Die Elektromusik hallt noch in den Ohren nach als Finn mit seinem Bruder vom Festivalgelände rollt. Beide haben hinter der Bühne wieder ganze Arbeit geleistet. Ohne Finn, seinen älteren Bruder und das Team hätten Netsky, Steve Aoki, und W&W nicht ihre Beats über den Rasen brettern und 40.000 Füße zum Abtanzen bringen können. Nach der Veranstaltung ist vor der Veranstaltung: Licht, Boxen, Technik – alles wurde wieder sorgfältig abgebaut und verstaut – bis zum nächsten Auftrag. Er ist stolz, dass in Teamarbeit wieder alles so reibungslos geklappt hat. Der 28-jährige liebt seinen Job als selbständiger Veranstaltungstechniker und die Freiheit, die er mit sich bringt. Seit drei Jahren zieht er parallel eine andere Firma hoch: Garten- und Landschaftspflege. Was als zweites Standbein gedacht war, in einer Zeit, in der kein einziger Beat über den Rasen fegte und gefühlt die ganze Welt stillstand, hat sich gut entwickelt. 

Finn ist zufrieden mit sich und seinem Leben. Seit Corona ist er vorausschauender geworden. Er plant überlegter und wägt Investitionen ab: Kann ich mich darauf verlassen, dass die Welt morgen noch so ist wie heute? Nein, das kann er nicht. Das hat er gelernt. Und es hat ihn reifer aber kein bisschen ängstlicher oder gar verbittert gemacht. Er packt die Dinge an und bleibt dem Leben zugewandt. Wenn ihm danach ist, fährt er mit dem Auto spontan ein-zwei Tage weg und lässt neuen Wind in den Alltag – einfach, weil er es kann. 

Wenn er vom Kurztrip wiederkommt, baut er weiter Bühnen für andere. Selbst im Rampenlicht zu stehen, ist nicht sein Ding. Das steigt manchen Leuten zu Kopf. Hinter der Bühne hat er ständig mit Stars zu tun – Wert darauf sich mit ihnen zu unterhalten, legt er nicht. Bei einem hätte er eine Ausnahme gemacht. „Mit Udo Jürgens hätte ich gerne mal gequatscht. Ich bin kein Schlagerfan, aber der Mann hat viel auf die Beine gestellt.“

Von seinem schnell getakteten Alltag in der Unterhaltungsindustrie entschleunigt er beim Bäume schneiden und Rasen mähen. Auch bei der Freiwilligen Feuerwehr (FFW) Wardenburg kommt er auf andere Gedanken. Seit 2016 ist er dort Mitglied. Anfang 2023 wurde Finn zum Gruppenführer gewählt und hat den Hygieneposten inne. Seitdem hat er mehr Mitspracherecht und ist in der Truppe Ansprechpartner für Hygiene. Er weiß, um das erhöhte Risiko an Feuerkrebs zu erkranken, dem Feuerwehrleute bei ihrer Arbeit ausgesetzt sind. Er nimmt es ernst und freut sich darüber, dass auch seine Kameradinnen und Kameraden immer bewusster mit dem Thema umgehen. „Die Rückstände einer unvollständigen Verbrennung nach einem Einsatz nicht zu entfernen, ist gefährlich. Dann kann man auch gleich den Kopf in den Kamin stecken. Vorsorge und Vorsicht sind besser als Nachsorge und Nachsicht.“ Er wird nicht müde zu erklären, dass die Rußpartikel, die nach einem Löscheinsatz auf Einsatzkleidung und PSA verbleiben, gesundheitsschädigend sind. Die Gefahr sie vom Einsatz mit nach Hause in die Familien zu nehmen, ist allgegenwärtig. Über die Haut gelangen sie ins Innere des Körpers und schädigen ihn. Diese Gefahr möchte er bannen. 

Seit 2018 wurde im Landkreis Oldenburg ein Farbcode-System getestet und anschließend etabliert. Es erleichtert den Umgang mit getragener Schutzausrüstung. Wenn ein Trupp aus einem Einsatz kommt, helfen zwei Personen in Ganzkörper-Einmalanzügen und Masken den Kameradinnen und Kameraden beim Ablegen der PSA. Sie verpacken sie luftdicht und bringen die Schutzausrüstung zu einer spezialisierten Wäscherei und die Atemschutzkomponenten inkl. der Schläuche gehen zur Aufbereitung in eine Feuerwehrtechnische Zentrale. Weil Einmalanzüge nicht ressourcenschonend sind, schaut sich die FFW gerade nach Alternativen um. Atemschutzgeräte, die nicht kontaminiert wurden, z. B. bei einem Einsatz wegen Fehlalarm, werden in grüne Säcke verpackt. Bei Standardeinsätzen wie Mülleimer-, Wohnungs-, oder Dachstuhlbrand kommen sie in Gelbe. Wenn Asbest oder Gefahrstoffe am Einsatzort im Spiel waren, wandert die PSA in rote Säcke. In manchen Fällen, je nach Schwere des Brandes, wird auch eine Spezialfirma hinzugezogen. 

Finn schätzt den Zusammenhalt in der Truppe. Das Gefühl gebraucht zu werden und etwas Sinnvolles zu tun, treibt ihn auch bei seinen anderen Projekten an. Sein Ziel ist es, weiter hart zu arbeiten, so dass er sein Seniorendasein später in Ruhe genießen kann. Aber bis dahin hat er noch Zeit. Die genießt er so oft er kann mit seiner Freundin und schafft für sie und sich immer wieder Höhepunkte im Alltag. Dann taucht er ab und betrachtet die Unterwasserwelt in 35 Meter Tiefe durch das Bullauge eines U-Boots.

Ein Interview mit Finn ist hier zu lesen: https://m3o.link/mfinn

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