Um rund 4 Millionen Euro sollen 2024 „Aufklärungsmaßnahmen auf dem Gebiet des Drogen- und Suchtmittelmissbrauchs“ gekürzt werden. Und das angesichts der Pläne der Bundesregierung, Cannabis zu legalisieren. Wie die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) verurteilt auch das Blaue Kreuz Deutschland die Einsparungen im Bereich der Suchtprävention, die der ganzen Gesellschaft schaden. Die Einsparungen werden dramatische Folgen haben, warnt die DHS, und fordert die Bundesregierung auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und den Etat für Suchtprävention stattdessen spürbar zu erhöhen. Das könne positive Effekte auf die Länder und Kommunen haben.[1]

Suchtprävention ist unverzichtbar

„Millionen Menschen in Deutschland haben Suchtprobleme. Die Betroffenen – und auch ihr soziales Umfeld, leiden unter einem hohen Verlust an Gesundheit und Lebensqualität. Suchtprävention trägt entscheidend dazu bei, Bürgerinnen und Bürgern ein gesundes Leben zu ermöglichen. Kürzlich wurde in Studien erneut nachgewiesen, dass in Suchtprävention investierte Mittel eine hohe Effizienz in der Vermeidung von volkswirtschaftlichen Folgekosten haben. Die geplanten Mittelkürzungen sind daher nicht hinnehmbar und müssen dringend zurückgenommen werden“, sagt Dr. Peter Raiser, Geschäftsführer der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen in der Pressemitteilung der DHS vom 12. Juli 2023.

Reinhard Jahn, Geschäftsführer des Blauen Kreuzes Deutschland: „Bereits im April 2022 forderte das Blaue Kreuz Deutschland beim Besuch des Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen in der Bundeszentrale des Blauen Kreuzes in Wuppertal die Erhöhung der Mittel für Prävention und Beratung. Das Gegenteil ist nun der Fall. Gerade erst wurde im heute-journal berichtet, dass die häufigste Diagnose bei Kindern, die zu einer Krankenhausbehandlung führte, psychische Ursachen sind. 81.000 Kinder zwischen 10 und 17 Jahren mussten stationär behandelt werden. 27 % wegen Depressionen, zweithäufigste Indikation mit 11 % wegen Erkrankungen in Zusammenhang mit Alkohol! Da muss die Konsequenz heißen: Mehr Prävention, nicht weniger!“

„Zwar teilen wir das grundsätzliche Anliegen der Bundesregierung, durch eine Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumierenden deren Teilhabebeschränkungen abzubauen“, führt Reinhard Jahn, der zugleich Präsident des mehr als 40 Nationalverbände umfassenden Internationalen Blauen Kreuzes ist, weiter aus. „Zugleich blicken wir auf der Grundlage internationaler Studien mit großer Besorgnis auf die Pläne der Bundesregierung, Cannabis gemäß des Koalitionsvertrags zu legalisieren.“ Diese ist wie folgt begründet:

1. Wir sind überzeugt, dass die Cannabislegalisierung zu einem signifikant erhöhten Cannabiskonsum und -schaden in Deutschland führen wird.

a. Nach einem Jahrzehnt Legalisierung von Cannabis, bspw. in Kanada und den USA, geben die ersten Ergebnisse Anlass zu großer Sorge. Daten aus den USA zeigen, dass der Cannabiskonsum gestiegen ist, insbesondere der intensivere Konsum.[2]

b. Die kanadischen Daten sind begrenzter, aber die offiziellen Statistiken zeigen, dass sowohl der regelmäßige als auch der häufige Cannabiskonsum in den Jahren nach der Legalisierung zugenommen hat.[3]

c. Auf die Legalisierung folgte eine rasche Kommerzialisierung des Cannabismarktes und eine Normalisierung des Cannabiskonsums. Cannabisprodukte sind billiger und stärker geworden. Es sind neue Produkte aufgetaucht, die neue Konsumentengruppen ansprechen, darunter THC-haltige Bonbons und Süßigkeiten. Eine milliardenschwere Cannabisindustrie hat sich zu einer politischen und wirtschaftlichen Kraft im In- und Ausland entwickelt. Mehrere der großen US-amerikanischen und kanadischen Unternehmen sind auf den aufstrebenden europäischen Cannabismärkten aktiv.

