Die Berufe der Energiewende boomen. Vor allem die Nachfrage nach Arbeitskräften der Solarbranche wächst seit 2019 kräftig, aber auch die Windbranche sucht händeringend nach Arbeitskräften. Engpässe drohen, weil der Bedarf an Dachdecker:innen und Techniker:innen deutlich ansteigt. Das zeigt eine Analyse des Jobmonitors der Bertelsmann Stiftung, für die rund 14 Millionen Online-Stellenanzeigen der Jahre 2019 bis Juni 2023 ausgewertet wurden.  

Die von der Politik gesteckten Ziele für die Nutzung erneuerbarer Energien sind ambitioniert. Im Jahr 2030 sollen Photovoltaikanlagen 215 Gigawatt Strom produzieren. Im Sommer 2023 sind allerdings nicht mehr als 74,1 Gigawatt erreicht. Die Beschäftigtenzahlen in Energieberufen steigen zwar bereits deutlich. Um die Wende zu sicherer und sauberer Energie in absehbarer Zeit zu erreichen, braucht es aber noch in diesem Jahrzehnt mindestens 300.000 Fachkräfte. Wo derzeit Personal gesucht wird, zeigt die Analyse des Jobmonitors der Bertelsmann Stiftung. 

Vor allem im Solarbereich wird händeringend gesucht 

Insgesamt ist die Nachfrage nach Beschäftigten in den Branchen Wind und Solar zwischen 2019 und 2022 um 91 Prozent gestiegen. In der Windbranche sind derzeit rund 130.000 Mitarbeiter:innen beschäftigt. Im Solarbereich sind es mit 58.500 nicht einmal halb so viele. Allerdings werden im Solarbereich gerade drei Mal mehr Stellen ausgeschrieben als in der Windbranche. Die Zahl der Online-Stellenanzeigen für den Solarbereich hat sich seit 2019 auf fast 52.000 erhöht und damit mehr als verdoppelt. Im ersten Halbjahr 2023 sind es bereits 36.000, was auf ein neues Rekordjahr hindeutet. Dagegen ist die Zahl der Anzeigen für den Bereich Wind mit fast 15.000 Stellen nur leicht gestiegen – ein Trend, der sich auch im ersten Halbjahr 2023 fortsetzt. „Die stark steigende Nachfrage in den Bereichen Wind und Solar zeigt vor allem eines: Um den Ausbau der regenerativen Energien zu schaffen, müssen wir deutlich mehr in die Aus- und Weiterbildung von Arbeitskräften investieren“, sagt Jana Fingerhut, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung.  

Wind im Norden  

Der Ausbau der regenerativen Energien folgt unterschiedlichen Präferenzen. Der Norden liegt bei der Windenergie weit vorn. Im Ländervergleich erzeugt Niedersachsen die meiste Windenergie, gefolgt von Brandenburg und Schleswig-Holstein. Beim Blick auf den Neubau von Windrädern seit 2019 liegen Brandenburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen vorne. Entsprechend unterschiedlich ist auch die Bedeutung der Windbranche für die regionalen Arbeitsmärkte: pro Beschäftigten gibt es im Jahr 2022 die meisten Stellenausschreibungen in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein.  

In zwölf von 401 Landkreisen wurde von 2019 bis 2022 keine einzige Stelle für Windenergieberufe ausgeschrieben, sieben davon lagen in Bayern. Die von den Arbeitgeber:innen am häufigsten gesuchten Berufe sind Techniker:innen für Windenergie. Hier hat sich die Nachfrage in den vergangenen vier Jahren beinahe verdoppelt. Dahinter folgen Ausschreibungen für Projektleiter:innen und für Bauelektriker:innen.  

Sonne im Süden und Osten  

Solarenergie wird vor allem im Süden und Osten Deutschlands erzeugt. Im Ländervergleich liegt Bayern mit Abstand auf Rang 1, gefolgt von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Die gleichen Länder haben auch absolut am meisten zugebaut, Brandenburg liegt beim Zubau auf Rang 4. Entsprechend konzentriert sich die aktuelle Nachfrage nach Arbeitskräften im Bereich der Solarenergie auf den Süden und Osten: die meisten Stellen im Solarbereich pro Beschäftigten gab es im Jahr 2022 in Sachsen, Brandenburg, Berlin und Bayern. 

Die meistgesuchten Berufe in der Solarbranche sind Fachkräfte für Sanitär, Heizung und Klima (SHK), Bauelektriker:innen und Projektleiter:innen. Die Nachfrage nach den SHK-Fachkräften und den Bauelektriker:innen hat sich seit 2019 verdoppelt. Am schnellsten wächst die Zahl der Stellengesuche nach Dachdecker:innen. Die Nachfrage ist im ersten Halbjahr 2023 bereits höher als im gesamten Jahr 2022. Fast jede:r vierte Dachdecker:in wird mittlerweile im Solarbereich gesucht, 2019 war es nur knapp jede:r 10. Dachdecker:in. „Die steigende Nachfrage in der Solarbranche verschärft die Konkurrenz um die ohnehin knappen Fachkräfte“, unterstreicht Fingerhut.    

Fachkräfte gesucht, aber auch Quereinstieg möglich 

Für den Ausbau der Solarenergie werden vor allem Fachkräfte gesucht. Unternehmen in der Windbranche suchen insbesondere Spezialist:innen und Expert:innen mit Hochschulstudium oder mit einer Weiterbildung als Meister:in bzw. Techniker:in. Hilfskräfte werden in den insgesamt betrachteten 190 Berufen nur selten gesucht. Das heißt aber nicht, dass Angelernte chancenlos sind. „Unternehmen nennen in Anzeigen gerne eine Wunsch-Qualifikation, weil sie Facharbeiter:innen flexibler einsetzen können“, erläutert Roman Wink, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann Stiftung. „Häufig werden aber auch Menschen mit praktischer Erfahrung oder handwerklichem Geschick gesucht. Viele Energieunternehmen bilden derzeit neue Mitarbeiter:innen mittels Teilqualifizierungen z.B. für die Montage von Solarpanelen weiter.“   

Zusatzinformationen: 

Der Jobmonitor analysiert Online-Stellenanzeigen und stellt die Ergebnisse monatsaktuell und auf Ebene von Kreisen und kreisfreien Städten dar. Für die vorgelegte Studie haben wir rund 14 Millionen Online-Stellenanzeigen der Jahre 2019 bis Juni 2023 aus 190 Berufen der Wind- und der Solarbranche analysiert. Neben den gefragtesten Berufen zeigt der Jobmonitor, welche Soft Skills und welche Teilqualifikationen besonders gefragt sind.   

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