Im Rahmen des 65. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. in Leipzig wurde der Preis an zwei Arbeiten verliehen. Zum einen an Memoona Shaukat, MSc, Thoraxklilnik an der Universitätsklinik Heidelberg und zum anderen an Herrn Dr. rer. nat. Alexander Seidinger, Ruhr-Universität Bochum.
Insgesamt wurden sechs hochqualifizierte Arbeiten eingereicht, die eine Entscheidung der dreiköpfigen Jury nicht leichtmachten. Die prämierten Arbeiten entsprechen den wichtigen Bewertungskriterien wie Originalität, Innovation und klinische Relevanz.
Priv.-Doz. Dr. med. Hans F. E. Klose vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf sprach die Laudatio.
Beiträge der beiden Preisträger zu den preisgekrönten Arbeiten:
Preisträger Dr. rer. nat. Alexander Seidinger, Ruhr-Universität Bochum:
“Pharmacological Gq inhibition induces strong pulmonary vasorelaxation and reverses pulmonary hypertension (Pharmakologische Gq-Inhibition induziert eine starke pulmonale Vasorelaxation und revertiert eine pulmonale Hypertonie)“
Pulmonale Hypertonie
Die pulmonale Hypertonie (PH, Lungenhochdruck) ist eine schwerwiegende Erkrankung des Gefäßsystems in der Lunge. Hierbei kann ein erhöhter Blutdruck in der Lunge zu einer starken Belastung des rechten Herzens (Hypertrophie) und langfristig zu einem Rechtsherzversagen und frühzeitigem Tod der Patienten führen. Die zugrundeliegende Verengung der Gefäße entsteht dabei vor allem durch eine exzessive Gefäßkonstriktion sowie durch eine Verdickung der Gefäßwand (Remodeling). Dabei spielen verschiedene Vasokonstriktoren, wie Serotonin, Thromboxan und Endothelin eine entscheidende Rolle. Die aktuellen medikamentösen Therapien modulieren einzelne Signalwege, so dass regelmäßig mehrere Medikamente kombiniert werden müssen. Interessanterweise wirken alle genannten krankheitsrelevanten Vasokonstriktoren intrazellulär über Gq-Proteine. Daher war unsere Hypothese, dass die Inhibition dieser zentralen Gq-Proteine einen besonders starken Effekt auf die pathologischen Merkmale der pulmonalen Hypertonie hervorrufen kann.
Um dies zu überprüfen, haben wir den pharmakologischen pan-Gq-Inhibitor FR900359 (FR), der aus den Blättern der Pflanze Ardisia crenata gewonnen werden kann, verwendet. Zunächst analysierten wir den Tonus-reduzierenden Effekt von FR in Pulmonalarterien der Maus im Drahtmyographen. Dabei bewirkte FR eine vollständige Inhibition der Gq-abhängigen Kontraktionen und induzierte umgekehrt auch eine starke Vasorelaxation nach Stimulation mit Gq-abhängigen Vasokonstriktoren. Zudem erzielte FR einen signifikant stärkeren vasorelaxierenden Effekt als die derzeitigen PH-Standard-Medikamente Bosentan, Iloprost oder Sildenafil. Auch die besonders bedeutsamen kleinen Widerstandsgefäße wurden durch FR in funktionellen Lungenschnitten sowie im Mausmodell der isoliert-perfundierten Lunge nahezu vollständig relaxiert. Der vasorelaxierende Effekt von FR konnte ebenfalls in Geweben aus Schweinen und auch in menschlichem Gewebe ex vivo demonstriert werden. Daneben konnten wir zeigen, dass FR auch in das Remodeling der Gefäßmuskelzellen eingreifen kann. In isolierten murinen pulmonal-arteriellen Muskelzellen (mPASMCs) führte die Gq-Inhibition mittels FR zu einer starken Wachstumshemmung. Abschließend konnten wir im Mausmodell der Hypoxie-induzierten pulmonalen Hypertonie zeigen, dass die wiederholte FR-Gabe sowohl in einem präventiven als auch in einem therapeutischen Ansatz eine Reduktion aller typischen Merkmale der PH, nämlich des rechtsventrikulären systolischen Drucks, der pulmonalen Gefäßwanddicke und auch der Hypertrophie des rechten Ventrikels bewirkte.
Durch die duale Wirkung von FR auf den pulmonalen Gefäßtonus und das Wachstum von mPASMCs offenbart unsere Studie das große Potential einer pharmakologischen Gq-Inhibition für die Behandlung der PH.
Preisträgerin Memoona Shaukat, MSc, Thoraxklilnik an der Universitätsklinik Heidelberg:
„Heritable pulmonary arterial hypertension – new genetic findings and environmental triggers“
Bei der hereditären pulmonal-arteriellen Hypertonie (HPAH) gibt es weiterhin Familien mit mehreren betroffenen Mitgliedern, bei denen keine krankheitsverursachende, genetische Variante in einem der bekannten PAH-Gene gefunden werden kann. Das Ziel dieser Studie war es daher, neue genetische oder umweltbedingte Ursachen bei HPAH-Familien zu identifizieren. Dafür verfolgten wir einen ganzheitlichen Ansatz, indem wir zunächst mittels einer Genpanel-Sequenzierung alle 18 bekannten PAH-Gene sowie mehr als 40 Forschungsgene untersuchten. Von 47 untersuchten Familien trugen 39 Mutationen in einem bekannten PAH-Gen. Von den acht verbleibenden Familien ohne nachweisbare pathogene Varianten (Mutationen) stimmten fünf einer Exom-Sequenzierung zu. Dabei wurden alle für Gene kodierenden Bereiche des Genoms sequenziert. Zusätzlich wurde ein Fragebogen entwickelt, um frühere Medikamenteneinnahmen oder Schadstoffexpositionen zu untersuchen, die die Entwicklung einer PAH oder einer pulmonalen veno-okklusiven Erkrankung (PVOD) ausgelöst haben könnten.
