Mannheim bekommt ein neues Gesicht. Auf dem Liegenschaftskomplex Benjamin-Franklin-Village, der sechzig Jahre das Armeegelände der amerikanischen Streitkräfte war und auf dem sich die größte US-Wohnsiedlung Deutschlands befand, entsteht der neue Stadtteil Franklin. Der Name stellt den Bezug zur US-Nachkriegsgeschichte Mannheims her und erinnert an den ehemaligen amerikanischen Präsidenten und Erfinder des Blitzableiters, Benjamin Franklin (1706-1790).

Die Konversionsflächen, mit drei Millionen Quadratmetern fast so groß wie die Mannheimer Innenstadt, sind eine planerische Herausforderung. Für die Stadt eröffnete sich nach Abzug der Amerikaner im Jahr 2014 die einmalige Chance, einen Stadtteil nachhaltig und zukunftsfähig zu entwickeln, Wohnungsnot zu lindern und neue Mobilitätskonzepte einzuführen.

Auf den freigeräumten Flächen entstehen nach und nach neue Häusergruppen. Vereinzelt sind noch alte, zweckmäßige Bestandsgebäude aus den fünfziger Jahren stehengeblieben. Sie wurden kernsaniert, wärmegedämmt und bilden nun einen gewollten Gegenpol zu den Neubauten. Die Vergangenheit soll nämlich optisch nicht ganz verschwinden. Eine ästhetische Verbindung zwischen Altem und Neuem ist gewünscht – und wurde in Form von Klinkerflächen an etlichen Fassaden realisiert.

Im Stadtteil „Franklin" sollen alle Gesellschaftsschichten eine neue Heimat finden, auch Menschen mit geringem Einkommen. Für Familien mit Wohnberechtigungsschein sind die zwölf von der Familienheim Rhein-Neckar eG errichteten viergeschossigen Häuser mit Staffelgeschoss zwischen Abraham-Lincoln-Allee und Franklin-D.-Roosevelt-Straße konzipiert, die in diesem Jahr fertiggestellt wurden. Das vor 75 Jahren gegründete Unternehmen hat sich auf den Bau familienfreundlicher Wohnungen, die zu bewusst günstigen Konditionen vermietet oder verkauft werden, spezialisiert und verlässt seit über 30 Jahren auf die gute Beratung der Firma Caparol.

Für das Häuserprojekt im neuen Stadtteil Franklin war eine hochwertige individuelle Gestaltung vorgesehen, die sich gut in das Umfeld mit der Klinkeroptik als Reminiszenz an die Kasernenbauweise einfügt. Anfangs sollten nur Teilflächen dieser Häuser mit Hartbrandklinkern belegt werden. Doch es kam anders: „Wir haben der Familienheim Rhein-Neckar eG die Vorteile von Original Meldorfer vorgestellt und davon Musterplatten erstellen lassen," erklärt Caparol-Mitarbeiter Werner Aumann. Diese Oberflächen sehen aus wie herkömmliche Hartbrandklinker, bieten aber mehrere Vorteile: Auf die Feldbegrenzungsfugen kann verzichtet werden. Ebenso entfällt die mineralische Dämmung in den unteren drei Metern und die Verdübelung durch das Gewebe. Das macht dieses System schneller verarbeitbar und preisgünstiger. Die Original Meldorfer Manufaktur in Schleswig-Holstein stellt die Riemchen aus natürlichen Sanden, gemahlenen Steinen und mineralischen Füllstoffen her. Jedes Riemchen wird von Hand abgezogen und ist ein Unikat. Der Bauherr kann unter einer großen Bandbreite von Farbtönen wählen und die Oberflächenhaptik bestimmen. Die einzelnen Flachverblender sind zwar nur vier bis sechs Millimeter dick, aber sehr widerstandsfähig.

