Pro Rheintal war unterwegs und hat vom Bahnlärm betroffene Menschen in Weißenthurm besucht. Anwohner, die direkt an der Bahn wohnen und sich ratlos wundern, warum überall in Weißenthurm neue Lärmschutzwände aufgestellt wurden – nur bei ihnen nicht, obwohl diese doch augenscheinlich hier am notwendigsten sind.

Stadtbürgermeister Johannes Juchem und ein Vertreter der lokalen Bürgerinitiative hatten sich ebenfalls zu dem Treffen eingefunden und verkündeten, man hätte das inzwischen reklamiert, dürfe aber frühestens 2028 mit einer Änderung der Situation rechnen. Der entsprechende Wohnabschnitt an der Langfuhr umfasst zirka zehn Mehrfamilienhäuser, die ohne Lärmschutz am Rand der Schienenstrecke stehen und eigentlich bereits seit 2023 geschützt sein müssten.

Ein Jahrzehnt, nachdem der Beirat „Leiseres Mittelrheintal“ die Lärmschutzmaßnahmen beschlossen hatte, wurden sie 2023 in Weißenthurm umgesetzt. Umso bedenklicher ist es, dass ein besonders betroffener Abschnitt an der Langfuhr dabei bis heute nicht berücksichtigt wurde. Die Anwohner/innen fühlen sich als Menschen zweiter Klasse. Pro Rheintal fordert deshalb Auf­klärung, wer dafür die Verantwortung trägt, dass hier keine Lärmschutzwände errichtet wurden, und hält insbesondere das voraussichtliche Nachbesserungsdatum in 2028 für nicht tragbar.

Was Bund und Bahn, aber auch Abgeordnete und Stadt­vertreter offenbar immer wieder übersehen, sind die Not und der Zeitdruck, die hinter solchen Lärmschutzforderungen stehen. Menschen, die keine Nacht mehr durchschlafen können, weil laute Züge sie aus dem Schlaf reißen, sind in allen Bereichen ihres Lebens eingeschränkt. Sie sind entsprechend weniger leistungsfähig und konzentriert und drohen krank zu werden. Wissenschaftler der Universität Mainz haben in Labor­tests festgestellt, dass junge Menschen durch solche nächt­lichen Störungen bereits nach wenigen Tagen gesundheitliche Effekte zeigen. Wenn das über Jahre geht, schlägt irgendwann jedem die Stunde, in der Krankheiten ausbrechen.

Pro Rheintal verließ im Jahr 2020 auf eigene Initiative den 2012 gegründeten Beirat, weil nichts voranging und man sich mit der Not der Menschen endlos Zeit ließ. Es ist geradezu schicksalhaft, dass in diesem Abschnitt von Weißenthurm inzwischen mehrere Menschen an Krebs erkrankt sind und sich wieder an Pro Rheintal wenden mit der Bitte: „Helft uns doch, denn dieses Land und diese Bahn kennen keine Gnade.“

Parteien verstecken sich hinter gesetzlichen Regelungen, die krankheitsbedingte Lärmeffekte unberücksichtigt lassen, obwohl die krankmachende Wirkung von Bahnlärm längst wissenschaftlicher Konsens ist. In Deutschland wird Lärm­schutz immer noch als „zusätzlicher Komfort“ eingestuft. Entsprechend sieht es der Bund, der diese Vorgaben macht, fatalerweise als „freiwillige Maßnahme“ an, das Leben der Bürger/innen zu schützen. Die Verfassung bewertet den Schutz von Leib und Leben allerdings anders!

Neben permanentem Lärmstress, der das Immunsystem auf Dauer desorientiert zurücklässt, sind es außerdem Schmutz sowie Abrieb von Oberleitungen und Schienen, die Bewohner an Bahnlinien belasten, sodass eine tödliche Mischung aus Feinstaub und Lärm auf die betroffenen Menschen einwirkt.

In Weißenthurm verläuft vor den besagten Wohngebäuden eine kleine Straße, die als Tempo-30-Zone gilt. Auf Augenhöhe darüber gelegen jagen dann Personenzüge mit Tempo 150 und Güterzüge mit Tempo 120 vorbei – eine untragbare Situation für ein Wohnumfeld, in dem auch Kinder und Haustiere leben, die hier leicht auf die Schienen laufen können. Hinzu kommen Erschütterungen, die ganze Häuser erbeben lassen, sodass die Gläser im Schrank klirren und Zimmerpflanzen zu zittern beginnen.

Pro Rheintal wird sich dafür einsetzen, dass hier unverzüglich Lärmschutzwände errichtet werden und zudem Güterzüge nicht schneller als mit Tempo 50 km/h durch Wohnbereiche fahren. Die Bahn kann den Güterverkehr dreimal schneller und zuverlässiger machen, wenn sie automatische Kupp­lungen anschafft und die Knotenpunkte ausbaut. Ein paar mehr Lokführer wären sicherlich auch von Vorteil. Man sollte aber nicht darauf warten, sondern umgehend aufhören, mit dem Leben von Menschen zu spielen, und unverzüglich Lärmschutzwände dort errichten.

Über Pro Rheintal e. V.

Pro Rheintal ist ein Bürgernetzwerk mit Sitz in Boppard am Rhein, das sich für Lärmschutz und Prävention, insbesondere an Bahnstrecken, einsetzt. Die Nichtregierungsorganisation ist im Rheintal ansässig und arbeitet parteiunabhängig im Bündnis mit deutschen und europäischen Initiativen zum Thema Bahnlärm, Straßenlärm und Fluglärm.

Bestens vernetzte Mitglieder und eine kleine, schlagkräftige Geschäftsstelle in Boppard arbeiten unter der Leitung des 1. Vorsitzenden und Sprechers des Bürgernetzwerks, Frank Gross, intensiv mit wissenschaftlichen Instituten, Universitäten, Lärmschutzorganisationen, Technologiefirmen und Initiativen in ganz Europa zusammen.

Verkehrslärm hat im 21. Jahrhundert aufgrund des globalen und europäischen Waren- und Zulieferverkehrs eine völlig neue Brisanz erhalten. Verkehrswege und Brücken brechen unter den Lasten eines unaufhörlichen Stroms von Fahrzeugen zusammen. Doch wie geht es den Menschen damit? Wie verkraften sie die 24-stündige Belastung durch Lärm und Luftverschmutzung? Laut der WHO kostet Verkehrslärm in Europa jährlich 1,6 Millionen Lebensjahre, da Menschen durch Lärmstress vorzeitig sterben. Pro Rheintal fordert Präventionsmaßnahmen zum Schutz von Leben und für eine ausgeruhte und leistungsfähige Gesellschaft, die nur gesund und ausgeruht die Herausforderungen der Zukunft bewältigen kann.

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