Im Frühjahr 2023 hat die Europäische Chemikalienagentur ECHA einen Vorschlag für die Beschränkung von über 10.000 per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) veröffentlicht. Als Wirtschafts- und Arbeitgeberverband teilt Südwesttextil die Sorgen, die die Wirtschaftsministerien aus Bayern und Baden-Württemberg in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Ausdruck bringen. Die Stoffe pauschal zu verbieten und dann nur mit einzelnen Ausnahmen zu arbeiten, sorgt für eine Abwanderung wichtiger Industriezweige.

Die Problematik der Regulierungspolitik der EU offenbart sich in der Textilindustrie unter anderem bei der von der PFAS-Beschränkung betroffenen Verbindung PFHxA. Die Substanz ist unabkömmlich in Medizintextilien wie Stents, Industriefiltern, Elektroisolationsmembranen, Schutzbekleidung wie kugelsicheren Westen oder Schnittschutzhosen oder auch im Bereich der Mobilität in Form von Flammschutz oder Druckausgleichsmembranen. Letztere sorgen zum Beispiel in Flugzeugen als Pflaster um Schaltgehäuse dafür, dass die Luft zirkulieren und der Druck ausgeglichen werden kann. Ohne Textil bekäme die Elektronik schnell „Kopfweh“, wäre nicht mehr funktionsfähig – und das, obwohl eine Produktgarantie von 40 Jahren erforderlich ist.

PFHxA wird zusätzlich noch gesondert reguliert, sodass der niedrige Grenzwert einem Anwendungsverbot gleichkommt – obwohl auf einem fertigen Produkt nur noch sehr geringe Spuren zu finden sind und eine toxikologische Unbedenklichkeit durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen ist. Einen Ersatzstoff gibt es bislang für viele Anwendungen nicht und PFHxA war erst 2017 als Ersatzstoff in der PFOA-Regulierung benannt worden, sodass zahlreiche Lieferketten darauf umgestellt wurden.

Südwesttextil-Hauptgeschäftsführerin Edina Brenner: „PFHxA ist für uns exemplarisch für die Problematik der EU-Chemikalienpolitik. Wir regulieren unbegründet, doppelt, pauschal und damit zu radikal! Im Bereich der technischen Textilien hatten wir einen großen Wettbewerbsvorteil, den wir „zu verspielen“ drohen. Wir fordern daher die Bundesregierung auf, sich für einen Kurswechsel in der EU-Chemikalienpolitik einzusetzen – weg von pauschalen Verboten hin zu Beschränkungen mit Augenmaß!“

Der Praxischeck zeigt auch: die Umsetzungspläne der ECHA, bspw. die kürzlich veröffentlichten Technischen Leitlinien zu Analyseverfahren, sind fernab der Realität. Die geforderten Grenzwerte vieler verwandter Verbindungen von PFHxA sind bislang nicht messbar. Sie können derzeit in der Praxis nicht rechtssicher überprüft werden bzw. für viele Stoffe gibt es noch gar keine Prüfverfahren.

Weiterführende Links:
– Eine Illustration der verschiedenen Anwendungen von PFHxA finden Sie hier.
– Gemeinsam mit dem Gesamtverband textil+mode und weiteren Landesver-bänden hat Südwesttextil hier eine Stellungnahme zur PFHxA Regulierung veröffentlicht.
– Der Gutachten zur toxikologischen Unbedenklichkeit von PFHxA wird Ihnen von unserem Team auf Anfrage zur Verfügung gestellt.
 

Über den Südwesttextil e.V.

Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist Deutschlands zweitgrößte Konsumgüterindustrie und bei technischen Textilien Weltmarktführer.

Südwesttextil vertritt die Interessen der Branche in Baden-Württemberg. Der Wirtschafts- und Arbeitgeberverband ist eine Gemeinschaft von rund 220 Unternehmen mit 7 Mrd. Euro Umsatz und 24.000 Beschäftigten.

Viele sind wichtige Zulieferer für die Autoindustrie, Luft- und Raumfahrt und Medizin oder machen mit attraktiver Mode und hochwertigen Heimtextilien den Alltag schöner und komfortabler.

Südwesttextil ist Berater für seine Mitglieder, Netzwerker in Politik und Wirtschaft, Sozial-partner in der Tarifpolitik, Förderer der Textilforschung und des Engagements für soziale und ökologische Standards.

Textil aus Baden-Württemberg ist der Stoff, aus dem die Zukunft ist.

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