„Der Rückgang der Ausbildungszahlen im Weinbau ist dramatisch“, sagt Maike Delp angesichts der jüngst vom Bundesinstitut für Berufsbildung veröffentlichten Daten. Die Zahl der Neuverträge im Ausbildungsberuf Winzer:in ist 2022 auf den niedrigsten Wert seit zwei Jahrzehnten gesunken. „Nur 265 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge! Genau 17,7 Prozent weniger als im Vorjahr! Das sind keine guten Aussichten für den Weinbau hierzulande“, so die stellvertretende Vorsitzende des Bundes der Deutschen Landjugend e.V. (BDL).  

Allein der leicht gestiegene Anteil der weiblichen Auszubildenden lässt sich positiv bewerten. „Knapp fünf Prozent mehr als im Vorjahr – der einzige Trend in dieser Statistik, der Mut macht“, so die Jungwinzerin. Das ist der richtige Weg, um mit Vorurteilen aufzuräumen und Frauen im Weinbau die gleichen Chancen zu eröffnen. „Es belastet, wenn automatisch angenommen wird, dass auf dem Weingut der Mann für Leitung und Keller, die Frau fürs Büro zuständig ist“, begründet Maike Delp.

Angesichts der vielfältigen Ursachen für die sinkenden Ausbildungszahlen handelt es sich wohl kaum um eine Eintagsfliege. Neben dem demografischen Wandel zählen aus Sicht des BDL die unsicheren Zukunftsaussichten, die kritische Berichterstattung über Landwirtschaft und Weinbau genauso dazu wie die Spätfolgen der Corona-Pandemie. Die stellv. BDL-Bundesvorsitzende geht davon aus, dass sich auch ausgefallene Weinfeste und -messen in der Statistik widerspiegeln: „Es gab viel weniger Gelegenheiten, um junge Menschen und Quereinsteiger:innen auf den Weinbau aufmerksam zu machen.“

Deshalb ist es jetzt besonders wichtig, dass sich die Weinbranche verstärkt der Nachwuchswerbung widmet. Nur mit qualifizierten Nachwuchskräften kann die Weinzukunft von Morgen gesichert werden. „Leider ist die aktuelle Ausbildungsordnung aus dem Jahr 1997 nach 26 Jahren nicht mehr wirklich zeitgemäß“, kritisiert Maike Delp. Sie stellt klar: „Der BDL fordert eine Neuordnung des Ausbildungsberufs Winzer:in, um den wichtigsten Grundstein für die Zukunft der Branche zu legen.“

Auch der Weinbau sieht sich mit stetig neuen Herausforderungen konfrontiert. So gehören Digitalisierung, neue Züchtungsmethoden, Natur- und Umweltschutz genau wie das sich stetig weiterentwickelnde, fachliche Knowhow längst zum Betriebsalltag. „Das alles muss in der Ausbildung diskutiert werden. Genau wie die Anforderungen der Gesellschaft an uns. Nur so lässt sich sicherstellen, dass der Berufsstand mitgenommen wird“, sagt die BDL-Vize.

Die Weinbranche muss auch in Sachen Bezahlung aufholen. Für angehende Winzerinnen und Winzer sieht es bei den Ausbildungsgehältern nicht rosig aus. Maike Delp hatte in ihrem 3. Ausbildungsjahr 615 Euro brutto verdient. „Das reichte auch damals nicht zum Wohnen und Leben. Da muss man sich Unter­stützung von Amt oder Eltern holen, sonst kann man die Ausbildung nicht oder nur mit Nebenjob machen“, sagt sie.

Heute liegt die Ausbildungsvergütung im Weinbau im Schnitt bei 801 Euro pro Monat, bei den landwirtschaftlichen Berufen bei 1002 Euro. „Das sind ganze 20 Prozent weniger und inakzeptabel“, so die Jungwinzerin. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 betrug das durchschnittliche tarifliche Ausbildungsgehalt in Deutschland 1028 Euro.

„Wir hoffen sehr, dass sich der Abwärtstrend bei den Ausbildungszahlen umkehrt. Wir werden jedenfalls weiter für den Ausbildungsberuf und seine Weiterentwick­lung trommeln – beim Berufswettbewerb der deutschen Landjugend, dessen Finale ansteht, und darüber hinaus“, betont die stellv. BDL-Bundesvorsitzende.

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