Kammerpräsident Alois Jöst: „Fachkräftebedarf ist eine der vordringlichen Herausforderungen im Handwerk“
Kammerpräsident fordert eine Bildungswende: Berufliche und akademische Ausbildung müssen gleichwertig werden
Wichtige gesellschaftliche Projekte wie die Energiewende, der Breitbandausbau, neuer Wohnraum und gute Verkehrsinfrastruktur nur mit dem Handwerk möglich
Vor den Delegierten der 123. Vollversammlung der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald – dem „Parlament des Handwerks“ der Region – hat deren Präsident, Alois Jöst, in seinem Rechenschaftsbericht den Fachkräftebedarf als eine der „vordringlichen Herausforderungen“ im Handwerk bezeichnet und die Politik aufgefordert, zusammen mit dem Handwerk den Bedarf sicherzustellen. Angesichts der „brummenden Volllast-Konjunktur arbeiten unsere Betriebe an ihren Kapazitätsgrenzen“, so Jöst wörtlich. Dadurch würden die Wartezeiten für Kunden länger. „Gerade das ist eine unbefriedigende Situation.“
Insbesondere fehlende Mitarbeiter bremsten ein noch stärkeres Wachstum, was nicht nur negative Auswirkungen auf das Handwerk, sondern auf die Gesamtkonjunktur habe, stelle Jöst fest. Wichtige Zukunftsprojekte wie die Energiewende, der Breitbandausbau, der Bau neuen und zusätzlichen Wohnraums oder einer guten Verkehrsinfrastruktur seien nur mit dem Handwerk zu realisieren, was die Systemrelevanz des Handwerks für die Gesamtwirtschaft zeige.
Der Mannheimer Kammerpräsident forderte „nicht weniger als eine Bildungswende, denn nur, wenn es gelingt, wieder mehr junge Menschen für eine Berufsausbildung zu gewinnen, werden wir in der Lage sein, eigenständig und im Inland die erforderlichen Fachkräfte bereit zu stellen“. Jöst plädierte dafür, von einem Bildungsideal wegzukommen, wonach möglichst viele akademische Abschlüsse als Indiz für Bildungsgerechtigkeit verstanden werden. Als Ziel sah er, berufliche und akademische Ausbildung als gleichwertige Wege in ein erfolgreiches Berufsleben anzuerkennen und zu fördern. Jöst forderte die Politik auf, die richtigen Weichenstellungen vorzunehmen. Dazu gehöre die Stärkung des Meisterbriefs, was sich in etwa in einer Meisterprämie niederschlagen könne.
Jöst betonte, dass Wirtschaft kein Selbstläufer sei. „Wirtschaftliches Handeln braucht gute Bedingungen und ganz bestimmt keine regulatorischen Beschränkungen und finanziellen Belastungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen massiv gefährden. Er sprach sich dafür aus, die Unternehmen beim Soli oder bei Abschreibungsbedingungen zu entlasten, „ohne damit eine Schieflage des Staates zu riskieren“. Gerade um hohe Steuereinnahmen und die Rekordbeschäftigung zu sichern, müsse die Regierung die Bildungswende einleiten. Jöst sah Nachholbedarf bei der Digitalisierung, bei der Energiewende und beim digitalen Infrastrukturausbau sowie einem für unsere Betriebe spürbaren Bürokratieabbau. „Und bei all dem muss sie auf die Tube drücken, damit unsere Betriebe auch in Zukunft ihre Aufgaben erledigen und zum Wohl der Wirtschaft arbeiten können“, sagte Jöst zum Schluss seines Berichts.
Im Laufe der weiteren Beratungen beschloss das Gremium den Wirtschaftsplan 2019 in Höhe von 14,8 Millionen und nahm die Mittelfristige Finanzplanung bis 2023 zur Kenntnis. Daneben bereitete das Gremium die Wahlen zur Vollversammlung vor, die am 30. Mai 2019 stattfinden werden. Mit Beschlüssen zur beruflichen Bildung schloss die Vollversammlung ihre Beratungen ab.
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