Sie führen eine Existenz zwischen Desinteresse und Ignoranz. Künstlich kleingehalten, extrem verkorkst und meist im Hintergrund. Wären sie nicht da, würde es niemandem auffallen. Dabei sind sie so immens wichtig. Denn es sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, kurz AGB, die bei Verträgen entscheidend sind. Ob Mobilfunkvertrag, Reise-Unterkunft oder Konzertticket – wer einen Vertrag schließt, kommt am Kleingedruckten nicht vorbei. Und deshalb verrät ARAG Experte Tobias Klingelhöfer anlässlich des Weltverbrauchertages, wie man sie liest und was es mit der Kündigung per Mausklick auf sich hat.

Was genau sind eigentlich Allgemeine Geschäftsbedingungen?
Tobias Klingelhöfer:
Allgemeine Geschäftsbedingungen, meist als AGB bezeichnet, enthalten typischerweise Regelungen zu einem Vertrag. Darin werden die Vertragsbedingungen definiert, wie z. B. Lieferbedingungen, Zahlungsmodalitäten, Stornierungsmöglichkeiten oder Gewährleistungen. Sie sollen Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen und Kunden oder Geschäftspartnern regeln und letztendlich Missverständnisse und Konflikte vermeiden.

Gibt es bestimmte Vorgaben für AGB?
Tobias Klingelhöfer:
Ja, davon gibt es sogar eine ganze Menge. Und sie können je nach Land und Rechtsordnung sehr unterschiedlich sein. Es kann sogar sein, dass mehrere AGB gleichzeitig gelten. Beispielsweise, wenn man einen Mietwagen in Spanien über ein deutsches Online-Portal bucht. Für Deutschland gilt beispielsweise: AGB müssen grundsätzlich den gesetzlichen Bestimmungen nach Paragraf 305, Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechen. Zudem gilt das Transparenzgebot: Sie müssen für Kunden oder Geschäftspartner transparent und verständlich sein. Sind Klauseln unverständlich oder unklar formuliert, sind sie unwirksam. Darüber hinaus dürfen AGB Kunden nicht unangemessen benachteiligen. Klauseln, die gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstoßen, sind ebenfalls unwirksam. Und es gilt die sogenannte Individualabrede. Das heißt, die AGB gelten nur dann, wenn sie ausdrücklich in den Vertrag einbezogen werden. Wenn der Kunde oder Geschäftspartner individuelle Vertragsbedingungen ausgehandelt hat, gelten diese anstelle der AGB. Bei Vertragsschluss müssen sie ausgehändigt werden oder es muss eine Möglichkeit zum Einsehen und Herunterladen auf der Homepage des Unternehmens geben.

Ist es wirklich nötig, vor Vertragsschluss alle AGB durchzulesen?
Tobias Klingelhöfer:
Der Jurist in mir sagt dazu ganz klar: „Ja“. Aber der Verbraucher in mir weiß natürlich, dass es nicht gerade die spannendste Lektüre ist. Dennoch rate ich: Je höher die Kosten oder der Preis, um die es im Vertrag geht, desto genauer sollte man die AGB lesen. Zumindest sollte man sich aber die wichtigsten Punkte für einen eventuellen Streitfall ansehen, wie beispielsweise bei einer Reise die Stornobedingungen, bei einem Mobilfunkvertrag die Laufzeit oder beim Kauf eines elektronischen Gerätes die Gewährleistung. Weitere wichtige Schlagworte, nach denen man in den AGB Ausschau halten und einen genaueren Blick werfen sollte, sind z. B. Kosten, Kündigung, Widerruf, Zahlungsbedingungen oder Mangel.

Was ist, wenn sich AGB plötzlich ändern?
Tobias Klingelhöfer:
Auch wenn Änderungen der AGB als einseitige Vertragsänderung gelten und daher eigentlich ungültig sind, werden sie in der Praxis doch ab und zu angepasst oder ergänzt. Auf bereits geschlossene Verträge hat das aber keine Auswirkung, hier gelten weiterhin die AGB, die zu Vertragsschluss gegolten haben. Ich empfehle daher, sich die gültige AGB-Version möglichst auf dem Rechner zu speichern. Dann kann man im Zweifel auch besser vergleichen, ob und welche Passagen hinzugekommen sind. Dazu noch ein Tipp: Am besten die alte und neue Version nebeneinanderlegen, dann kann man optisch vielleicht schon Ergänzungen oder Änderungen darin erkennen. Bei laufenden Verträgen, wie beispielsweise bei Bankgeschäften müssen Kunden einer Änderung der AGB aktiv zustimmen. Wenn sie ablehnen oder sich dazu ausschweigen, kann der Vertrag gekündigt werden.

Apropos Kündigung: Muss es nicht seit Kurzem für Verträge, die online geschlossen werden, einen Kündigungsbutton geben?
Tobias Klingelhöfer:
Ja, das stimmt. Die Kündigung per Mausklick. Seit Juli 2022 müssen Unternehmen – egal ob aus dem In- oder Ausland – für Kunden in Deutschland einen Kündigungsbutton auf der Homepage haben. Er muss leicht zu finden und eindeutig beschriftet sein. Aber nicht alle Unternehmen halten sich daran.

Wie muss eine richtige Kündigung denn aussehen?
Tobias Klingelhöfer:
Für die Kündigung von Online-Verträgen, z. B. für den Streaming-Dienst, genügt meist eine E-Mail, die gut aufbewahrt werden sollte. Doch auch hier empfehle ich einen Blick in die AGB. Manche sehen vor, dass die Kündigung eigenhändig unterschrieben sein muss. Wenn das der Fall ist und die Kündigung per Post verschickt wird, sollte man das Geld für ein Einschreiben ausgeben. So hat man einen Nachweis über die Zustellung. Wichtig für die Frist ist hierbei auch noch, dass die Postlaufzeit einkalkuliert werden muss. Die Kündigung muss rechtzeitig beim Unternehmen ankommen, um wirksam zu sein. Ob per Mail oder Post, muss die Kündigung den Namen, die Adresse, Kunden- oder Vertragsnummer und das Kündigungsdatum enthalten. Hier empfehle ich die Formulierung „Zum nächstmöglichen Zeitpunkt“. Abschließend sollten Kunden um eine Kündigungsbestätigung bitten. Die Post- bzw. Mailadresse, an die die Kündigung gerichtet werden muss, sollte in den AGB zu finden sein.

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