Weil sein Akku fast leer ist, steuert ein elektrisch betriebener Bus auf der Reise durch Italien eine Ladesäule am Rand der Autobahn an. Dabei muss er sich in eine lange Schlange von Lkw-Fahrern einreihen, die alle ihr Fahrzeug an das Stromnetz anschießen wollen. Als die Fahrt nach über einer Stunde endlich weiter geht, sind die Gäste genervt und der Chauffeur kann seine gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeit nicht mehr einhalten. Und die Fähre, mit der die Gruppe nach Palermo wollte, ist auch längst weg, als der Bus mit erheblicher Verspätung im Hafen von Genua ankommt. Dieses Szenario könnte Wirklichkeit werden, wenn die Politik auf die Elektrifizierung des Reisebusses pocht, ohne für ausreichende Lademöglichkeiten zu sorgen.
E-Fuels als Alternative
„Um eine angemessene Ladeinfrastruktur zu schaffen, muss der Gesetzgeber jetzt aktiv werden“, fordert Philipp Hömann. „Bis sie steht, können Reisebusse mit alternativen Kraftstoffen wie E-Fuels oder HVO betankt werden“, betonte der stellvertretende gbk-Vorsitzende heute auf der Mitgliederversammlung seines Verbands in Stuttgart. „Denn damit unseren Bussen unterwegs nicht der Saft ausgeht, müssten allein am europäischen Autobahnnetz mindestens 20.000 Ladestationen aufgebaut werden.“ Zudem müssen laut Hörmann auch Hotels, Freizeitparks und stadtnahe Busparklätze mit Lademöglichkeiten ausgestattet werden.
Die Politik favorisiert derzeit eine Antriebswende mit Elektromobilität. Mit welchen Herausforderungen die Busreiseveranstalter deshalb konfrontiert werden, macht der stellvertretende gbk-Vorsitzende anhand konkreter Beispiele transparent: Der Nürnberger Christkindlesmarkt wird jedes Jahr von rund 4.000 Reisebussen angefahren, das sind im Schnitt 150 pro Tag. Wo sollen diese ihre Batterien aufladen? Die gleiche Frage stellt sich mit Blick auf Partyhochburgen wie Lloret de Mar mit ihren rund 130 Hotels.
„Mittelständische Busbetriebe sind durch die Elektrifizierung schon deshalb bedroht, weil die Fahrzeuge doppelt so teuer sind wie die Verbrenner“, stellt Philipp Hörmann fest. „Die Politik muss daher Investitionsprogramme für den Kauf der Busse und die Umstellung der Betriebshöfe auf den Weg bringen.“
Der Reisebus ist Teil der Lösung
Mit ihren Forderungen an die Politik geht es der gbk nicht nur um die ökonomischen Interessen der etwa 1.000 Busreiseveranstalter in Deutschland – darunter viele traditionelle Familienbetriebe, die zum großen Teil auf eine rund 100-jährige Firmengeschichte zurückblicken können. Denn vor dem Hintergrund der unstabilen Bahnstruktur ist der Reisebus auf der Kurz- und Mittelstrecke die einzige Alternative zum Pkw und bringt Schulklassen, Senioren und Vereine an Orte, die nicht an ein Schienennetz angeschlossen sind.
Nach der aktuellen Statistik der Umweltbundesamtes belastet der Reisebus die Atmosphäre nur mit 42 Gramm Treibhausgas pro Personenkilometer und schneidet damit in der Ökobilanz nicht nur besser als Pkw und Flieger ab. Er ist auch klimafreundlicher als die Bahn. Zudem ersetzt ein Reisebus rund 22 Pkw und trägt damit zur Entlastung von Straßen und Städten bei. „Für den Umweltschutz ist der Reisebus nicht das Problem, sondern Teil der Lösung“, erklärt Philipp Hörmann.
Die Gütegemeinschaft Buskomfort (gbk) ist ein Verband mit Sitz in Böblingen, dem bundesweit rund 400 qualitätsbewusste Busreiseveranstalter angehören. Seit fast 50 Jahren klassifiziert die gbk hochwertige Reisebusse auf der Grundlage von Kriterien, deren Einhaltung regelmäßig von unabhängigen Prüfern überwacht wird, mit dem RAL Gütezeichen Buskomfort.
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