1. Friseurin aus Irak verwirklicht Kindheitstraum
Dass Rückschläge die Chance für einen wundervollen Neuanfang bieten können, beweist die bewegende Geschichte der 48-jährigen Friseurjungmeisterin Adele Babaiwy: „Schon als ich klein war hatte ich den Traum, Friseurin zu werden“, erzählt die Stuttgarterin von ihrer Kindheit im Irak. Doch da es in ihrer Heimat die Ausbildung zur Friseurin nicht gab, wählte sie die Lehre zur Augenoptikerin. Die politische Situation im Irak spitzte sich immer weiter zu, Ende 2012 verließ sie schließlich ihre Heimat.
In Deutschland stand sie dann vor einer schweren Entscheidung: Aufgrund der großen Unterschiede der Ausbildungssysteme sei nur die teilweise Anerkennung ihrer Lehre möglich gewesen. „Ich habe mich dann für meinen Kindheitstraum und die Ausbildung zur Friseurin entschieden.“ Mit stolzen 41 Jahren startete sie in die Lehre. Weiter ging es danach direkt mit der Meisterausbildung. „Der Meistertitel bedeutet mir sehr viel und öffnet neue Türen und Chancen. Mein Traum ist ein eigener Friseurbetrieb, in dem ich Friseur- und Kosmetikdienstleistungen anbiete.“
2. Tischlermeister mit Leidenschaft für nachhaltiges Handwerk
Bestmeister Felix Völz hat als Quereinsteiger ins Handwerk gefunden. Nach seinem Studium der Elektrotechnik hat er erkannt: Er möchte nicht in der Industrie arbeiten. Er entschloss sich, doch noch eine Ausbildung als Tischler zu machen und hatte schon da den Meistertitel als festes Ziel vor Augen. Als Geselle zog es ihn dann in die Region Stuttgart, wo er in der Ökologischen Werkstatt in Fellbach anfing zu arbeiten. Zusammen mit seinem Kollegen Niklas Kunze erhielt er das Angebot, den Betrieb zu übernehmen. „Das war schon immer mein Ziel, mich selbstständig zu machen. Deshalb musste ich die Gelegenheit einfach ergreifen und so kam der Meister doch etwas früher als gedacht“, erzählt der 32-Jährige.
Sein Ziel mit dem eigenen Betrieb ist es, möglichst ressourcenschonend zu arbeiten. „Das ist das Tolle am Handwerk: Es ist ehrlich und als Betriebsinhaber habe ich die Kontrolle darüber, wo meine Materialen herkommen und wie ich arbeiten möchte. Das hat mich besonders gereizt“, sagt Felix Völz. Mit der geplanten Betriebsübernahme 2025/26 im Blick hat er als Meisterstück einen Stehtisch entworfen, der für Beratungen im zukünftigen Kunden-Empfangsbereich stehen soll. „Dabei konnte ich sogar meine Kenntnisse als Elektrotechniker mit einfließen lassen. Ich habe in der Tischplatte eine versteckte Scan-Einheit verbaut, mit der man Materialmuster abscannen kann, um auf einem Bildschirm weitere Informationen oder passende Inspiration zu bekommen.“
3. Begeisterung fürs Klempner-Handwerk wecken
Ihr Meisterstück hat Klempnerin Franziska Dangel unter dem Motto gestaltet, worüber sie sich aktuell viele Gedanken macht: Zeit. Aus Kupfer hat sie eine moderne Kaminuhr gefertigt. Auf der 12-teiligen strahlenförmigen Front sind die zwölf Ziffern als minimalistische Kreise dargestellt. Parallel zur Entwicklung des Meisterstücks lief auch schon der Prozess der Übernahme des Familienbetriebs an, zusammen mit ihrer Schwester Elena. Für die 27-Jährige aus Lenningen bedeutete das viele neue Aufgaben und Herausforderungen. „In so stressigen Phasen lernt man Zeit viel mehr zu schätzen. Ein guter Umgang mit Zeit ist entscheidend, um eine Struktur im Arbeitsalltag zu haben – dabei dürfen aber die anderen wichtigen Dinge im Leben nicht vernachlässigt werden“, sagt die Klempnermeisterin.
Franziska Dangels Herzensaufgabe ist es, den vielfältigen Klempnerberuf bekannter zu machen: „Viele wissen gar nicht, was wir überhaupt machen“, betont die Klempnermeisterin. Als Handwerkschwestern werben sie und ihre Schwester Elena deshalb auf Social Media für den Beruf. Authentisch geben sie Einblicke aus dem Betrieb und von den Baustellen – und das mit Erfolg: über 35.000 User folgen den Handwerkerinnen schon auf Instagram. „Wir wollen etwas gegen den Fachkräfte- und Nachwuchsmangel tun und auch mehr Frauen für den Beruf begeistern. Wenn man etwas wirklich machen möchte, sollte man es einfach ausprobieren und sich nicht davon abhalten lassen, was Freunde, Bekannte oder auch die Eltern sagen“, resümiert die Meisterin.
