Eine Fläche zum Verlieben: Mit 98 bestätigten Braunkehlchen-Revieren zeigt der „Vogel des Jahres 2023“, wie gut es sich am Stegskopf leben lässt. Auch Wiesenpieper fühlen sich auf dem rund 1.900 Hektar großen ehemaligen Truppenübungsplatz rundum wohl: Mit landesweit bedeutsamen 37 Brutrevieren bietet die Naturschutzfläche auch für diese Rote-Listen-Art ideale störungsarme und offene Lebensräume. Das zeigen die Ergebnisse der ersten großflächigen Brutvogelerfassung, die die gemeinnützige Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), das DBU Naturerbe, in Auftrag gab.

68 Vogelarten mit besonderem Naturschutzwert am Stegskopf erfasst

„Derart hohe Dichten an Braunkehlchen und Wiesenpieper-Paaren sind in Rheinland-Pfalz äußerst selten“, betont Felix Rennack, der im DBU Naturerbe das Vogelmonitoring betreut. Wenn Braunkehlchen von ihrem Winterquartier in Afrika wiederkommen, suchen sie feuchtes Grünland wie entlang der Schwarzen Nister, um ihre Bodennester zu bauen. Ihr Lebensraum schwindet in Deutschland, so dass der Braunkehlchen-Bestand seit Jahrzehnten zurückgeht. Die Naturerbefläche sei für beide Arten daher ein bedeutendes Brutgebiet, insbesondere vor dem Hintergrund der direkten Nachbarschaft zu weiteren bedeutenden Brutgebieten wie dem Vogelschutzgebiet Wälder und Wiesen bei Burbach und Neunkirchen in Nordrhein-Westfalen. Im rheinland-pfälzischen Westerwald wurden zuletzt 2022 insgesamt 169 Reviere gezählt. „Wir haben uns bei unserer Kartierung auf bestimmte Vogelarten konzentriert, die beispielsweise auf der Roten Liste Deutschland oder Rheinland-Pfalz stehen oder eine besondere Aussagekraft für die Qualität von Lebensräumen haben“, so Rennack. Insgesamt wurden so 68 Arten festgestellt, die unter diese Kriterien fallen, darunter waren 22 Arten wie Zwergschnepfe und Steinschmätzer, die den Stegskopf zur Nahrungssuche oder als Raststätte auf dem Durchzug nutzen. 46 der ausgewählten Arten brüteten nachweislich auf der DBU-Naturerbefläche – unter ihnen 130 Baumpieper-, 94 Goldammer- und 105 Buntspecht-Paare. Auch Vorkommen des extrem scheuen Schwarzstorchs wurden nachgewiesen. Mit 121 Paaren ist die Chance groß, Neuntöter am Stegskopf zu beobachten. Der Vogel mit der dunklen Augenbinde ist charakteristisch für Landschaften mit vielen Gebüschen und Dornensträuchern. Seinen brutal klingenden Namen bekam der Neuntöter aufgrund seines Beuteverhaltens: Er spießt Insekten, kleine Vögel oder Mäuse auf Dornen oder spitze Zweige auf, um sie weiter zu bearbeiten oder als Nahrungsreserve anzulegen.

Über 400 Stunden Aufwand für Brutvogelmonitoring

Im Auftrag der DBU Naturerbe GmbH führte das Büro für Faunistik und Landschaftsökologie aus Rümmelsheim von Februar bis Juli die Erfassung ausgewählter Brutvogelarten durch. In über 400 Stunden und sieben Durchgängen waren Mitarbeitende in den Morgenstunden, in der Abenddämmerung oder nachts unterwegs. In den kampfmittelbelasteten Bereichen erfassten sie Sichtungen oder Rufe von Vögeln von den freigegebenen Wegen aus. Auf den Kuppen am Stegskopf schauten sie vor allem nach Großvögeln wie dem Schwarzstorch oder Greifvögeln wie dem Wespenbussard. Punktuell setzten sie auch Rufaufnahmegeräte ein und konnten so den seltenen Wachtelkönig nachweisen, der langgrasige Brachen schätzt.

Kartierung ermöglicht Rückschlüsse zum Flächenmanagement

Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord verantwortet in Rheinland-Pfalz die Erhaltung von Lebensräumen und Arten in den europäisch geschützten Natura 2000-Gebieten, zu denen auch die Naturerbefläche Stegskopf zählt. „Die nun vorgestellten Ergebnisse des Brutvogelmonitorings belegen, dass die Zusammenarbeit zum Schutz dieses in Rheinland-Pfalz einzigartigen Vorkommens erfolgreich ist“, so SGD-Nord-Präsident Wolfgang Treis. Welche Rückschlüsse durch die Kartierung möglich sind, erläutert Felix Rennack: „Bodenbrüter wie der Wiesenpieper brauchen eine lückige offene, nicht zu dichte Vegetation. Wenn sie oft vorkommen, ist klar, dass wir diesen Lebensraum passend pflegen“, erläutert Rennack. Der Baumpieper mag hingegen strukturreiche Übergangsbereiche vom Wald zum Offenland und meidet geschlossene Wälder. Das DBU Naturerbe legt daher Wert auf die Entwicklung von naturnahen, stufigen Waldrändern. Naturnahe Wälder werden im DBU Naturerbe sich selbst überlassen. Schwarzstörche oder auch Tannenhäher seien sehr scheu. „Sie profitieren ähnlich wie die Bodenbrüter im Offenland von der Beruhigung einzelner Flächenabschnitte im Wald“, betont Rennack. Die 146 erfassten Spechtpaare würden anzeigen, dass es viele alte Bäume gibt, und wie gut es um das Totholz bestellt ist. Denn dort ließen sich besonders gut Bruthöhlen anlegen, die wiederum von Nachmietern wie der Hohltaube oder verschiedenen Eulen-Arten gerne weitergenutzt werden. Der Raufußkauz konnte dieses Mal nicht nachgewiesen werden, obwohl er in der Region einmal typisch war. Die Informationen aus dem Monitoring nutzen das DBU Naturerbe und der betreuende Bundesforstbetrieb Rhein-Mosel, um beispielsweise die Mahd oder die Beweidung weiter zu optimieren. In einigen Jahren soll die Kartierung wiederholt werden, um die Ergebnisse abzugleichen.

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