Ein langanhaltendes, lautes Horn-Signal aus sechs prominent betätigten Tröten hat am heutigen Sonnabend (17. Juni) um 13.25 Uhr offiziell die Regatten der Kieler Woche 2023 eröffnet. Organisationsleiter Dirk Ramhorst sprach auf der Bühne der Audi Sailing Arena im Olympiazentrum Schilksee die Eröffnungsworte, und die Ehrengäste stimmten in das Signal ein. Eine illustre Runde mit Schleswig-Holsteins Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack, dem Premierminister von Cabo Verde, Ulisses Correia e Silva, dem Präsidenten des ukrainischen Seglerverbandes, Rodion Luka, und der Olympiamedaillengewinnerin Susann Beucke traf sich auf Einladung von Kiels Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer, um von Land aus den symbolischen Startschuss für die Wettfahrten zu geben. Die ersten Aktiven schoben da ihre Jollen zwar gerade ins Wasser. Doch um 15 Uhr wurden alle Rennen mangels Winds abgesagt: Nur eine verkürzte Aalregatta der Dickschiffe wurde verspätet gestartet.

Die Innenministerin hob die Bedeutung der Segelgroßveranstaltung für das Land Schleswig-Holstein hervor. „Wir hatten vor einigen Wochen mit der Haushaltssperre eine angespannte Situation. Und sie ist immer noch ernst. Aber das wirkt sich bisher nicht auf die Sportgroßereignisse aus. Wir werden weiter darum kämpfen, große Events wie die Kieler Woche zu unterstützen“, sagte Dr. Sütterlin-Waack.

Kiels Oberbürgermeister Kämpfer hörte es gern und nutzte die Gelegenheit, um gleich Werbung über die Kieler Woche hinaus zu machen: „Wir hatten gerade den Fly-by des Ocean Races in Kiel und wollen gern dem Beispiel von Aarhus folgen, das beim vorigen Ocean Race Fly-by war und nun regulärer Etappenort geworden ist. Dafür brauchen wir die Unterstützung des Landes.“ In Sachen Kieler Woche sieht sich der Kieler Verwaltungschef auf bestem Kurs: „Ich bin sehr froh, dass wir nach den Corona-Jahren nun wieder voll durchstarten können. Die Kieler Woche ist back on track!“

Betroffen lauschte die Runde auf dem Podium und im Publikum, als Rodion Luka von der Situation in seiner ukrainischen Heimat berichtete: „Es ist der Horror, und an Segelsport ist eigentlich nicht zu denken – vielleicht auf einigen kleinen Seen. Aber entlang der gesamten Schwarzmeerküste und auf den großen Revieren ist es verboten.“ Der Verbandspräsident bedankte sich für die Unterstützung, die sein Land erhalte und sei auch in Kiel, um auszuloten, was noch möglich sei.

Moralischen Beistand bekam Luka sofort vom Premierminister von Cabo Verde, Ulisses Correia e Silva: „Ich bin froh, Sie hier treffen zu können, und kann Ihnen sagen, dass wir die Ukraine voll unterstützen. Wir sind beeindruckt, wie sie für den Frieden und den Respekt für ihr Land kämpfen.“

Als Staatsoberhaupt des atlantischen Inselstaates nutzte Ulisses Correia e Silva zudem die Gelegenheit, die Verbindung nach Kiel zu fördern. Über Forschungsinstitute auf Cabo Verde und dem Geomar in Kiel bestehen Kooperationen in der Forschung zum Klimawandel und Ozeanographie. Für Cabo Verde sind diese Forschungsergebnisse von immenser Bedeutung, denn der Staat an der Westküste Afrikas besteht nach seinen Worten zu 99,3 Prozent aus Wasserfläche. Der Ozean bilde die Ressourcen des Landes. Doch Correia e Silva konnte neben dem Austausch mit den Verantwortlichen von Stadt und Land auch die Kieler Woche genießen: „Es ist mein erster Besuch hier in Kiel, aber hoffentlich nicht der letzte. Die Kieler Woche ist eine perfekte Verbindung zwischen Sport und kulturellen Veranstaltungen. Ich habe gestern schon den Soundcheck gehört und bin heute Morgen an der Promenade entlanggegangen. Es ist eine großartige Atmosphäre.“

