Fledermäuse sind faszinierende Tiere, gerade weil sie sich stark vom Menschen unterscheiden. So können sie hochfrequente Töne wahrnehmen und stoßen Ultraschall-Laute aus, um sich mit Hilfe der Echos im Raum zu orientieren. Diese außerordentlichen Fähigkeiten haben auch die Neugier der Forscher geweckt, die das Gehirn der Tiere untersuchen, um zu verstehen, was passiert, wenn sie Geräusche hören oder ausstoßen. Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche kritisiert, dass Fledermäuse für diese Art der Neugierforschung leiden müssen. Zudem erscheinen selbst die gewonnenen Erkenntnisse mehr als zweifelhaft.

Am Institut für Zellbiologie & Neurowissenschaft der Goethe-Universität in Frankfurt wird narkotisierten Fledermäusen die Kopfhaut aufgeschnitten, und ein Metallstab wird auf den Schädel geklebt. Zwei Tage später wird der Schädel der Tiere mit einem Skalpell geöffnet. Elektroden werden in das Gehirn der Tiere geschoben. Die Fledermäuse werden mit Hilfe des am Schädel befestigten Metallstabs in einer speziellen Halterung fixiert. Ihnen werden verschiedene Geräusche vorgespielt und über die Elektroden werden die Reaktionen von Nervenzellen gemessen. Ein Teil der Versuche findet mit narkotisierten Fledermäusen statt, in anderen Versuchen sind die Tiere wach, während sie sich fixiert in einer schalldichten Box befinden. Jede Versuchseinheit dauert bis zu 4 Stunden. Die Gesamtversuchsdauer beträgt bis zu 14 Tage, bevor die Fledermäuse getötet werden. Mit dem Versuch soll festgestellt werden, ob sich die Verarbeitung akustischer Reize im Gehirn von wachen und narkotisierten Fledermäusen unterscheidet (1).

Bei dem Versuch handelt es sich um einen von derzeit 31 Versuchen an Fledermäusen, die in der ‚Datenbank Tierversuche‘ des Ärztevereins dokumentiert sind (2). „Der Hintergrund des Versuchs ist, dass Tierversuche in der Hirnforschung häufig an narkotisierten Tieren durchgeführt werden. Hier soll also für Fledermäuse herausgefunden werden, ob die Narkose die Ergebnisse verfälscht“, berichtet Dr. Johanna Walter, wissenschaftliche Referentin bei Ärzte gegen Tierversuche. „Der Versuch stellt somit alle vermeintlichen Erkenntnisse, die zuvor an narkotisierten Fledermäusen gewonnen wurden in Frage. Was soll man aus solchen Versuchen überhaupt lernen können, wenn man den Einfluss der Versuchsbedingungen nicht kennt? Selbst bei Verwendung wacher Tiere, was sagt die Aktivität einzelner Nervenzellen im verletzten Gehirn von Fledermäusen, die sich – sicherlich ängstlich bis panisch – bewegungslos fixiert in einer kleinen Kammer befinden und denen stundenlang Geräusche vorgespielt werden tatsächlich über Fledermäuse aus?“, fragt sich Walter.

Neben der Goethe-Universität Frankfurt findet auch am Lehrstuhl für Zoologie der Technischen Universität München Hirnforschung an Fledermäusen statt. Auch hier werden den Tieren Elektroden ins Gehirn getrieben und es werden Geräusche vorgespielt (3). Denn Fledermäuse sind beliebte Versuchstiere in der Hirnforschung. Die Forscher rechtfertigen ihre Versuche beispielsweise damit, dass Fledermäuse gute „Tiermodelle“ für die neuronalen Grundlagen von Lautäußerungen seien, da sie diese sowohl für die Kommunikation als auch für die räumliche Orientierung verwenden (4). „Dass beim Menschen die Navigation über Echoortung keine Rolle spielt und die Versuche somit keinen Nutzen haben werden, scheint die Forscher nicht zu stören“, kritisiert die Expertin.

Nach Ansicht des Ärztevereins ist es inakzeptabel, dass Fledermäuse in solch grausamen Versuchen leiden und sterben. Dass die Forschenden erst nach jahrelanger Arbeit an diesen Tieren untersuchen, wie sich die Versuchsbedingungen auf ihre Messungen auswirken, ist ein Skandal. „Dass Elektroden in die Gehirne von narkotisierten Fledermäusen gesteckt werden, ohne den Einfluss der Narkose zu kennen, lässt nur den Schluss zu, dass die Experimentatoren im Dunkeln stochern. Solch eine Forschung wird nicht nur dem Menschen nichts nutzen, sie wird auch keine Erkenntnisse über Fledermäuse hervorbringen“, so Walter.

Quellen
1. López-Jury L. et al. A neuron model with unbalanced synaptic weights explains the asymmetric effects of anaesthesia on the auditory cortex. PLOS Biology 2023; 21(2):e3002013
2. Ärzte gegen Tierversuche: Datenbank Tierversuche >>
3. Pastyrik J.D. et al. Object-specific adaptation in the auditory cortex of bats. Journal of Neurophysiology 2022; 128(3):556–567
4. Weineck K. et al. Neural oscillations in the fronto-striatal network predict vocal output in bats. PLOS Biology 2020; 18(3):e3000658
5. Halwe N.J. et al. Egyptian Fruit Bats (Rousettus aegyptiacus) Were Resistant to Experimental Inoculation with Avian-Origin Influenza A Virus of Subtype H9N2, But Are Susceptible to Experimental Infection with Bat-Borne H9N2 Virus. Viruses 2021; 13(4):672
6. Rissmann M. et al. Baseline of Physiological Body Temperature and Hematological Parameters in Captive Rousettus aegyptiacus and Eidolon helvum Fruit Bats. Frontiers in Physiology 2022; 13:910157

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„Medizinischer Fortschritt ist wichtig – Tierversuche sind der falsche Weg!“ – Unter diesem Motto setzt sich Ärzte gegen Tierversuche e. V. seit 1979 für eine tierversuchsfreie Forschung ein, die auf dem Einsatz von modernen Methoden z.B. mit menschlichen Zellkulturen und Organchips sowie der Ursachenforschung und Vorbeugung von Krankheiten basiert. Ziel ist die Abschaffung aller Tierversuche und damit eine ethisch vertretbare, am Menschen orientierte Medizin – eine Wissenschaft, die durch moderne, tierversuchsfreie Testmethoden zu relevanten Ergebnissen gelangt.

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