Statt fünf Tagen in der Woche nur vier Tage arbeiten: Was lange Zeit undenkbar war, wird inzwischen von vielen Fachleuten gefordert. Das Klinikum Karlsruhe startet jetzt als eines der ersten Krankenhäuser in Baden-Württemberg ein Pilotprojekt in der Pflege, bei dem Vollzeitkräfte an vier Wochentagen länger arbeiten und dafür den fünften Tag frei haben.

Studien und Testphasen deuten darauf hin, dass Menschen mit einer Vier-Tage-Woche ausgeglichener sind, seltener erkranken und sich sogar die Produktivität erhöht. Gleichzeitig kann dieses Arbeitszeitmodell ein wichtiges Element beim Werben um neue Mitarbeitende sein. Denn viele Beschäftigte wünschen sich mehr Freiraum neben ihrem sinnstiftenden, aber auch anspruchsvollen Beruf. Das Städtische Klinikum Karlsruhe hat jetzt als eines der ersten Krankenhäuser in Baden-Württemberg ein Pilotprojekt gestartet, um das Modell als neue Arbeitszeitoption in der Pflege zu testen.

„Bei der Vier-Tage-Woche wird an vier Tagen in längeren Schichten gearbeitet, der fünfte Tag ist frei“, erläutert Pflegedirektorin Elvira Schneider den Ansatz im Klinikum Karlsruhe. „Zwei Modelle sind bei uns möglich: die 4-Tage-Woche mit einer Schichtlänge von 9,45 Stunden plus einer Dreiviertelstunde Pause oder die 4,33-Tage-Woche mit einer Schichtlänge von 9 Stunden und einer halbstündigen Pause. 4,33 Tage bedeutet dabei, dass jede vierte Woche eine Fünftagewoche ist.“

Bei beiden Modellen verschieben und verlängern sich die vier bestehenden Schichten Früh-, Zwischen-, Spät- und Nachtdienst. Positiver Effekt: Die Überlappungszeit im Tagdienst ist größer und in dieser Kernzeit ist somit mehr Personal vor Ort.

Auf der Pilotstation werden Patientinnen und Patienten der Klinik für Kardiologie und Neurologie behandelt. „Die Schichtstärken orientieren sich an den gesetzlichen Vorgaben, durch die längeren Schichten erhöht sich jedoch die Gesamtstundenzahl der Pflegekräfte je Tag“, erklärt Schneider. „Die längere Überlappungszeit bedingt auch eine Umstrukturierung des Tagesablaufs.“

Tätigkeiten wie Grund- und Behandlungsversorgung, Verbandswechsel und Mobilisation, die üblicherweise morgens zwischen 8 und 12 Uhr durchgeführt werden, aber auch die Dokumentation der Versorgung, Qualitätssicherung und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ergo-, Logo- und Physiotherapie werden in die Überlappungszeit verlegt, wenn die höchste Anzahl der Pflegekräfte vor Ort ist. „In dieser Zeit können wir in kleineren Gruppen gezielt mit den Patientinnen und Patienten arbeiten“, betont Pflegefachkraft Erik Gensert, der sich für das Pilotprojekt entschieden hat. Die Anzahl der zu versorgenden Patienten je Pflegkraft sinkt, Arbeitsabläufe sind ungestörter und die Mitarbeitenden deutlich entlastet.

Hauptargument ist für Gensert neben der Arbeitsentlastung das neue Arbeitszeitmodell mit drei bis vier zusätzlichen freien Tagen pro Monat, die er sich durch die längeren Schichten erarbeitet. „Ich habe zwei kleine Kinder, mit denen ich dann deutlich mehr Zeit verbringen kann. Außerdem habe ich Lust, etwas Neues auszuprobieren.“

Andere Mitarbeitende können den zusätzlichen Tag für ihre Hobbies und Erledigungen nutzen oder spannen einfach nur aus. Pflegefachkraft Emily König hingegen studiert neben dem Beruf Gesundheitspsychologie und Medizinpädagogik. „Ich finde es klasse, dass ich mich dann an einem weiteren Tag unabhängig von den Schichten auf das Lernen konzentrieren kann.“

Interessant kann das Modell auch für Teilzeitbeschäftigte sein, die durch die längeren Schichten ihren Beschäftigungsumfang erhöhen können oder aber bei gleichem Beschäftigungsumfang weniger Arbeitstage absolvieren müssen.

Daniel Bauer, der als Pflegedienstleitung maßgeblich am Aufbau des Projekts beteiligt war, hält es für möglich, dass die Pilotphase in ein festes Arbeitszeitmodell übergeht. „Neben unseren vielen etablierten Arbeitszeitmodellen wie den Ad-hoc-Teams, in denen die Beschäftigten zu ihren Wunschzeiten arbeiten, schaffen wir mit der Vier-Tage-Woche eine weitere attraktive Option für unsere Mitarbeitenden. Wir freuen uns, wenn wir dadurch neue Kolleginnen und Kollegen für die Pflege im Klinikum Karlsruhe gewinnen können.“

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