Dabei gibt es laut AOK einen ordnungspolitisch sinnvollen Weg, um die prognostizierte GKV-Finanzlücke von mindestens 17 Milliarden Euro längerfristig zu schließen. „Der Bund muss endlich seiner Finanzverantwortung gerecht werden“, betont Hoyer. Auf der Einnahmenseite bedeute dies eine Verpflichtung auf kostendeckende Pauschalen für die Gesundheitsversorgung von ALGII-Beziehenden und auf der Ausgabenseite müsse die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel angegangen werden. „Es ist nicht nachvollziehbar, wieso die Solidargemeinschaft nach wie vor den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Humanarzneimittel entrichten muss, während beispielsweise für Tierarzneimittel der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gilt“, so der AOK-Vorstandsvize.
Auch seien die Stabilisierungsmaßnahmen auf der Ausgabenseite noch unzureichend. „Im Arzneimittelbereich geht das zwar in die richtige Richtung. Die nun vorgesehene einjährige Erhöhung des Herstellerrabatts ist aber unter nachhaltigen Finanzgesichtspunkten unzureichend“, erklärt Hoyer. Insgesamt bräuchte es eine echte Nullrunde bei allen Leistungserbringenden. Auf diese Weise ließen sich in Kombination mit der Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel Einsparungen von rund zehn Milliarden Euro realisieren.
Fazit: Die AOK-Gemeinschaft hält das Maßnahmenpaket insgesamt für vollkommen ungeeignet, die kurz- und mittelfristigen Finanzprobleme der GKV zu lösen. Zwar werde auf Leistungskürzungen und höhere Eigenbeteiligungen verzichtet, was besonders vulnerable Gruppen getroffen hätte. Aber die Hauptlast müssen die Beitragszahlenden tragen. „Das ist eine fundamentale Ungerechtigkeit gegenüber unserer Solidargemeinschaft und gefährdet die Funktionsfähigkeit der gesamten GKV“, so Hoyer. Über die Erhöhung der Zusatzbeiträge (4,8 Milliarden Euro), das fast vollständige Abschmelzen der verbliebenen Kassenrücklagen (4 Milliarden Euro), den weiteren Abbau der Liquiditätsreserve (2,4 Milliarden Euro) sowie die Aufnahme eines von den Beitragszahlenden zurückzuzahlenden Darlehens des Bundes (1 Milliarde) sollen auf der Einnahmeseite rund 12 Milliarden Euro zusätzlich generiert werden.
Durch den abermaligen Rückgriff auf die verbliebenen Reserven dränge man die Kassen an die viel zu geringe Rücklagenuntergrenze von 0,2 Monatsausgaben. Bereits eine etwas negativere Ausgabenentwicklung würde sofort zur Unterschreitung dieser Mindestrücklage führen. Auch Planungsabweichungen auf der Zuweisungsseite machten dann einen höheren Finanzbedarf und in Konsequenz nochmals erhöhte Zusatzbeiträge erforderlich. „Da Beitragsanpassungen aber nur zeitversetzt wirken, wäre die sofortige Absicherung dieser Risiken gar nicht gewährleistet. Letztendlich drohen Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz“, erklärt der AOK-Finanzexperte.
Schließlich übergehe das Gesetz erneut die Entscheidungskompetenzen der von den Sozialpartnern getragenen Sozialen Selbstverwaltung. Der Rücklagenzugriff verstößt laut AOK-Bundesverband gegen verfassungsrechtliche Vorgaben, indem er die organisatorische und finanzielle Selbstständigkeit der Krankenkassen als öffentliche Körperschaften verletzt. Überdies werde die GKV durch die aufgezwungene Kreditaufnahme beim Gesundheitsfonds in die Verschuldung getrieben.
Hoyer: „Dieser Gesetzesentwurf wird nicht weit tragen und die GKV weiter destabilisieren. Wir brauchen echte Strukturreformen.“
Weiterführende Informationen finden Sie auf www.aok-bv.de.
AOK-Bundesverband GbR
Rosenthaler Straße 31
10178 Berlin
Telefon: +49 (30) 34646-0
Telefax: +49 (30) 34646-2502
http://www.aok-bv.de
Pressesprecher
Telefon: +49 (30) 34646-2309
E-Mail: presse@bv.aok.de