Zum Ende des Jahres wird überall in Deutschland Bilanz gezogen: Was war gut, was schlecht – und was soll im nächsten Jahr besser werden? Silvester ist traditionell der Zeitpunkt, der Menschen hoffnungsfroh Ziele für das kommende Jahr formulieren lässt. „Wer gute Vorsätze fasst, der verfügt über eine intrinsische Anfangsmotivation – das ist ein entscheidender Schritt, um das eigene Verhalten zu ändern“, erklärt Nicole Plinz, Therapeutische Leitung im Zentrum für Stressmedizin in Hamburg. Wichtig sei jedoch, wie der Vorsatz formuliert wird: Anstatt sich auf schlechte Gewohnheiten zu konzentrieren, schlägt Plinz vor, einen Teil der Selbstkritik loszulassen. „Wir neigen dazu, uns sehr auf das zu konzentrieren, was falsch ist, oder auf das, worüber wir uns Sorgen machen. Es gibt Möglichkeiten, wie wir unsere Perspektive ändern und aufmerksamer, bewusster und dankbarer für die Dinge sein können, die gut laufen“, so die Expertin. Eine Möglichkeit besteht darin, eine einfache Achtsamkeitsroutine in den Alltag zu integrieren – das kann zum Einstieg etwa eine Meditations-App sein. „Indem wir uns durch das Achtsamkeitstraining besser mit unserem Inneren vertraut machen, können wir die Verhaltensänderung unterstützen, die wir erreichen wollen. Schon kurze Übungen können in der Wiederholung dazu führen, dass die neuronalen Netzwerke des Gehirns gestärkt werden“, weiß die ausgebildete Achtsamkeitstherapeutin.
Stress durch gute Vorsätze vermeiden
Als Psychiaterin erarbeitet Dr. Bettina Löhberg regelmäßig mit ihren Patient:innen Verhaltensänderungen, um die Lebensqualität nachhaltig zu verbessern. „Bei der Umsetzung der Vorsätze sollte man nachsichtig mit sich selbst sein, und vor allem Geduld haben. Es dauert oft Monate bis Jahre, um wirklich stabile Gewohnheiten zu etablieren", sagt Löhberg. Dabei hängt der Erfolg nicht allein von der Selbstdisziplin ab. Oft überlegen Menschen nicht, was konkret benötigt wird, um ihren guten Vorsatz umzusetzen. „Ziele erfordern Zeit, und viele geben demotiviert auf, bevor sie das Ziel erreichen. Anstatt sich auf ein bestimmtes Ergebnis zu konzentrieren, sollte man die vielen notwendigen kleinen Schritte auf dem Weg dahin genau betrachten“, so die Ärztin. Reflexion und Einsicht sind wesentlich für Verhaltensänderungen – für die Behandlung im Zentrum für Stressmedizin und auch für die Umsetzung guter Vorsätze. „Hilft mir mein Verhalten dabei, mein Ziel zu erreichen oder verstärkt es das, was ich eigentlich ändern möchte? Die Frage hilft uns, unser Verhalten bewusst zu steuern und so neue Gewohnheiten zu beginnen“, erklärt Löhberg. Sich Zeit nehmen, um Abläufe zu reflektieren: So wird sichtbar, wie bereits in der Vergangenheit Ziele erreicht werden konnten – und dafür sollte sich jeder mindestens einmal im Jahr Zeit nehmen, sagen die Expertinnen.
Tipps der Expertinnen für erfolgreiche „gute Vorsätze“:
1) Fragen Sie nach dem Sinn Ihres Ziels und formulieren Sie, was sie erreichen wollen, positiv: „Gesünder leben“ statt „Abnehmen“. Finden Sie für Verbote oder Vermeidungen Alternativen, die Ihnen Handlungsspielraum geben.
2) Nutzen Sie Ihre Stärken und wertschätzen Sie das Erreichte: Was hat Ihnen geholfen, Veränderungen erfolgreich umzusetzen?
3) Erzählen Sie Familie und Freunden von Ihrem Vorsatz: In der Gegenwart anderer ausgesprochen, ist die Motivation größer, durchzuhalten.
4) Überlegen Sie, was Sie an der Umsetzung Ihres Vorsatzes hindern könnte und leiten daraus Maßnahmen ab. Wenn Sie sich mehr bewegen möchten, aber wenig Zeit haben, integrieren Sie die Bewegung in Ihren Alltag indem Sie beispielsweise mit dem Rad zur Arbeit fahren.
5) Vergessen Sie Neujahrsvorsätze: Nehmen Sie kleine und große Veränderungen das ganze Jahr über wahr und an.
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