Der vorgelegte Gesetzentwurf der Ampelregierung zum Verbot von Gehsteigberatungen vor Abtreibungseinrichtungen und Beratungsstellen, die nach Schwangerschaftskonfliktgesetz beraten, ist so unnötig und widersinnig, dass es schwerfällt, die größten Fehler zu benennen.
Ausgangspunkt für das Bestreben, derartige Gehsteigberatungen zu verbieten, ist die Annahme, die Regierung müsse für eine flächendeckende Versorgung mit Abtreibungseinrichtungen sorgen. Diese Versorgung sei im Moment nicht gewährleistet, unter anderem, weil zunehmend Personen vor Abtreibungsreinrichtungen und Beratungsstellen den Zugang behinderten – Schwangere müssten gegebenenfalls das Bundesland wechseln, um abtreiben lassen zu können. Zurzeit gibt es in ganz Deutschland zweimal im Jahr an drei Orten solche Versammlungen in Form von Gebetswachen.
Der Staat ist verpflichtet, zeitnah die notfallmedizinische Versorgung sicher zu stellen – alle anderen Eingriffe, vor allem solche, die planbar sind, müssen nicht wohnortnah angeboten werden. Darauf zieht sich der Gesundheitsminister an anderer Stelle zurück. So sagte Karl Lauterbach dem Deutschlandfunk am 10.07.2023: „Es werden mit und ohne Reform Kliniken sterben, weil wir zu viele haben.“ Klinken, die Herzinfarkte, entzündete Blinddärme und Verkehrsunfälle behandeln, werden also in der Fläche verschwinden, dafür soll es aber flächendeckende Abtreibungsmöglichkeiten geben. Eine staatliche Verpflichtung hierfür gibt es nicht. Das Schwangerschaftskonfliktgesetz verlangt lediglich eine flächendeckende Versorgung mit Beratungsstellen, die längst gewährleistet ist.
Es ist zudem unklar, was mit “flächendeckend” genau gemeint ist. Einen Anhaltspunkt liefert zumindest ein vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebenes Gutachten von 2019. Dies kommt zu dem Ergebnis, dass hierzulande eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung in der stationären Geburtshilfe überwiegend gewährleistet ist. Im Berichtszeitraum wurden 787.523 Kinder in Deutschland geboren, hierfür standen 682 Krankenhäuser mit geburtshilflichen Einrichtungen zur Verfügung. Nach Definition des Bundesgesundheitsministeriums ist also eine flächendeckende Versorgung gewährleistet, wenn in ganz Deutschland an knapp 700 Krankenhäusern ca. 790.000 Geburten durchgeführt werden. Eine Geburt ist nicht planbar und bindet oft über Stunden medizinisches Personal. Eine Abtreibung ist planbar und dauert in der Regel fünf bis zehn Minuten. Bei 104.000 Abtreibungen, die an 1.106 Einrichtungen durchgeführt werden, ist nach diesen Maßstäben die flächendeckende Versorgung längst übererfüllt. Damit entfällt die Grundlage für eine Gesetzänderung.
Die vorgesehene Gesetzänderung verstößt gegen die Menschenrechte auf Religions- und Versammlungsfreiheit sowie auf freie Meinungsäußerung. Sie greift daher auf unzulässige Weise in Grundrechte ein. Mehrere Gerichtsurteile, zuletzt auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, haben festgestellt: Es gibt kein Recht darauf, nicht mit Ansichten konfrontiert zu werden, die einem nicht gefallen. Es gibt kein Recht darauf, bestimmte Informationen nicht zu bekommen. Es gibt sehr wohl ein Recht auf umfassende Aufklärung vor einem medizinischen Eingriff. Dazu gehört z.B. auch die Information über den Entwicklungsstand des Kindes, oder über posttraumatische Belastungsstörungen nach einer Abtreibung. Genau diese Informationen werden aber von denjenigen zur Verfügung gestellt, die vor den Abtreibungseinrichtungen stehen und versuchen, auf den letzten Metern noch Kinder zu retten.
Der vorgelegte Gesetzentwurf ist hoch ideologisch, er geht von falschen Tatsachenbehauptungen aus, er beugt das Recht, er verstößt gegen die Menschenrechte, er ist unnötig. Die Regierung ist gut beraten, ihn in ihrer bereits dicht gefüllten Schublade ideologischer Rohrkrepierer verschwinden zu lassen.
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