Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat bei ihrer Bilanzkontrolle des Konzernabschlusses 2019 der ADLER Real Estate Aktiengesellschaft (AG), Berlin, drei weitere Rechnungslegungsfehler festgestellt. Die ADLER Real Estate AG durfte die ADO Properties S.A. nicht vollkonsolidiert als Tochterunternehmen in den Konzernabschluss einbeziehen. Damit waren die Konzernbilanzsumme um 3,9 Mrd. Euro und das Gesamtergebnis um 543 Mio. Euro zu hoch ausgewiesen. Wie bereits bei der festgestellten Überbewertung eines Immobilienprojekts in Düsseldorf-Gerresheim handelt es sich auch hierbei um Teil-Fehlerfeststellungen.

Die Konsolidierung der ADO Properties S.A. war nicht zulässig. Unternehmen dürfen in einem Konzernabschluss Beteiligungsunternehmen nur dann vollkonsolidieren, wenn eine Beherrschungssituation vorliegt. Das Unternehmen, das den Konzernabschluss aufstellt, muss über Rechte verfügen, die maßgeblichen Tätigkeiten beim Beteiligungsunternehmen zu lenken. Der mittelbare Anteilsbesitz von 33,25 Prozent der ADLER Real Estate AG an der ADO Properties S.A. reichte hierfür – vor dem Hintergrund bis zum 31. Dezember 2019 getroffener Vereinbarungen in Verbindung mit der Übernahme der ADLER Real Estate AG durch die ADO Properties S.A. – in der Gesamtschau nicht aus.

In der Konzernbilanz der ADLER Real Estate AG waren daher unterschiedliche Bilanzposten zu hoch ausgewiesen:

  • die zur Veräußerung bestimmten langfristigen Vermögenswerte um 4,4 Mrd. Euro,
  • die zur Veräußerung gehaltenen Schulden um 1,7 Mrd. Euro und
  • die Anteile nicht beherrschender Gesellschafter um 1,7 Mrd. Euro.

Da anstelle aller Vermögenswerte und Schulden der ADO Properties S.A. nur die von der ADLER Real Estate mittelbar gehaltenen Anteile von 33,25 Prozent mit ihrem beizulegenden Zeitwert sowie die darauf entfallenden latenten Steuern anzusetzen waren, wurde die Konzernbilanzsumme um 3,9 Mrd.

Euro und das Gesamtergebnis um 543 Mio. Euro zu hoch ausgewiesenen.

Der zusammengefasste Lagebericht informierte außerdem nur unzureichend über die Risiken, die mit einer fehlerhaften Einschätzung der Beherrschung der ADO Properties S.A. verbunden waren. Insbesondere erläuterte die ADLER Real Estate AG nicht, dass ohne die Vollkonsolidierung ein wesentlicher Anstieg der Loan-to-Value-Kennzahl auf ca. 70 Prozent die Folge gewesen wäre.

Überdies hatte die ADLER Real Estate AG keine Aufzeichnungen darüber geführt, ob und warum Vertragspartner von Unternehmens- und Immobilientransaktionen als nahestehende Unternehmen oder Personen klassifiziert wurden. Die Buchführungsunterlagen waren diesbezüglich unvollständig.

Darüber hinaus dauert die Prüfung der Rechnungslegung des Konzernabschlusses und des zusammengefassten Lageberichts der ADLER Real Estate AG für das Geschäftsjahr 2019 weiter an. Gleiches gilt für die Prüfung der Geschäftsjahre 2020 und 2021. Für die Bilanzkontrolle der luxemburgischen Muttergesellschaft ADLER Group S.A. ist die Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF) zuständig.

Vollkonsolidierung, Loan to Value

Vollkonsolidierung ist eine Bilanzierungstechnik zum Einbezug von Tochterunternehmen in den Konzernabschluss des Mutterunternehmens. Anstelle einer Beteiligung werden die einzelnen Vermögenswerte und Schulden, Aufwendungen und Erträge sowie Zahlungsmittelzu- und abflüsse in den Konzernabschluss einbezogen. Transaktionen und Verflechtungen zwischen Konzerngesellschaften sind dabei zu eliminieren. Ziel der Vollkonsolidierung ist es, den Konzern als wirtschaftliche Einheit darzustellen. Nach den International Financial Reporting Standards (IFRS) sind Beteiligungsunternehmen in einem Konzernabschluss grundsätzlich dann im Wege der Vollkonsoldierung einzubeziehen, wenn das den Konzernabschluss aufstellende Unternehmen das Beteiligungsunternehmen beherrscht. Dies setzt unter anderem voraus, dass das aufstellende Unternehmen über Rechte verfügt, die ihm die gegenwärtige Fähigkeit verleihen, die maßgeblichen Tätigkeiten beim Beteiligungsunternehmen zu lenken.

Loan to Value ist eine in der Immobilienbranche weit verbreitete Kennzahl zur Darstellung des Finanzschuldendeckungsgrads. In Kreditverträgen oder Anleihebedingungen wird die Loan-to-Value-Kennzahl regelmäßig aufgenommen, um die Möglichkeiten weiterer Kreditaufnahmen zu beschränken. Typischerweise wird die Kennzahl ermittelt, indem Finanzverbindlichkeiten ins Verhältnis zu den Verkehrswerten der Immobilienbestände gesetzt werden. Bei der Loan-to-Value-Kennzahl handelt es sich um eine sog. Alternative Performance Measure, d. h. eine Kennzahl, die nicht in den IFRS definiert ist. Immobilienunternehmen berücksichtigen bei der Berechnung regelmäßig die Empfehlungen der Branchenverbände sowie die in Kreditverträgen und Anleihebedingungen festgelegten Berechnungsformeln. Entsprechend ist die konkrete Ausgestaltung der Kennzahl unternehmensindividuell.

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