Ein Heimspiel ist die Kieler Woche für die Stranderin Susann Beucke. 2021 gewann sie vor Tokio im 49erFX die Olympia-Silbermedaille an der Vorschot von Tina Lutz. Im vergangenen Jahr nahmen die beiden zur Kieler Woche Abschied vom olympischen Segelsport. Doch nun ist Susann Beucke wieder da – mit ihrem Offshore-Projekt „this race is female“. 2028 möchte sie an der Vendée Globe teilnehmen. Dazu ist sie nach Frankreich gewechselt, segelt dort demnächst die Solitaire du Figaro. Ihre Rennyacht hat sie eigens nach Kiel gebracht und bietet während der Kieler Woche an der Blücherbrücke Einblicke in diese besondere Art des Regattasegelns.

Sportlich wartete die Kieler Woche zum Start in ihr 142. Jahr mit einer Neuerung auf, wenn auch ungewollt. Die komplette Flaute am frühen Morgen machte dem geplanten Start der traditionellen Aalregatta in der Innenförde einen Strich durch die Rechnung. Doch die Seebahn-Verantwortlichen Eckart Reinke und Ralf Paulsen würden nicht über Jahrzehnte lange Erfahrung verfügen, wenn sie nicht auch dafür eine kreative Lösung parat hätten. Kurzerhand ging es im Flottillenverband aus der Innenförde hinaus, um auf der freien Ostsee den Start für ein verkürztes Rennen nach Eckernförde aufzubauen.

Mit Bedauern bekannte Eckart Reinke nach dem Abbruch der Startvorbereitungen am Olympiahafen von 1936 in Düsternbrook: „Wir hätten gern mehr Action geboten!“ Es war eine Aussage vor allem in Richtung der Gäste aus Düsseldorf. Stadtdirektor Burkhard Hintzsche, Wolfram N. Diener, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe Düsseldorf GmbH, Petros Michelidakis, Direktor der boot Düsseldorf, sowie der Ex-boot-Chef Abdul-Rahman Adib waren nach Kiel gekommen, um die 30-jährige Partnerschaft der boot und der Kieler Woche zu feiern.

„Die gute Verbindung nach Kiel bestand schon seit den Olympischen Spielen 1972“, berichtete Adib. Diese Beziehungen zwischen der weltgrößten Wassersportausstellung und der weltgrößten Regattawoche mündeten 1993 in eine Partnerschaft, nachdem sich die Kieler Woche unter der Führung von Dieter Rümmeli einem Sponsoring geöffnet hatte. Die damalige Handschlagvereinbarung zwischen Adib und Rümmeli wird bis heute intensiv gelebt.

„Wir hatten viel Spaß“, erklärte Wolfram N. Diener trotz fehlenden Startspektakels. Denn schöne Bilder gab es dennoch: Als die Verlegung des Starts auf die Ostsee per Funk durchgegeben wurde, zog der Tross der mehr als 200 Yachten in einem Gewusel durch die Innenförde, wie es auf einem Wimmelbild nicht besser hätte inszeniert werden können. Und um 13.35 Uhr konnte die erste Startgruppe der ORC-Yachten am Eingang der Eckernförder Bucht auf einen rund zehn Seemeilen kurzen Kurs Eckernförde geschickt werden, kämpfte aber bei leichter Brise zusätzlich gegen eine relative starke Strömung auf der Bucht heraus. Die langsameren Yachten dürften bis zum Abend brauchen, bevor sie das Ziel und einen verdienten Räucheraal erreichen.

Die Belohnung für ihre Mühen blieb für die Aktiven auf allen Bahnen dagegen zum Kieler Woche-Auftakt aus. Die Klassen 2.4mR, 420er, 470er und OK-Jolle wurden zwar um 12.45 Uhr auf das Wasser geschickt. Doch die Kieler Förde ließ letztlich keinen fairen Start zu. Um 15 Uhr entschied die Wettfahrtleitung, für Sonnabend alle weiteren Versuche abzubrechen. Die Startbereitschaft für Sonntag bleibt bei 11 Uhr. Sollten sich gute Windbedingungen durchsetzen, sollen über das normale Pensum hinaus Wettfahrten nachgeholt werden.

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