Bei der ersten Familie trugen Mutter und Tochter eine wahrscheinlich pathogene Variante in dem CYBA-Gen, das an der Bildung reaktiver Sauerstoffspezies beteiligt ist und einen pulmonalen Gefäßumbau verursachen kann. Bei der zweiten Familie waren ebenfalls Mutter und Tochter an PAH erkrankt. Die Exom-Sequenzierung ergab einen seltenen, wahrscheinlich schädlichen Aminosäureaustausch im FKBP1A-Gen, welches mit Rezeptoren des Transforming Growth Factor Beta (TGF-β)-Signalwegs interagiert. Eine Mutation in diesem Gen könnte möglicherweise eine Dysregulation des TGF-β-Signalwegs verursacht haben.Bei der dritten Familie waren die Geschwister der Indexpatientin bereits an einer PAH und einer interstitiellen Lungenerkrankung verstorben. Wir konnten eine neue, wahrscheinlich pathogene Variante im PTGR2-Gen identifizieren. Dieses Gen greift in den Prostazyklin-Stoffwechsel ein und könnte bei Mutationen zu Störungen in diesem wichtigen Signalweg führen, der auch bei PAH-Patienten therapeutisch adressiert wird. Bei den verbleibenden zwei Familien konnte trotz Sequenzierung aller bekannten Gene keine genetische Veranlagung gefunden werden. Stattdessen wurde mittels des neuen, detaillierten Fragebogens bei allen erkrankten Familienmitgliedern eine Exposition zu Schadstoffen identifiziert. In der vierten Familie hatten sowohl der an PAH erkrankte Vater als auch der Sohn eine langfristige Exposition gegenüber dem Lösungsmittel Trichlorethylen am Arbeitsplatz. Zusätzlich gaben beide die Medikamenteneinnahme eines Opioids an, welches bereits als PAH-Auslöser bei anderen Patienten beschrieben wurde. In der letzten der fünf Familien hatten zwei Brüder mit PVOD eine langjährige Schadstoffexposition zu Dämpfen von Lacken am Arbeitsplatz, die wahrscheinlich zu einer PVOD geführt haben. Daher ist es essenziell, nicht nur genetische Defekte, sondern auch externe Faktoren strukturiert zu erfragen, da die gleiche, langfristige Umweltbelastung bei betroffenen Individuen derselben Familie eine hereditäre Form der PAH nachahmen könnte. Zusammenfassend wurden in dieser Studie neue (wahrscheinlich) pathogene Varianten von bisher nicht für PAH beschriebenen TGF-β-Signalweg-Genen sowie weiteren Genen identifiziert, die an der Pathogenese von PAH beteiligt sein könnten. Weitere experimentelle Daten sind erforderlich, um die genauen zugrundeliegenden Pathomechanismen zu verstehen. Insgesamt zeigt diese Studie, wie wichtig es ist, PAH-Patienten und PAH-Familien nicht nur eine umfassende genetische Diagnostik anzubieten, sondern auch eine mögliche Exposition gegenüber Umwelttoxinen und Medikamenten zu berücksichtigen. Pulmonal arterielle Hypertonie (Lungenhochdruck)
Lungenhochdruck, medizinisch auch pulmonal arterielle Hypertonie (PAH), ist eine seltene, schwerwiegende Erkrankung, die durch eine starke Verengung der Lungengefäße gekennzeichnet ist.
Die Betroffenen leiden bereits bei geringster Belastung oder sogar in Ruhe unter Atemnot, blauen Lippen, Beinödemen, Brustschmerzen, und klagen allgemein über schnelle Erschöpfung und Ermüdung.
Die richtige Diagnose wird zumeist erst gestellt, wenn es durch die fortschreitende Druck- und Volumenbelastung des rechten Herzens zu dessen chronischem Versagen kommt. Diagnose: Bluthochdruck im Lungenkreislauf. Dieses Krankheitsbild tritt isoliert oder als Begleiterkrankung verschiedener Herz- und Lungenerkrankungen auf. Obgleich die pulmonale Hypertonie (PH) noch nicht geheilt werden kann, konnten in den letzten Jahren doch große Fortschritte in der Diagnostik und Therapie dieser Krankheit erzielt werden.
Die René Baumgart-Stiftung
Die René Baumgart-Stiftung wurde im Jahr 2001 vom gemeinnützigen Selbsthilfeverein pulmonale hypertonie e.v. gegründet und mit einen Kapitalstock von 70000 € ausgestattet. Seit 2004 wird jährlich ein Forschungspreis ausgelobt. Die René Baumgart-Stiftung fördert die klinische Forschung zur pulmonalen Hypertonie bei Kindern und Erwachsenen. Ziel ist es, durch Ursachenforschung neue Erkenntnisse über den Lungenhochdruck zu gewinnen, so dass eine frühzeitige Diagnose gestellt und mittel- und langfristig neue Therapieoptionen entwickelt werden können, die PH-Patienten nicht nur eine Stabilisierung oder Linderung der Beschwerden versprechen, sondern eine vollständige Heilung.
Der Namensgeber der Stiftung, René Baumgart, wurde 1971 in Aalen geboren. Als René 10 Jahre alt war, starb seine Mutter an Idiopathischer Pulmonal Arterieller Hypertonie (IPAH). René Baumgart erhielt seine Diagnose IPAH im Alter von 19 Jahren. Er erlernte den Beruf des Druckers und meldete sich nach bestandener Gesellenprüfung zur Meisterprüfung an. Kurz vor seinem Abschluss verstarb er im Alter von 23 Jahren an der tückischen Krankheit.
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