Generell sind Wildtiere es gewohnt, in der Natur zu überleben – sie sind an das Leben im Freien angepasst und haben bei Wind und Wetter ihre Strategien. Hochwasser, das länger andauert, kann dennoch auch für sie problematisch sein. Vor allem Tiere, deren Behausungen im und am Boden sind, leiden oder kämpfen gar ums Überleben. „Hochwasser ist beispielsweise einer der häufigsten Todesursachen für junge Biber“, sagt Prof. Klaus Hackländer, Wildtierbiologe und Vorstand der Deutschen Wildtier Stiftung. Denn wenn die jungen Biber nicht rechtzeitig aus ihren Burgen kommen, wenn das Wasser die Behausung flutet, ertrinken sie.
Rehe, Hirsche und Wildschweine ziehen sich bei Überschwemmungen in der Regel an einigermaßen trockene Orte im Wald zurück und auch der Fuchs, der im Januar einen dicken, wasserabweisenden Pelz hat und gut laufen und sogar schwimmen kann, findet ein geschütztes Plätzchen irgendwo im Unterholz. Auch Vögel flüchten sich an sichere Orte – dichte Hecken beispielsweise oder in Gebäude-Nischen, Holz- und Reisig-Stapel. Eichhörnchen wiederum sind hervorragende Kletterer, sie suchen Schutz in dichten Baumkronen. Feldmäuse sind flink – sie laufen, klettern und schwimmen; und finden in der Regel einen neuen Unterschlupf.
Aber alles, was nicht flüchten kann – entweder weil es zu langsam ist oder vom Wasser überrascht wurde – hat so gut wie keine Chance. Verlierer sind zum Beispiel oft die Insekten und auch die Winterschläfer. Die jungen Hummelköniginnen etwa, die sich im Boden in kleinen Erdhöhlen zum Überwintern eingegraben haben, sind bei Hochwasser verloren. Auch die Brut, also die Eier von im Boden nistenden Wildbienen, überleben eine Überschwemmung nicht. Die Haselmaus, ein Vertreter der Bilche, liegt im tiefen Winterschlaf in ihrem Nest, etwa in einer Brombeerhecke. Wird das Nest bei Regen und Sturm zerstört, kostet es das Tier viel Energie, aufzuwachen und sich eine neue Behausung zu suchen – das kann lebensgefährlich für das kleine Wildtier werden. Ähnliches gilt für das Tier des Jahres 2024, den Igel. Kurze Strecken können Igel übrigens schwimmen. Genauso wie Maulwürfe. Wenn die es schaffen, rechtzeitig ihren Bau zu verlassen, bauen sie sich dort, wo es möglich ist, eine sogenannte Sumpfburg. Mit ihrem Rüssel und den Grabschaufeln werfen die Baumeister ihre Hügel dann oberirdisch auf. So eine Sumpfburg ist dann gut einen Meter hoch und kann einen Durchmesser von bis zu anderthalb Metern haben.
Junge Wildtiere sind häufig gefährdet, durch die anhaltende Feuchtigkeit krank zu werden. Beispielsweise ist langhaltender Regen für den Feldhasen, der ursprünglich ein Steppenbewohner ist, also die offene trockene Fläche liebt, ungünstig. Insbesondere die im Januar gerade erst gesetzten Hasen, die noch sehr empfindlich sind, können krank werden und verenden. Auch Frischlinge von Wildschweinen, die noch keine wasserabweisende Unterwolle besitzen, kühlen schnell aus und können dann etwa eine Lungenentzündung bekommen.
Wie können wir Menschen Wildtieren jetzt durch die Hochwasserzeit helfen? „Wichtig ist, dass man den betroffenen Tieren erhöhte Orte bietet, an die sie sich zurückziehen können“, sagt Hackländer. „Und vor allem sollten wir den Tieren hoch gelegene Rückzugsgebiete wie die Deiche als Zufluchtsorte überlassen. Wer als Hochwasser-Tourist auf Hügel und Deich spazieren läuft oder fährt, treibt Rehe, Hasen und andere Wildtiere wieder zurück in die Fluten. Aus Respekt vor den Tieren sind solche Orte daher zurzeit tabu.“
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