Deutschland ist wieder im Fußball-Fieber. Und zwar nicht nur die einheimischen Fußball-Fans, sondern natürlich auch die, die extra nach Deutschland kommen, um bei der Europameisterschft (EM) ihre Nationalmannschaft anzufeuern und bestenfalls natürlich gewinnen zu sehen. Bis zum Finale am 14. Juli wird an den Austragungsorten und überall, wo Fußballfans unterwegs sind, viel los sein. Und da wird es sicherlich auch mal zu später Stunde etwas lauter werden, es wird Autokorsos geben und natürlich wird der ein oder andere am Auto Flagge zeigen. Ist ja schließlich EM und da darf man das, oder? ARAG Rechtsschutzexperte Tobias Klingelhöfer gibt einen Überblick über die Regeln, die außerhalb des Rasens gelten.

Rund die Hälfte der 51 EM-Spiele beginnt erst um 21 Uhr. Sich da an die gesetzlichen Ruhezeiten zu halten, könnte also schwer werden. Welche Regeln gelten und worauf sollte man achten, wenn Spiele erst deutlich später enden?
Tobias Klingelhöfer:
 Das hängt davon ab, ob es eine öffentliche Veranstaltung ist oder eine private Party. Für offizielle Public Viewings gibt es auf jeden Fall Ausnahmeregelungen über die gesamte EM. Das heißt, wenn die zuständigen Behörden dafür ihr Go gegeben haben, darf dort auch nach 22 Uhr angefeuert, gejubelt und gefeiert werden. Anders sieht das aber bei privaten EM-Partys aus: Da darf rein rechtlich nach 22 Uhr keiner in der Nachbarschaft durch Lärm gestört werden. Allerdings gibt es da auch noch das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme: Wenn sich zum Beispiel der Feierjubel auf ein annehmbares Maß von etwa 30 Minuten beschränkt, könnten die Nachbarn im Gegenzug ein Auge zudrücken. Immerhin ist ja EM.

Allein in Berlin werden 2,5 Millionen Besucher zur Fußball-EM erwartet. Vor allen in Städten mit Spielstätten werden die Betten sicherlich knapp und teuer. Dürfen sich Mieter dann etwas hinzuverdienen und untervermieten?
Tobias Klingelhöfer:
 Wer Eigentümer einer Wohnung ist, kann das natürlich machen. Einziges K.O.-Kriterium in diesem Fall wäre eine Hausordnung, die eine Vermietung grundsätzlich verbietet. Aber auch Mieter können unter Umständen ihren Geldbeutel mit einer Untervermietung füllen. Allerdings rate ich unbedingt dazu, den Vermieter um Erlaubnis zu fragen. Ansonsten riskiert man eine fristlose Kündigung. Gibt der Vermieter grünes Licht, darf bis zu 90 Tage untervermietet werden, Studenten dürfen das manchmal sogar bis zu 180 Tage lang.

Wichtig ist auch, dass man den Wohnraum nicht unbedingt als Feriendomizil anbieten darf. Denn in vielen Bundesländern gibt es ein sogenanntes Zweckentfremdungsverbot. Danach darf Wohnraum nicht zweckentfremdet werden, etwa für touristische Zwecke. In anderen Fällen ist auch eine Wohnraum-ID nötig, wenn man kurzzeitig untervermieten möchte. Auch damit soll vor allem in Städten mit knappem Wohnraum dafür gesorgt werden, dass Wohnraum nicht dauerhaft an Touristen vermietet wird. Die ID kann in der Regel über die Portale der Städte und Gemeinden beantragt werden. Übrigens: Wer mehr als 520 Euro im Jahr mit der Untervermietung verdient, muss das Geld versteuern.

Auch Schäden, die der Untermieter verursachen könnte, sollten bedacht werden. Denn dafür steht der Mieter gerade. Ganz wichtig: Dabei sollte man nicht auf seine Haftpflichtversicherung bauen. Denn ein vom Untervermieter verantwortetes Malheur ist in der Regel nicht im Versicherungsschutz eingeschlossen. Stattdessen wäre es sinnvoll, dass der kurzzeitige Mitbewohner eine Privathaftpflichtversicherung hat, die auch Schäden an Mietgegenständen abdeckt.