d. Die Zunahme des Konsums ging unter anderem mit einem Anstieg der cannabisbedingten Verkehrsunfälle und Todesfälle[4], einer Zunahme der cannabisbedingten Besuche in Notaufnahmen[5] und der Krankenhausaufenthalte[6] sowie einer Zunahme der versehentlichen Vergiftungen bei Kindern einher.[7] Kanadische Behörden berichteten kürzlich, dass Cannabis inzwischen die häufigste Ursache für substanzbedingte Krankenhausaufenthalte bei jungen Menschen ist – häufiger als Alkohol.[8]

2. Wir bezweifeln, dass die Legalisierung von Cannabis den illegalen Cannabismarkt spürbar eindämmen wird.

a. Eines der Hauptziele der Legalisierung war die Beseitigung bzw. spürbare Eindämmung des illegalen Cannabismarktes. In allen Rechtsordnungen gibt es jedoch nach wie vor einen florierenden illegalen Markt, der sowohl den lokalen Markt als auch die Märkte in den Nachbarstaaten versorgt.

b. Wenn ein legaler Markt für Cannabis (zuerst in den Modellregionen, später bundesweit) in Deutschland entsteht, wird das zweifellos erhebliche Auswirkungen auf die Nachbarländer haben. In einem Binnenmarkt mit offenen Grenzen wird es schwierig sein, sicherzustellen, dass in Deutschland legal hergestelltes Cannabis nicht auf profitablere Märkte in anderen Ländern umgeleitet wird. Die Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten bestätigen, dass ein hohes Risiko der Abzweigung von Cannabis von den legalen Märkten hin zu den illegalen besteht.

3. Wir sind überzeugt: Wenn sich erst einmal ein Markt mit legalen Abnehmern und berechtigten Interessen an Produktion, Vertrieb und Verkauf etabliert hat, wird es schwierig sein, ihn wieder rückgängig zu machen.

a. Seit mehreren Jahrzehnten fordert eine breite Allianz von Organisationen sowie Expertinnen und Experten, die Verfügbarkeit von Alkohol einzuschränken und die Werbung für Alkohol zu verbieten. Selbst solch kleine verhältnispräventive Schritte, die einst getroffene Entscheidungen rückgängig machen würden, konnten bisher nicht umgesetzt werden.

b. Dies lässt den begründeten Schluss zu, dass auch bei der Cannabislegalisierung selbst kleine Schritte in Richtung Rücknahme von Maßnahmen unmöglich sein werden.

4. Wir befürchten, dass die Pläne der Bundesregierung zur Cannabislegalisierung die Bemühungen anderer EU-Mitglieder untergraben, Drogenkonsum und -schaden in ihren eigenen Ländern einzudämmen. Außerdem untergräbt die Legalisierung in Deutschland den multilateralen Ansatz in der Drogenproblematik und setzt die Nachbarländer unter Druck, diesem Beispiel zu folgen.

5. Wir gehen davon aus, dass durch die Cannabislegalisierung spürbar erhöhte Gesundheitsrisiken, u. a. für jüngere Menschen, entstehen.

a. Trotz der neuen Daten sind einige der langfristigen Folgen des Cannabiskonsums und der Legalisierung noch unbekannt. Gerade in den letzten Jahren haben wir einen Anstieg der Fälle von Cannabis-Hyperemesis-Syndrom (CHS)[9]sowie eine Epidemie schwerer Lungenerkrankungen beobachtet, die offenbar mit dem Dampfen von THC in Verbindung gebracht werden.[10] Diese Schäden waren noch vor wenigen Jahren unbekannt.

b. Die vorgeschlagenen Kürzungen der Regierungskoalition im Bereich der Suchtprävention für 2024 nähren zusätzlich diese Befürchtungen.

Deshalb fordern wir die Regierungskoalition u. a. im Namen des Internationalen Blauen Kreuzes auf, den Entwurf eines Cannabisgesetzes zurückzuziehen und stattdessen weiterhin den Fokus auf die Entkriminalisierung und auf gesundheitssichernde Maßnahmen von Konsumierenden zu legen, um deren Teilhabe im Sinne des Gesundheitsschutzes spürbar zu verbessern.
 

Quellen: 

[1] Der sehr eindringliche Appell der DHS an die Bundesregierung ist hier zu lesen: https://www.dhs.de/…

[2] https://ajph.aphapublications.org/…

[3] https://www150.statcan.gc.ca/…

[4] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/… https://www.nejm.org/…

[5] https://edition.cnn.com/…

[6] https://www.washingtontimes.com/…

[7] https://publications.aap.org/… https://jamanetwork.com/…

[8] https://www.cihi.ca/…

[9] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/…

[10] https://www.cdc.gov/…

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