Ausgestellt werden unter anderem japanische Papierschablonen, persische Stickereien sowie Tapeten des bekannten Gründers der Arts and Crafts-Bewegung William Morris. Verzierte Ornamentdrucke stehen den schnörkellosen Produkten der deutschen Designschulen des 20. Jahrhunderts gegenüber; ein beleuchteter Spiegel von Ettore Sottsass, der in den 1980er Jahren die Memphis-Bewegung mitbegründete, feiert die Rückkehr des Ornaments im Design. Die zeitgenössischen Positionen von Anna Resei, Anne Meerpohl und ANna Tautfest erweitern den gestalterischen Diskurs um die politische Dimension des Ornaments und machen so auf aktuelle Themen wie Klimawandel und Feminismus aufmerksam.
Ausgangspunkt der Ausstellung ist das Konvolut von Ornamentstichen in der Sammlung des MK&G, das die Entwicklung ornamentaler Formen vom 15. bis zum 19. Jahrhundert abbildet.
Als Teil der von Gründungsdirektor Justus Brinckmann (1843–1915) angelegten „Vorbildersammlung“ dient sie den Studierenden der ansässigen Kunstgewerbeschule (heute HFBK Hamburg) als Zeichengrundlage und Inspirationsquelle. Die Auseinandersetzung mit ornamentalen Formen soll die Qualität des Kunsthandwerks steigern und die ästhetische Urteilskraft der jungen Gestalter*innen fördern. Ornamentkompendien wie John Owens „The Grammar of Ornament“ oder „Studies in Design“ von Christopher Dresser gelten dabei als maßgebende Literatur.
Mitte des 19. Jahrhunderts schließen sich Designer*innen, Künstler*innen und Architekt*innen zur Arts and Crafts-Bewegung zusammen, um das Kunsthandwerk und die manuelle Fertigung in der zunehmend industrialisierten Gesellschaft zu bewahren. Das Ornamentale steht hier für eine anspruchsvolle Form von Gestaltung, die hohes handwerkliches Geschick erfordert. Die Tapeten aus der Manufaktur von William Morris (1834–1896) sind präzise, detailreiche Drucke mit floralen Mustern. Die in der Ausstellung gezeigten persischen Stickereien und Katagami – japanische Papierschablonen zum Einfärben von Stoffen – zeigen den Einfluss auf die europäische Ornamentik im 19. Jahrhundert. Mit der Jahrhundertwende stellen Architekturkritiker*innen wie Adolf Loos Ornamente als Dekorfehler, Materialverschwendung und sogar „Verbrechen“ dar, sodass sie für die folgenden Jahrzehnte gänzlich aus dem Gestaltungskanon verschwinden.
Grafiken und Möbel des Bauhaus und Deutschen Werkbunds verzichten bewusst auf jede Art von Dekoration. Max Bill (1908–1994) gestaltet 1954 den schlichten und robusten „Ulmer Hocker“, Dieter Rams (* 1932) setzt das Prinzip „form follows function“ fort und entwirft 1957 die Radio-Lautsprecher-Kombination „SK4/1“ und „L 1“ für das Elektrounternehmen Braun. 25 Jahre später schafft die Mailänder Memphis-Bewegung farbenfrohes und verspieltes Interieur, das mit Funktionalität und schlichtem Design bricht: Ihr Gründer Ettore Sottsass (1917–2007) entwickelt bereits 1969 den beleuchteten Spiegel „Ultrafragola“, der sich in der aktuellen Maximalismus-Strömung großer Beliebtheit erfreut. 1981 entwirft die Memphis-Designerin Martine Bedin (* 1957) die rollbare Tisch- und Bodenleuchte „Super“, die ausschließlich aus runden Formen besteht.
Den Ursprung ornamentaler Gestaltung verdeutlichen antike Glasscherben (3. Jh. v. C. bis 3. Jh. n. C.) aus der Sammlung des MK&G, die die konzeptuelle Designerin Anna Resei in ihrem Ausstellungsprojekt „water carriers“ (2023) während der Residenz des Fonds für Junges Design aufgreift. Die Reproduziertbarkeit ornamentaler Formen nutzen Anne Meerpohl und ANna Tautfest aus der Experimentellen Klasse der HFBK Hamburg, um in ihrer 2022 im Rahmen des Reeperbahn Festival entstandenen „Care Station“ feministische Inhalte zu kommunizieren. Ihre digital bedruckten Banner „Ornamente der Fürsorge“ beinhalten Handgesten der Zuneigung und Berührung, die durch Wiederholungen zu Mustern verstetigt werden und damit die Bedeutung von Care-Arbeit in der Gesellschaft vermitteln.
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