Wie können die internationalen Maßnahmen gegen HIV und Aids nach Rückschlägen durch die COVID-Krise und angesichts der Herausforderungen des Krieges in der Ukraine wieder in Fahrt gebracht werden? Wie können die Erfolge der letzten Jahrzehnte gesichert werden und wie lässt sich darauf aufbauen? Diesen Fragen geht morgen unter dem Titel „Get back on track!“ eine internationale Konferenz zivilgesellschaftlicher Organisationen in Berlin nach. Hauptthema ist die Finanzierung des Globalen Fonds zum Kampf gegen Aids, Tuberkulose und Malaria und dessen Bedeutung für die nachhaltigen Entwicklungsziele der Weltgemeinschaft bis 2030. Die Schirmherrschaft hat WHO-Chef Tedros übernommen.
Die Berliner Konferenz soll den Blick auf die „Wiederauffüllungskonferenz“ des Globalen Fonds Ende September in New York lenken. Als absolutes Minimum müssen 18 Milliarden US-Dollar für die nächsten drei Jahre zusammenkommen, um existierende Behandlungs- und Präventionsprogramme in wirtschaftlich schwächeren Ländern weiterführen zu können und neuen Entwicklungen anzupassen. Dies entspricht einer Erhöhung der Mittel um 30 Prozent.
Was sagt Ministerin Schulze?
Die Entscheidung über die Zukunft fällt dabei nicht nur in New York. Viel hängt davon ab, ob reiche Länder wie Deutschland im Vorfeld mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie Zusagen machen, die ihrer Wirtschaftskraft entsprechen.
Mit Spannung erwartet wird daher bei der morgigen Konferenz in Berlin die Teilnahme der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze (SPD). Sie trifft dort auf den Exekutiv-Direktor des Globalen Fonds, Peter Sands, sowie Vertreter*innen von UNAIDS, der STOP TB Partnership, zahlreiche Bundestagsabgeordnete, Vertreter*innen internationaler Organisationen sowie Aktivist*innen.
Globaler Fonds unverzichtbar für UN-Ziele
Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen können im Gesundheitsbereich ohne weitere Anstrengungen gegen Aids, Tuberkulose und Malaria nicht erreicht werden. Der Globale Fonds investiert jährlich eine Milliarde Dollar in die Stärkung der Gesundheitssysteme – so viel wie keine andere Organisation. Er schafft damit Strukturen und Ressourcen, die auch bei der Reaktion auf die COVID-19-Pandemie eine wichtige Rolle gespielt haben, etwa flexible Logistiknetze mit verlässlichen Lieferketten und Laborkapazitäten. Nur so konnte für viele Menschen der Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten aufrechterhalten werden.
„Angesichts von COVID und Krieg und drohenden Rückschritten muss die Arbeit des Globalen Fonds nicht nur erhalten, sondern dringend weiter ausgebaut werden. Wenn in New York nicht der Mindestbeitrag von 18 Milliarden US-Dollar zusammenkommt, ist das UN-Ziel, Aids, Tuberkulose und Malaria bis 2030 zu beenden in großer Gefahr“, sagt Heidemarie Wieczorek-Zeul, ehemalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Vorstandsmitglied der Freunde des Globalen Fonds Europa.
Christoph Waffenschmidt, Vorstandsvorsitzender von World Vision Deutschland erklärt:
„Der deutschen Wirtschaftskraft entspricht nach unserer Rechnung ein Beitrag von 1,8 Milliarden Euro. Mit diesem Betrag würde Deutschland seinem Ruf als ‚Champion der globalen Gesundheit‘ gerecht werden. Weniger als 1,3 Milliarden Euro wären ein Armutszeugnis. Es geht jetzt auch darum, international ein Zeichen zu setzen.“
Flexible Hilfe in Kriegszeiten
Dies gilt ganz besonders angesichts der besonderen Herausforderungen durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine:
„Durch ein Nothilfeprogramm und die hohe Flexibilität bestehender Programme konnten seit Beginn des Krieges Leben und Gesundheit Tausender Menschen geschützt werden. Es hätte dramatische Auswirkungen, wenn das Engagement des Globalen Fonds dort eingestellt oder begrenzt werden müsste, sagt Sylvia Urban vom Vorstand des Aktionsbündnis gegen AIDS.
Ausgrenzung und Ungleichheit entgegentreten
Der Globale Fonds stellt dabei auch politisch und gesellschaftlich wichtige Weichen:
„Es ist von entscheidender Bedeutung, über den Fonds die Gemeinschaften zu stärken, die von HIV, Tuberkulose und Malaria betroffen sind – ihre Beteiligung auf Augenhöhe ist der Schlüssel zur Stärkung der Gesundheitssysteme. Wer Aids bekämpfen will, muss Ausgrenzung überwinden und Menschen den Zugang zu Versorgungssystemen ermöglichen, statt sie an den Rand der Gesellschaft zu drängen“, sagt Stephan Exo-Kreischer, Geschäftsführer ONE Deutschland.
Schlüsselgruppen und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft werden in manchen Ländern immer noch verfolgt – etwa Männer, die Sex mit Männern haben, Drogenkonsument*innen oder Sexarbeiter*innen. Beim Globalen Fonds sitzen sie mit am Tisch, wenn Entscheidungen getroffen werden.
Der Globale Fonds und UNAIDS setzen zudem einen Schwerpunkt bei der Überwindung von Ungleichheit und geschlechtsbedingter Benachteiligung. In Afrika südlich der Sahara fallen sechs von sieben HIV-Neuinfektionen auf Mädchen im Alter von 15 bis 19 Jahren. Junge Frauen zwischen 15 und 24 Jahren sind doppelt so häufig von HIV betroffen wie junge Männer. Allein eine abgeschlossene Schulausbildung, senkt das HIV-Risiko um 50 Prozent.
„Weil junge Frauen sozial oft benachteiligt sind, tragen sie in vielen Ländern des globalen Südens ein höheres Risiko, sich mit HIV anzustecken. Vulnerable Gruppen müssen bei Programmen zur Bekämpfung von HIV und Aids besonders berücksichtigt werden“, sagt Andreas Hübers von der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW)
Link Teilnahme Pressekonferenz 08.09 um 8:45 Uhr: https://dk2wss784le25.cloudfront.net/player/e1662115668094/default/embed
Link Anmeldung Konferenz 08.09. um 10:00 Uhr: https://forms.gle/c9bfxmVit9tyn31cA
Link Konferenzprogram: https://bit.ly/3QwzhZn
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