4. Eine Zimmerin räumt mit Vorurteilen auf
Die Begeisterung für handwerkliche Arbeit entwickelte Leonie Schaaf aus Kirchentellinsfurt schon früh: „Mit den Händen etwas zu schaffen, gehörte für mich im Alltag einfach dazu und mir hat es schon immer Spaß gemacht, mit meinem Papa in der Werkstatt zu arbeiten“, erzählt die Jungmeisterin im Zimmerer-Handwerk. Als Frau in einem Beruf arbeiten, für den sich vorwiegend Männer entscheiden? Das ist für Leonie Schaaf keine Besonderheit. Auch in der Meisterschule war sie unter den Zimmerern die einzige Frau. Ihr gehe es gerade deshalb darum, Klischees abzubauen und den Zusammenhalt zu stärken.
Die 23-Jährige hatte bereits in ihrer Ausbildung ein klares Ziel vor Augen: Sie möchte in der Arbeitsvorbereitung und Planung tätig sein. Als Meisterin steht ihr dieser Weg nun offen. „In der Meister-Ausbildung konnte ich mir ohne jahrelanges Studium mehr Wissen über Planungsabläufe, Betriebswirtschaft und Fachwissen aneignen.“ Am meisten habe ihr der wertvolle Austausch mit den Kollegen zu praxisrelevanten Themen gefallen, denn auf den Baustellen müssen Projekte mit teils ausgeklügelten Konzepten verwirklicht werden. „Es ist ein Abschluss, auf den man stolz sein kann und der wertgeschätzt wird, ich bin sehr glücklich mit meiner Entscheidung“, resümiert sie.
5. Junger Meister mit neuen Ideen für den Familienbetrieb
„Vor fünf Jahren hatte ich noch nicht einmal einen Realschulabschluss und jetzt bin ich Meister“, Nico Schlienz aus Baltmannsweiler ist selbst noch erstaunt über diese Entwicklung. Für den 20-Jährigen war schon lange klar, dass er im Metallbau-Familienbetrieb Fuß fassen möchte. „Nachmittags nach der Schule habe ich zum Beispiel ein Go-Kart und einen doppelwandigen Tresor gebaut. Der Kontakt zu Metall war schon immer da.“ Ihn begeistert vor allem, etwas zu erschaffen, was man anfassen kann, was sinnvoll ist und zur Gesellschaft beiträgt.
Nach seiner Ausbildung sammelt er Erfahrungen in einem österreichischen Unternehmen im Industrieanlagenbau – eine intensive und lehrreiche Zeit. Mit Blick auf eine zukünftige Übernahme des Familienbetriebs hat Nico den Meister zügig angeschlossen. Als Meisterstück hat er für den Familienbetrieb eine „Aufbereitungsanlage mit mechanischer Räumereinrichtung“ als Prototyp im Bereich Umweltschutz entwickelt, die auch als Ausstellungsstück dienen soll. „Eigentlich wollte ich dann nochmal zurück nach Österreich, doch im Familienbetrieb haben wir mit einer Beteiligung bei einer österreichischen Firma, die Photovoltaik-Carports herstellt, einen neuen Bereich in Richtung Klimaschutz aufgebaut“, erzählt der Jungmeister. Jetzt leite er den Bereich und baue das neue Geschäft mit auf. „Damit möchten wir unseren Betrieb gut für die Zukunft aufstellen. Das ist eine neue Herausforderung, auf die ich mich sehr freue.“
6. Herausragende Meisterin mit Herzblut
Von der ländlichen Bodenseeidylle ging es für Tina Heilig für die Meister-Ausbildung zur Land- und Baumaschinenmechatronikerin nach Kirchheim unter Teck. Schon im Gesellen- und Leistungswettbewerb im Jahr 2022 fiel die talentierte Handwerkerin auf und wurde als Preisträgerin ausgezeichnet. Danach ging es steil nach oben: Als Jahrgangsbeste schloss sie ihre Meisterprüfung mit Bravour ab und erzählt von ihrer Leidenschaft für diesen Handwerksberuf. „Ich selbst stamme aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, bei dem viele technische Arbeiten anfielen. Durch ein Praktikum war mir klar – das ist genau meins.“
Doch der Weg zu ihrem Traumberuf sei nicht immer einfach gewesen. Aufgrund der langen Fahrt sei die Fertigstellung des Meisterprojekts eine Herausforderung gewesen. Eine Bereicherung während dieser Zeit seien die verschiedenen Exkursionen in Werkstätten und der Kontakt mit zwei Handwerkerinnen gewesen, mit denen sie Meisterkurse besuchte. „Wir drei waren ein super Team, das hat mich sehr gestärkt“, erzählt sie. In der Zukunft möchte die Meisterin ihren Erfahrungsschatz in ihrem Handwerksberuf erweitern und betont: „Erfahrung ist in unserem Handwerk unverzichtbar“.
