Die geplante Novellierung des Bundeswaldgesetzes durch die Bundesregierung ist nach Ansicht der privaten Waldeigentümer klar verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten der auf Verfassungs- und Umweltrecht spezialisierten Kanzlei Dombert, das von den Verbänden AGDW – Die Waldeigentümer und Familienbetriebe Land und Forst mit Unterstützung der Betriebsleiterkonferenz (BLK) der AGDW in Auftrag gegeben wurde. Gutachter Tobias Roß von der Kanzlei Dombert stellte fest, dass die vorgesehene Beschränkung der Baumartenwahl, die Herabstufung der Holzproduktion und die Begrenzung anderer waldbaulich-betrieblicher Freiheiten die Grundrechte des Eigentums (Art. 14 GG) und der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) verletzen. Auch die neu eingeführten Strafvorschriften verstoßen gegen das Bestimmtheitsgebot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: „Die Strafvorschriften schießen weit über das Ziel hinaus“, sagte Roß. „Insgesamt ist der Entwurf sowohl inhaltlich als auch gesetzgebungstechnisch misslungen.“

Die in diversen Neuregelungen zum Ausdruck kommende Nachrangigkeit der Holzproduktion gegenüber Klimaschutz und Biodiversität sei verfassungswidrig, so Roß. Waldeigentum und Waldbewirtschaftung seien im Grundgesetz gleich doppelt geschützt, nämlich die Eigentumssubstanz über Art. 14 GG und die Bewirtschaftungstätigkeit über Art. 12 GG (Berufsfreiheit). „Die Neuordnung der Waldfunktionen, die in verschiedenen Regelungen des Gesetzentwurfes zum Ausdruck kommt, entwertet die Waldsubstanz und erschwert die Waldbewirtschaftung erheblich“, sagte Roß. In der Novellierung werden Klimaschutz und Biodiversitätserhalt als zentrale Gesetzeszwecke genannt, während die Holzproduktion erhebliche Einschränkungen erfährt. „Für so weitreichende Wertminderungen und Nutzungseinschränkungen fehlt es gleichermaßen an einer hinreichend gesicherten Tatsachen- und Erkenntnisgrundlage sowie erst recht an einer Erforderlichkeit der Regelungen“, so Roß. AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter ergänzte: „Der Walderhalt ist erstes Ziel aller waldbäuerlichen Anstrengungen, denn nur in einem stabilen Wald sind die Holzproduktion sowie alle anderen Ökosystemleistungen gesichert. Die Neuordnung der Waldfunktionen ist nicht erforderlich und unverhältnismäßig.“

Auch die erstmals in einem Bundeswaldgesetz vorgesehenen Strafvorschriften von bis zu einem Jahr Haft seien eklatant verfassungswidrig, sagte Roß. Die Haft- und Geldstrafen sollen laut Entwurf etwa für unerlaubte Kahlschläge, das Einbringen von Stoffen in den Waldboden oder für die Gefahrschaffung wie z.B. die Störung der „Stille des Waldes“ im Wald gelten. Dazu stellt das Gutachten fest: Ein Verhalten ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann strafwürdig, wenn es „in besonderer Weise sozialschädlich“ und für das „geordnete Zusammenleben der Menschen unerträglich“ ist. „Davon kann bei Waldarbeit, selbst wenn eine Tätigkeit gegen einzelne Normen des Ordnungsrechts verstoßen sollte, keinesfalls die Rede sein“, so Roß: „Die Strafvorschriften kriminalisieren Verhaltensweisen, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt strafwürdig sind."

Auch das gerne vorgebrachte Argument, dass das Bundeswaldgesetz schon fast 50 Jahre alt sei, rechtfertige rechtlich keinesfalls eine vollständige Neufassung des Gesetzes. Die Gesetzesbegründung führe an keiner Stelle den Beweis, dass das geltende BWaldG nicht geeignet ist, den gegenwärtigen Herausforderungen gewachsen zu sein, sagte Roß: „Rechtlich und mit Blick auf die Vollzugspraxis besteht keinerlei Notwendigkeit für den Gesetzgeber, bewährte Regelungen zu ändern.“ Keine einzige Regelung des geltenden BWaldG verhindere eine adäquate Wiederaufforstung der Kalamitätsflächen, den Waldumbau, die Schaffung von klimaresilienten Wäldern, die Förderung von Biodiversität, den Schutz bedrohter Arten und die so notwendige CO2-Bindung.

„Die Strafvorschriften sind völlig überzogen und Ausdruck eines uns völlig unverständlichen Misstrauens der Politik in die 2 Millionen privaten Waldbesitzer“, sagte AGDW-Präsident Bitter: „Nur die Freiheit und Vielfalt des Eigentums kann angesichts der Vielfalt der Standorte die Zukunft des Waldes optimal sichern.“ Überbürokratisierung, Überregulierung und Kontrollzwang des Staates drohten gerade die wichtigen kleinen und mittleren Waldbesitzer zu überlasten. Bitter verwies auf die eindeutige Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats für Waldpolitik beim BMEL, dass sich der Gesetzgeber auf gewisse Mindeststandards beschränken sollte, statt Mikromanagement zu betreiben. „Nicht Naturschutz- und Waldbehörden sind die besten Waldbewirtschafter, sondern eigenverantwortliche Waldbesitzer, die auf Bioökonomie setzen“, sagte Bitter.

Max von Elverfeldt, Bundesvorsitzende der Familienbetriebe Land und Forst, stellte heraus, dass das neue Bundeswaldgesetz nicht kohärent mit der Holzbauinitiative der Bundesregierung sei. „Wir wollen, dass mehr mit Holz gebaut wird, aber woher soll die Holzmenge kommen, wenn die Bewirtschaftung der Wälder eingeschränkt wird?“ Die Waldbesitzer hätten gut ausgebildete Fachleute vor Ort, die ihre Wälder mit viel Engagement und Können bewirtschaften und hohes Interesse an zukunftsfähigem Wald haben. Diese gelte es zu motivieren, um die Mammutaufgabe „Zukunftsorientierter Waldumbau“ zu stemmen. „Das geplante Bundeswaldgesetz ist dagegen ein Demotivationsprogramm für Waldbesitzer und wird den Waldumbau eher verhindern als beschleunigen.“

„Die Waldbesitzer brauchen Freiheit in der Bewirtschaftung ihrer Wälder, keine zusätzlichen Fesseln“, betonte Karl-Joachim Baron von Brandenstein, Sprecher der Betriebsleiterkonferenz (BLK) der AGDW. Der Bauer bekomme auch nicht vorgeschrieben, ob er Gerste oder Weizen anpflanzt. Das neue Bundeswaldgesetz aber wolle die Eigentümer auf heimische Baumarten beschränken. Das sei unsinnig, so von Brandenstein: „Der Wald ist ein Generationenvertrag; niemand hat ein so großes Wissen über seinen Wald und ein so großes Interesse an dem Erhalt seines Waldes wie der Eigentümer, der ihn an die nächste Generation so gesund wie möglich weitergeben will.“

Das Gutachten finden Sie als PDF anbei.

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