Die Fischereiminister:innen der EU-Mitgliedstaaten haben die Fangmengen für die Ostsee im Jahr 2023 festgelegt. Dorsch darf erneut nur als Beifang in den Netzen landen, für den Hering der westlichen Ostsee gelten strengste Beschränkungen. Diese Bestände sind in einem dramatisch schlechten Zustand. Die Schollenquote wird um 25 Prozent angehoben, obwohl diese Fischerei einen hohen Anteil Dorschbeifang produziert. Insgesamt lassen die Minister:innen mehr Herings- und Sprottenfang zu, als von der EU-Kommission vorgeschlagen. Aus Sicht des WWF verpassten es die Minister:innen mit diesen Entscheidungen, der schwer angeschlagenen Ostsee den Rettungsring zuzuwerfen.

„Die Entwicklung der Fischbestände in der Ostsee ist ein einziges Drama, dennoch fährt die Politik volles Risiko. Weitblick sieht anders aus. Wir sind noch weit von einem Management entfernt, das die Bedürfnisse des ganzen Ökosystems berücksichtigt“, sagt Karoline Schacht, Fischereiexpertin beim WWF Deutschland.

Der WWF Deutschland fordert einen ökosystembasierten Ansatz im Fischereimanagement, so dass die verschiedenen Einflüsse wie Überdüngung, Fischerei, aber auch die Klimakrise gemeinsam betrachtet werden. „Dorsche sind auf Sprotte und Hering als wichtige Nahrungsquelle angewiesen. Zurzeit haben die Dorsche ein Problem damit, ausreichend Nahrung zu finden. Für den Wiederaufbau des Dorschbestands hätte es eine Politik der vorsichtigen Entscheidungen gebraucht. Deshalb ist es enttäuschend, wenn den EU-Staaten noch immer die kurzfristigen Gewinne wichtiger sind als der Wiederaufbau der Fischbestände“, so Karoline Schacht.

In praktisch allen Fischereien in der Ostsee mangelt es an Kontrollen. Das betrifft die Anlandeverpflichtung ebenso wie das seit Jahrzehnten grassierende fehlerhafte Reporting, bei dem die Sprotten als Heringe deklariert werden. Dies hat auch dazu geführt, dass der Heringsbestand lange Zeit deutlich überschätzt wurde.

Um den Dorschbeifang zu reduzieren, muss aus Sicht des WWF insbesondere die gezielte Plattfischfischerei dazu verpflichtet werden, ein elektronisches Monitoring an Bord zu installieren und neue, selektive Fanggeräte einzusetzen. „Wir wissen, dass es keine Fischerei ohne Beifang gibt. Aber angesichts der dramatischen Lage müsste die Politik jede Beifangerlaubnis davon abhängig machen, ob die Fänge durch geeignete Überwachungstechniken korrekt aufgezeichnet werden“, erklärt Karoline Schacht.

„Es ist unstrittig, dass sich die Entscheidungen der Politik den wissenschaftlichen Empfehlungen für die Fischerei annähern. Aber das Tempo muss sich weiter erhöhen, wenn sich das Ökosystem Ostsee erholen soll. Es braucht mehr Schutzmaßnahmen, darunter eine wirksame Fischereikontrolle mit elektronischem Monitoring, den obligatorischen Einsatz selektiver Fanggeräte sowie eine bessere Kontrolle der Anlandeverpflichtung und die Zuteilung von Fangerlaubnissen an die Fischerei mit den geringsten Umweltauswirkungen.“

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