Viele dekorieren ihr Auto in den Nationalfarben ihrer Mannschaft. Was ist erlaubt und wann droht Ärger?
Tobias Klingelhöfer:
 Grundsätzlich steht es jedem natürlich zu, sein Auto zu schmücken. Die Deko darf aber das Auto nicht breiter machen als die maximal zulässigen 2,55 Meter. Auch das Sichtfeld darf durch Fahnen, Fanschals und Banner nicht eingeschränkt sein. Außerdem sollte man immer bedenken, dass man für Schäden haftet, die zum Beispiel durch außen angebrachte Fähnchen oder Wimpel entstehen, die sich während der Fahrt lösen. Wenn die Außenfähnchen mit Plastikhaltern am Autofenster befestigt sind, erhöht das zudem das Risiko, dass das Auto aufgebrochen und gestohlen wird. Denn durch die Halter schließt das Fenster nicht mehr richtig und der Versicherer könnte sich in so einem Fall weigern, den Schaden zu regulieren.

Wir erinnern uns an 2014, als wir Weltmeister wurden. In den Innenstädten gab es lauter Autokorsos und Hupkonzerte. Ist das überhaupt erlaubt?
Tobias Klingelhöfer:
 Zumindest Autokorsos sind erlaubt. Aber nur wenn sich die Fahrer an die üblichen Verkehrsregeln halten. Das heißt, rote Ampeln, Promille-Grenzen, Stoppschilder und Anschnallpflicht sind unbedingt einzuhalten. Es dürfen auch nur so viele Personen im Auto sitzen, wie es Plätze mit Gurten gibt. Und während der Fahrt auf die Motorhaube oder das Autodach zu klettern, ist absolut tabu. Auch der Fahrer darf während der Fahrt nicht beeinträchtigt werden. Grundlos auf die Hupe zu drücken ist allerdings grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit. Geht es aber ansonsten gesittet zu, ist es durchaus möglich, dass die Polizei nach einem Sieg bei einem Hupkonzert Milde walten lässt, wie es ja auch schon 2014 der Fall war.

Was sollte man noch unbedingt beachten?
Tobias Klingelhöfer:
 Das Thema Wildpinkeln sorgt bei Großevents erfahrungsgemäß oft für Ärger. Denn während der Spiele fließt sicherlich einiges an Getränken die Kehlen runter – und irgendwann drückt dann auch die Blase. Aber auch wenn es keine Toilette in der Nähe gibt und man Gefahr läuft, das nächste Tor zu verpassen, darf man sich nicht einfach ins nächste Gebüsch verziehen und sich dort erleichtern. Denn Wildpinkeln ist auch während der EM kein Kavaliersdelikt und kann wirklich sehr teuer geahndet werden. Das gilt übrigens auch für Sex an öffentlichen Orten, auch wenn er einvernehmlich ist. Wer sich nicht zurückhält, riskiert ein Bußgeld von bis zu 1.000 Euro.

Wenn man nach einem gemeinsamen Fußball-Abend in der Kneipe oder bei Freunden vielleicht sogar ein bisschen angetrunken wieder nach Hause geht – wie kommt man trotzdem sicher heim?
Tobias Klingelhöfer:
 Man sollte sich vorher gut überlegen, welche Route man wählt. Sicherer als der vielleicht schnellere Weg durch einen Park sind zum Beispiel Strecken, wo es noch offene Kioske oder Spätis gibt oder Kneipen und Bars, wo man sich im Notfall in Sicherheit bringen könnte. Speziell für Frauen gibt es auch einen Code, mit dem sie in vielen Diskotheken, Clubs und Lokalen um Hilfe bitten können. Und zwar ist das die einfache Frage ‚Ist Luisa hier?‘. Und wenn man eine sichere Begleitung für den Nachhauseweg benötigt, gibt es das Heimwegtelefon unter der Nummer 030 12 07 41 82. Ein Ehrenamtlicher telefoniert dann so lange mit dem Anrufer, bis er am Ziel angekommen und zu Hause ist. Außerdem werden Name, Zieladresse und Route aufgenommen. Und sollte wirklich etwas passieren, kann das Heimwegtelefon dann sofort Hilfe schicken – ganz egal, wo man ist.

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