Es gibt Infektionskrankheiten, die verlaufen bei Erwachsenen meist relativ harmlos – bei Kindern, insbesondere Neu- und vor allem Frühgeborenen, können sie aber schnell lebensbedrohlich werden. Keuchhusten ist so ein Beispiel. Aber auch Infektionen mit dem Respiratorischen-Synzytial-Virus, besser bekannt als RSV, gehören dazu. RSV verursacht Erkrankungen der oberen und unteren Atemwege. Gerade in den letzten Jahren haben regelrechte RSV-Wellen im Winter zu so vielen und schweren Krankheitsverläufen geführt, dass Kinderkliniken Alarm schlugen. Die gute Nachricht: Genau wie gegen Keuchhusten gibt es seit einem halben Jahr auch eine für schwangere Frauen zugelassene Impfung gegen RSV. Empfohlen wird sie insbesondere Schwangeren ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel, die damit ihre Kinder schon im Mutterleib schützen. Nun wurde am Universitätsklinikum Jena (UKJ) die erste Frau geimpft. Mutter und Kind geht es gut.

Eher zufällig hatte Bianca Thiel in einer Zeitschrift von der neuen Impfmöglichkeit erfahren. „Wie das halt so ist, wenn man schwanger ist und sich über alle möglichen Themen rund um Schwangerschaft und Geburt informiert“, erinnert sich die frisch gebackene Mutter zurück. Als sie kurz darauf wegen Komplikationen stationär in die Klinik für Geburtsmedizin am UKJ aufgenommen werden muss und eine Frühgeburt droht, kommt die Frage nach dem Impfstatus auf. Bianca Thiel hat alle für Schwangere empfohlenen Impfungen bekommen wie Keuchhusten oder Grippe. Nur die neue RSV-Impfung war noch kein Thema. Die Jenaer Geburtsmedizinerin Dr. Janine Zöllkau, die bereits an den Leitlinien zur Impfung gegen COVID-19 bei Schwangeren mitgearbeitet hat, klärt ihre Patientin umfassend über die RSV-Impfung auf.

Warum die Impfung sinnvoll ist

Für Neugeborene gibt es keine Impfung gegen RSV. Aber gerade für sie kann eine Infektion mit dem Virus gefährlich werden, schwere Verläufe mit Komplikationen wie Lungenentzündungen treten am häufigsten in den ersten Lebensmonaten auf. Noch gefährdeter sind zudem Frühgeborene, deren Immunsystem noch unvollständiger ausgreift ist. „Die Impfung der Mutter dient daher in erster Linie dem Schutz des Kindes“, sagt Dr. Janine Zöllkau. Bei der neuen Impfung gegen RSV handelt es sich, wie bei allen empfohlenen Impfungen während der Schwangerschaft, um einen Totimpfstoff. „Im Impfstoff sind keine vermehrungsfähigen Erreger, sondern zwei Eiweiße, die auf der Oberfläche des Virus zu finden sind“, erklärt Zöllkau. „Durch die Impfung in der Schwangerschaft geht der Schutz im Mutterleib über das Nabelschnurblut an das Kind weiter – ohne dass einer von beiden tatsächlich den Erregern ausgesetzt ist.“ Nach der Geburt kann die Mutter zudem über die Muttermilch noch eine gewisse Menge an Antikörpern an das Kind übertragen.

Bianca Thiel entscheidet sich für die Impfung und ist damit die erste Schwangere, die am UKJ gegen RSV geimpft wurde. Sie ist dankbar für die Möglichkeit. „Ich habe meinem Kind so viel Schutz wie möglich mitgegeben.“ Mittlerweile ist ihr Sohn auf der Welt, beiden geht es gut.

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