Wie steht es um den Augsburger Einzelhandel? Was macht eine Stadt lebenswert und wirtschaftlich attraktiv? Und wie können Handelsimmobilien nachhaltig sein? Der A³ Wirtschaftsdialog Immobilien & Einzelhandel fand Ende November in der gerade entstehenden Lidl-Filiale im Augsburger Textilviertel statt. Rund 60 Teilnehmende aus der regionalen Immobilienbranche nutzten die Gelegenheit, sich fachlich auszutauschen und zu vernetzen. Höhepunkte der Veranstaltung waren neben dem Rundgang durch den neu entstehenden Discounter drei interessante Impulsvorträge mit Fokus auf die aktuelle Lage im Einzelhandel in Augsburg sowie auf übergeordnete Entwicklungen und Trends. 
 
Den Auftakt des Wirtschaftsdialogs bildete die Besichtigung der Gastgeber-Immobilie, der neu entstehenden Lidl-Filiale in der Reichenberger Straße. Während des Rundgangs war der Blick hinter die Kulissen eines modernen, nachhaltig orientierten Supermarktes möglich: Neben der filialeigenen PV-Anlage zur Stromversorgung, den Backautomaten sowie den drei vorgesehenen Stellplätzen und Ladestationen für Elektroautos wird auch auf die effiziente Wärmespeicherung geachtet. Die Eröffnung der Filiale soll am 14. Dezember stattfinden. Bei der Veranstaltung befanden sich die Bauarbeiten noch in vollem Gange. 
 
Die Lage des Einzelhandels in der City und den Stadtteilen 
 
Den Stadtkern attraktiv machen, die Nahversorgung in den Stadtteilen garantieren – Zielsetzungen, an denen sich Großstädte wie Augsburg orientieren. Drängende Fragen hinsichtlich des Einzelhandels in Augsburg konnte Stephan Mayr von der Augsburger Wirtschaftsförderung im ersten Impulsvortrag beantworten. In Augsburg gibt es weniger Leerstand in bester Lage als in anderen deutschen Städten, so der Einzelhandelsexperte. Die Ladenmieten in der A-Lage der City sind seit 2018 um gut 20 Prozent gesunken. Neben veränderter Kundenfrequenz bzw. anderem Kaufverhalten kennzeichnen kürzere Laufzeiten der Mietverträge, eine höhere Fluktuation, Zwischennutzungen wie beim städtischen Projekt Zwischenzeit und auch andere Motive zum Besuch der Innenstadt die aktuelle Situation der Innenstadt, schilderte Stephan Mayr. 
 
Diese Situation birgt aber auch viel Potential für Neues: So entdecken gerade junge Unternehmer:innen den stationären Handel wieder für sich. Ihre innovativen Verkaufskonzepte, auch über die Grenzen der physischen Läden hinaus im Internet und über Social Media zu verkaufen, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Auch neue Nutzungsansätze wie Pop-Up-Stores oder saisonale Nutzung für Immobilien in schwieriger Lage oder Größe bieten zeitgemäße Lösungen für die Städte von morgen. Die Chance auf wirtschaftliche Belebung in den Stadtteilen kann durch das Ansiedeln des Einzelhandels und einer guten Lebensmittelversorgung vor Ort realisiert werden. 
 
Ein Good-Practice der „vollwertigen Nahversorgung“ in den Stadtvierteln 
 
Im zweiten Fachvortrag, von Lidl-Portfoliomanager Fabian Schrom und seiner Kollegin Jasmin Thomma, wurde die Eignung von Lidl als „vollwertiger Nahversorger“ thematisiert. Aus der Sicht eines Lebensmitteleinzelhändlers müssen die Immobilien bestimmte Eigenschaften aufweisen, um das Anbieten von Waren und Dienstleistungen rentabel zu machen. Die Kunden wünschen sich große, übersichtliche Märkte mit vielseitigem Produktsortiment und guter Erreichbarkeit, die eine angenehme Einkaufsatmosphäre schaffen. Eine helle, freundliche Innengestaltung der Filialen soll den Kunden ein gutes Gefühl beim Einkauf vermitteln. Auch Nachhaltigkeit ist Lidl ein großes Anliegen, wie zum Beispiel die Recycelbarkeit von Verpackungsmaterial, Nutzung von erneuerbarer Energie und eine energiesparende, möglichst autarke Wärmeerzeugung. 
 
Status Quo und Zukunftsvisionen für Augsburgs Handelsimmobilien 
 
Augsburg besitzt laut Einzelhandelsexperte Markus Wotruba von der Münchner BBE Handelsberatung GmbH vier Alleinstellungsmerkmale, die es zu einem begehrten Wirtschaftsstandort machen. „Die Herausforderungen für den Handel und die Innenstädte sind bundesweit vielfältig. Jedoch verfügt die Region Augsburg über ein besonderes Potenzial. Die positive Bevölkerungsentwicklung und die touristische Attraktivität werden durch die landesplanerische Aufstufung zur Metropole und die Ansiedlung der Universitätsmedizin ergänzt. Das ist Rückenwind für eine vergleichsweise gute Entwicklung im Einzelhandel, der eine wichtige Bedeutung für die Gesamtattraktivität der Region hat.“ 
 
Allerdings verwies auch Wotruba auf den allgemeinen Trend der ständig abnehmenden Anzahl an Einzelhandelsunternehmen. Gründe sind hier primär beim Onlinehandel und Fachkräftemangel zu finden. Gerade in kleinen und mittelgroßen Städten bricht der Einzelhandels-Mittelstand zunehmend weg. Große Kaufhäuser mit ausschließlich Non-Food-Artikeln seien oft nicht mehr rentabel und müssten umgenutzt werden. Infolgedessen kommen auch bekannte Unternehmen wieder in die Innenstädte und experimentieren mit kleineren Flächen – wie zum Beispiel eine Lidl-Filiale am Münchner Isartor. 
 
Für die Zukunft in der Region A³ sieht Wotruba die „15-Minuten-Stadt“ im Kommen. Diese bietet alles für den täglichen Bedarf im 15-Minuten-Radius (mit dem Rad oder zu Fuß) ab Wohnung oder Büro. Für Wotruba liegt die Zukunft darin, Mixed-Use-Immobilien zu entwickeln und ganz im Sinne der Nachhaltigkeit die Nach- und Umnutzung von Bestandsimmobilien zu forcieren. 
 
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