteilnehmenden durch FHB-Präsident Prof. Dr. Heinrich Köster erläuterte Dr. Michael Grömling vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) die Ursachen und Hintergründe für die aktuellen ökonomischen Schwierigkeiten. Deutschlands international stark verflochtene Wirtschaft stehe zwar unter Druck. Wie andere offene Industrienationen auch sei das Land aufgrund seiner engen Einbindung aber auch Störungen des Weltmarktes besonders ausgesetzt. Mitnichten aber der „kranke Mann Europas“, wie immer mal wieder behauptet werde. Krank sei die Gesamtlage der Weltwirtschaft, so der Konjunkturexperte. Aktuell habe Deutschland die Wirkung mehrere Schocks gleichzeitig zu verkraften. Zum Zeitpunkt des russischen Angriffs auf die Ukraine war seine Wirtschaft noch nicht wieder in einem stabilen Normalmodus angelangt. Hauptursache für den Rückwärtsgang in der deutschen Industrie seien geopolitische Verzerrungen seit dem Jahr 2018 (Zollstreit mit den USA), denen seitens der Politik nicht genügend Aufmerksamkeit beigemessen worden sei – und nicht nur die Probleme, die das Corona-Virus, der russische Angriff auf die Ukraine oder die Spannungen mit China ausgelöst haben.
Aktive, aber massvolle Impulse
Derzeit fehlten antizyklisch florierende Wirtschaftszweige, die in der Vergangenheit bei Krisen als Gegengewichte gewirkt hätten, wie zum Beispiel die Bauwirtschaft, in der es seit zwei Jahren ebenfalls krisele. Die Probleme der Welt (Bevölkerungswachstum und Urbanisierung) seien aber nicht mit Dienstleistungen zu lösen, sondern in erster Linie mit der Produktion von Investitionsgütern. Das IW empfiehlt der Wirtschaftspolitik aktive, aber massvolle Impulse, um die Kapitalbildung für neues Wachstum in zukunftsträchtigen Branchen zu fördern. Grömling warnte hier aber vor einem internationalen Subventionswettlauf. Benötigt würden v.a. Lösungen für die Transformation der Wirtschaft, auch um im Klimaschutz weiterzukommen.
Chance für wichtige Strukturreform der Holzbaurichtlinie nutzen
Ina Scharrenbach Ina Scharrenbach, amtierende Bauministerin von Nordrhein-Westfalen, nutzte den Kongress in Köln für einen Aufruf an die Holzbranche, dem Bauministerium umgehend einen Vergleich der deutschen Holzbaunormen mit den holzbaufreundlicheren Regeln Österreichs, der Schweiz und der Niederlande zu liefern. Die Ministerin zeigte sich besorgt, dass anderenfalls am Jahresende die neue Muster-Holzbaurichtlinie vorgestellt werde, in der weiterhin – und dann für viele Jahre – drinstehe, dass Holz im mehrgeschossigen Holzbau aus Gründen des Brandschutzes zu verkleiden sei, wofür sie selber wenig Verständnis habe. Die Branche müsse aktiv mithelfen, diese historische Chance für eine Reform der Richtlinie zu ergreifen. In der aktuell schwierigen Lage und einer sich vertiefenden Baukrise wäre es fatal, diese Chance nicht zu nutzen.
Mehr probieren – weniger diskutieren
Scharrenbach kündigte beim EBH-Kongress ebenfalls an, aktiv gegen die Flut an Baunormen angehen zu wollen, die sich teilweise widersprächen und darüber hinaus ein Treiber der Baukosten seien. Die Ministerin machte deutlich, dass es ihr auch um eine Entlastung der unteren Baugenehmigungsbehörden geht und dass es bis zum Ende der Legislatur (2027) dann keine Änderungen mehr geben solle, um allen Baubeteiligten Ruhe und Sicherheit in der Anwendung der geltenden Vorschriften zu verschaffen. Das möge dem einen oder anderen vielleicht zu disruptiv sein, ihr sei jedoch wichtig, dass in Deutschland wieder mehr probiert als diskutiert werde. Die grosse Herausforderung am Bau komme ja erst noch: der digitale Gebäudepass, der den CO2-Fussabdruck eines Gebäudes über seinen gesamten Lebenszyklus abbilde.
Neben weiteren spezifischen Fachthemen wie dem Bauen mit Raumzellen, der Gebäudeplanung mit BIM und zum Baurecht wurden beim EBH-Kongress auch wieder viele Bauprojekte vorgestellt. Eines davon ist das Aachener Zentrum für Holzbauforschung in Simmerath, welches Prof Thomas Uibel vorstellte. Im 1. Quartal 2024 soll die Forschung im dann grössten Holzlabor in NRW anlaufen. Den Kongress-Abschluss bildete ein Vortragsblock zum Zirkulären Bauen, der die Bedeutung der Rückgewinnung und Weiterverwendung von Baumaterialien beleuchtete, aber auch die Probleme dabei. Der Weg zu einer echten Kreislaufwirtschaft ist noch steinig, selbst für Holzmaterialien. FORUM HOLZBAU wird das Thema bei Folgekongressen erneut aufgreifen.
Der 17. EBH-Kongress in Köln ist auf den 16. und 17. Oktober 2024 terminiert.
FORUM HOLZBAU bzw. FORUM HOLZ ist eine gemeinsame Plattform der Aalto University School of Science and Technology Helsinki (FI), der Berner Fachhochschule (CH), der Technische Hochschule Rosenheim (DE), der Technischen Universität München (DE), der Technischen Universität Wien (AT) und der University of Northern British Columbia (CA). In Italien kooperiert man eng mit der Università di Trento. Ziel und Aufgabe des Vereins ist die Förderung des Einsatzes von Holz im Bauwesen, überschüssige Mittel werden im Sinne der Holzwirtschaft für die Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten von Studierenden eingesetzt.
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