„Die Planung erfordert mehr Aufmerksamkeit als die Ausführung", sagt Diplom-Ingenieur Markus Simon, Bauleiter der Firma Heil Maler GmbH, die zum ersten Mal ein so umfangreiches Original Meldorfer-Projekt übernommen hat. Ein Vorteil sei das geringe Gewicht, das etwa einem Zehntel herkömmlicher Klinker entspricht. Das entlaste Arme und Rücken der Handwerker, sagt Markus Simon. Um 150 Quadratmeter Original Meldorfer anzulegen, brauche man nur vier Tage. Für das Zuschneiden an den Ecken genüge eine Schere – bei Klinker ist ein Steinschneidegerät nötig. Die Verarbeitung ist einfach: Auf den wärmegedämmten Fassaden mit armiertem Grundputz wird mit einer Zahnkelle ein Spezialkleber verteilt, in dem die Original Meldorfer eingebettet werden. Dasselbe Klebematerial wird anschließend mit dem Pinsel in die acht bis zehn Millimeter breiten Zwischenabstände verstrichen – so entfällt nachträgliches Verfüllen mit zusätzlichem Fugenmaterial.

Zwar sind die zwölf, auf zwei Baufelder verteilten Neubauten der Familienheim Rhein-Neckar eG baugleich, wirken aber nicht uniform. Das verdanken sie dem geschickten Farbkonzept von Sabine Hoffner, Caparol FarbDesignStudio, deren Aufgabe darin bestand, die Häuser optisch an die Umgebungsbebauung anzupassen. Durch die Klinkeroptik im Erdgeschoss bekommen die Gebäude mit dem marmorweißen Außenputz einen repräsentativen, nonkonformen Charakter.

Auf Empfehlung der Farbgestalterin wurden eigens für dieses Projekt individuell konfigurierte Original Meldorfer Muster angefertigt. Die Entscheidung fiel auf eine Variante, bei der die einzelnen Steine in ihrer Farbigkeit variieren. Dabei wurden drei Nuancen einer Aufhellungsreihe ausgewählt, die – entweder unifarben oder schlierend ineinander vermengt – in den Verlegeverbund integriert werden. Und das in je sechs unterschiedlichen Farbrichtungen, entsprechend der Häuseranzahl eines Baufeldes. „Hierdurch ergibt sich eine subtile, aber wahrnehmbare Unterscheidung der einzelnen Häuser", erklärt Sabine Hoffner. Das Prinzip wird auf dem zweiten Baufeld wiederholt, so dass jede Fassade gespiegelt wird.

Die Farbreihen der Original Meldorfer begründeten die Basis für das Gesamtkonzept. Der jeweils hellste Farbton einer Farbreihe setzt sich am Treppenhaus und am Staffelgeschoss fort. Prägnanter wird die Differenzierung der Gebäude an den Eingangsportalen. Stark gesättigte, ausdrucksstarke Farbnuancen setzen hier Akzente und schaffen Orientierung. Das Ergebnis ist überzeugend.

Jede der 168 barrierearmen Wohnungen – es sind zweckmäßige Drei- und Vierzimmerwohnungen mit 70 bis 90 Quadratmeter Fläche – verfügt über einen Balkon oder eine Terrasse, und unter jeder Sechsergruppe befindet sich eine Tiefgarage.

Die zwölf Häuser machen nur einen kleinen Teil des riesigen Mannheimer Geländes aus, auf dem inmitten von Grünflächen später einmal 10.000 Menschen – in 4700 Wohneinheiten, davon 21 Prozent im preisgünstigen Sektor – leben sollen. In der Nachbarschaft der zwölf Familienheim-Gebäuden stehen Neubauten, die mit Hartbrandklinkern belegt sind und optisch mit ihnen konkurrieren. Kann ein Laie erkennen, dass es sich um unterschiedliche Produkte handelt? „Nur, wenn er ganz nahe davorsteht", ist sich Markus Simon sicher. „Er würde es nur an der Materialstärke merken, denn ein Hartbrandklinker ist 1,0 bis 1,5 Zentimeter dick. Aber aus der Entfernung macht das keinen Unterschied."

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