Zum Start der Frühjahrstagung des Deutschen Hausärzteverbandes, gemeinsam mit dem Hausärzteverband Westfalen-Lippe, warnen die Verbände vor dem stetig zunehmenden Versorgungsdruck im deutschen Gesundheitswesen, von dem insbesondere auch die Hausarztpraxen betroffen sind. Der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Dr. Markus Beier, sagte in Münster: „Wir erleben inzwischen täglich, dass unser Gesundheitswesen mit dem stetig zunehmenden Versorgungsdruck kaum noch umgehen kann. Das gilt beispielsweise für Notaufnahmen, aber auch für die Hausarztpraxen, die nicht erst seit der Corona-Pandemie am Limit arbeiten. Jedem muss klar sein: Ohne Strukturreformen wird es immer schwieriger, eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung aufrechtzuerhalten.“ 

Dr. Beier betonte, dass mit den kostbaren Ressourcen der Ärztinnen und Ärzte und ihrer Praxisteams immer noch viel zu nachlässig umgegangen wird: „Das Thema Ressourceneffizienz ist die Gretchenfrage der kommenden Jahre, an der sich entscheiden wird, wie gut die Menschen in unserem Land versorgt werden. Der zentrale Ansatz dabei muss sein, dass medizinische Leistungen viel besser koordiniert werden. Wir werden es uns in Zukunft nicht mehr leisten können, dass Patientinnen und Patienten gezwungen werden, von einer Anlaufstelle zur nächsten zu rennen, bis sie irgendwann die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Es braucht mehr Steuerung. Diese können nur die Hausarztpraxen gewährleisten. Um es klar zu sagen: Ohne eine Stärkung der Rolle der Hausärztinnen und Hausärzte, wie wir sie in den Hausarztverträgen seit Jahren sehr erfolgreich umsetzen, wird es dieses Gesundheitswesen in den kommenden Jahren sehr schwer haben, nicht gegen die Wand zu fahren. Was gar nicht hilft, sind die Versuche der Politik, mittels Gesundheitskiosk und Co. ständig neue Parallelstrukturen aufzubauen. Hier werden Geld und Ressourcen schlichtweg verschwendet.“

Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, erste stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, betonte, dass es auch innerhalb der Hausarztpraxen Reformen brauche, um in Zukunft dem Versorgungsdruck standhalten zu können. Als zentralen Ansatz zur Bewältigung der Situation nannte sie die Stärkung der Praxisteams. „Versorgerpraxen leben von Versorgerteams! Eine moderne Patientenversorgung muss im Team stattfinden. Genau das wollen wir mit unserem Teampraxis-Konzept erreichen, bei dem verschiedene Gesundheitsfachkräfte unter der Leitung der Hausärztinnen und Hausärzte noch stärker in die Patientenversorgung eingebunden werden. So kann eine echte Entlastung in der Hausarztpraxis organisiert werden. Das Ganze muss natürlich auch vernünftig finanziert werden. Erste Kassen haben das bereits erkannt. Wir fordern auch alle anderen Kostenträger mit Nachdruck auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und in die Teamversorgung zu investieren. Das ist im Übrigen auch in ihrem eigenen Interesse, denn ansonsten werden ihnen zukünftig die Kosten schlichtweg über den Kopf wachsen.“

Anke Richter-Scheer, erste Vorsitzende des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe sagte: „Dass die hausärztliche Versorgung in Deutschland robust und leistungsfähig ist, wissen wir nicht erst seit der Corona-Pandemie. Die Tatsache, dass die Hausarztpraxen jede Krise doch noch irgendwie meistern, sollte Politik und Selbstverwaltung nicht verleiten, zu glauben, dass es ewig so weitergeht! Viele Kolleginnen und Kollegen und ihre Teams arbeiten am Limit und haben nachvollziehbarerweise das Gefühl, dass beispielsweise den Krankenhäusern immer wieder unter die Arme gegriffen wird, während sie selbst als selbstverständlich angesehen werden.“

Richter-Scheer forderte Politik und Selbstverwaltung auf, sich stärker als bisher an der Umsetzung der funktionierenden Lösungsmodelle zu beteiligen. „Die Innovationen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte, von den Hausarztverträgen bis zum VERAH®-Konzept, sind quasi alle von uns Hausärztinnen und Hausärzten selbst ausgegangen. Dabei mussten und müssen wir teilweise bis heute gegen den Widerstand einiger Krankenkassen, Kassenärztlicher Vereinigungen und Verantwortlicher in der Politik kämpfen. Wir haben bewiesen, dass unsere Konzepte funktionieren und ganz konkret zur Sicherstellung beitragen. Unsere Message ist daher: Die Konzepte liegen auf dem Tisch. Wir können das Ruder rumreißen. Aber man muss dann auch einmal bereit sein, wirklich zu investieren, statt sich in Sonntagsreden zu verlieren.“

Neben der immer weiter steigenden Arbeitsbelastung in den Hausarztpraxen sind die schleppende Digitalisierung des Gesundheitswesens, die notwendige Reform des Notdienstes sowie die Vorbereitung des anstehenden Deutschen Ärztetages Themen der Delegiertenversammlung.

Die Frühjahrstagung findet am 21. und 22. April, im Messe und Congress Centrum Halle Münsterland, in Münster statt. Am Freitag wird die Bundespitze in ihrem Bericht zur Lage Stellung zu den aktuellen gesundheitspolitischen Themen nehmen.

Die aktuellen Presseunterlagen, inkl. einer Reihe von Pressestatements der Bundesspitze zum Bericht zur Lage sowie ein Livestream der Delegiertenversammlung stehen unter www.hausaerzteverband.de/fjt zur Verfügung.

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