7. Neue Mission: Konditoren-Nachwuchs ausbilden
Seit seiner Grundschulzeit träumte Stefan Dietterich davon, Bäcker und Konditor zu werden. Nach der 10. Klasse verließ er deshalb das Gymnasium und machte eine Ausbildung zum Bäcker und schließlich auch noch zum Konditor. „Da das Konditorenhandwerk eine unheimlich große Abwechslung und viel Spielraum für Kreativität und Eigeninitiative bietet, habe ich mich entschlossen, darin auch noch den Meister zu machen“, erzählt der 27-Jährige aus Kirchheim unter Teck. Seine kreativen Ideen konnte er in sein Meisterstück einbringen: Ein Schaustück aus Zucker sowie eine Festtafel zum Thema „Die magische Welt von Harry Potter“.
Sich um den Nachwuchs kümmern – das ist dem Jungmeister ein großes Anliegen. Für die nächsten Jahre bleibt er deshalb in seinem Ausbildungsbetrieb als Meister angestellt und übernimmt die Ausbildung der Azubis. Auch im Konditorenhandwerk sei es schwierig, Auszubildende zu finden – vor allem welche, die auch nach der Ausbildung noch im Beruf tätig bleiben. Dabei werden Fachkräfte dringend gebraucht. Stefan Dietterich hat daher eine Mission: „Ich möchte den jungen Menschen zeigen: Es ist kein eintöniger und monotoner Beruf, sondern eine Wundertüte!“
Die Geschichten finden Sie auch online: www.hwk-stuttgart.de/machergeschichten
Meisterfeier 2024
Am Freitag, den 18. Oktober, erhalten 624 Meisterinnen und Meister aus 28 Gewerken ihre Meisterbriefe im feierlichen Rahmen unter dem Motto „Level up! Mission Meister:in“ im Internationalen Congresscenter Stuttgart (ICS).Von den 624 Meisterinnen und Meistern sind 508 Männer und 116 Frauen. Die älteste Person unter den Absolventinnen und Absolventen ist 53, die jüngste 19 Jahre alt. Die meisten Handwerks-Meisterprüfungen wurden in der Region Stuttgart in der Kraftfahrzeugtechnik (103) abgelegt. Auf Platz zwei liegen die Installateure und Heizungsbauer (52) und auf Platz drei die Maler und Lackierer (46). Sechs Frauen und acht Männer erhielten in diesem Jahr außerdem eine Auszeichnung als Bestmeister/Bestmeisterin.
Die Bestmeister 2024
Bäcker-Handwerk: Amelie Endraß, 88239 Wangen im Allgäu
Fliesen-, Platten- und Mosaikleger-Handwerk: Adrian Becker, 76327 Pfinztal
Friseur-Handwerk: Denise Weiß, 71263 Weil der Stadt
Installateur und Heizungsbauer-Handwerk: Jonas Klink, 72525 Münsingen
Konditor-Handwerk: Stefan Dietterich, 73230 Kirchheim unter Teck
Konditor-Handwerk: Jasmin Sophie Akers, 71672 Marbach am Neckar
Land- und Baumaschinenmechatroniker-Handwerk: Tina Heilig, 88099 Neukirch
Maler und Lackierer-Handwerk: Ida Zimmermann, 78345 Moos
Maßschneider-Handwerk: Milena Herdt, 72488 Sigmaringen
Metallbauer-Handwerk: Joshua Ebner, 79761 Waldshut-Tiengen
Müller-Handwerk: Andreas Gaisberger, 4324 Rechberg / Österreich
Raumausstatter-Handwerk: Simon Riekert, 75447 Sternenfels
Schilder- und Lichtreklamehersteller-Handwerk: Martin Raff, 74722 Buchen (Odenwald)
Tischler-Handwerk: Felix Völz, 70734 Fellbach
Handwerkskammer Region Stuttgart
Heilbronner Straße 43
70191 Stuttgart
Telefon: +49 (711) 1657-0
Telefax: +49 (711) 1657-222
http://www.hwk-stuttgart.de
Kommunikation und Politik
Telefon: +49 (711) 1657-253
E-Mail: christina.dierschke@hwk-stuttgart.de